Gefaehrliche Liebe
und Thresh, denke ich. Ich kann mich nicht bremsen und flüstere: »Und was ist mit den Familien?«
»Sie leben«, erwidert sie sanft und lässt mich los.
Chaff schlingt seinen gesunden Arm um mich und drückt mir einen Schmatz direkt auf den Mund. Erschrocken zucke ich zurück, während er und Haymitch schallend loslachen.
Mehr Zeit bleibt uns nicht, denn die Bediensteten des Kapitols scheuchen uns in Richtung Aufzüge. Ich habe den Eindruck, dass ihnen eine solche Verbrüderung unter den Siegern nicht recht ist, aber denen ist das vollkommen egal. Während ich mich, immer noch Hand in Hand mit Peeta, auf den Weg zu den Aufzügen mache, pirscht sich noch jemand an mich heran, eine junge Frau, die ihre Kopfbedeckung aus Blätterzweigen abzieht und achtlos hinter sich wirft.
Johanna Mason. Aus Distrikt 7. Holz und Papier, deshalb das Geäst. Sie hat ihre Spiele gewonnen, indem sie sich sehr überzeugend als schwach und hilflos darstellte, sodass die anderen sie weitgehend ignorierten. Aber dann bewies sie ein gemeines Talent zum Morden. Sie fährt sich durchs dornige Haar und verdreht die weit auseinanderstehenden braunen Augen. »Ist das nicht ein grässliches Kostüm? Ich habe die dämlichste Stylistin des Kapitols. Seit vierzig Jahren staffiert sie unsere Tribute als Bäume aus. Ich hätte auch mal gern so einen wie Cinna. Du siehst fantastisch aus.«
Mädchengeplapper. Was ich schon immer schlecht konnte. Meinungen äußern über Kleidung, Haare, Make-up. Also lüge ich. »Ja, er hat mir geholfen, meine eigene Kleiderkollektion zu entwerfen. Du müsstest mal sehen, was er aus Samt alles machen kann.« Samt. Der einzige Stoff, der mir auf die Schnelle eingefallen ist.
»Hab ich. Auf deiner Siegertour. Das Schulterfreie, das du in Distrikt 2 anhattest? Das Tiefblaue mit den Diamanten? Es war so umwerfend, dass ich am liebsten durch den Bildschirm gegriffen und es dir vom Leib gerissen hätte«, sagt Johanna.
Das glaube ich gern,
denke ich.
Und ein paar Zentimeter meines Fleisches gleich mit.
Während wir auf die Aufzüge warten, schält Johanna sich aus dem Rest ihres Baums, lässt ihn zu Boden fallen und kickt ihn angewidert weg. Bis auf ihre waldgrünen Slipper trägt sie jetzt keinen Fetzen mehr am Leib. »So ist's besser.«
Wir fahren im selben Aufzug, und die ganze Fahrt bis in den siebten Stock plaudert sie mit Peeta über seine Gemälde, während das Licht seines noch immer glühenden Kostüms von ihren nackten Brüsten reflektiert wird. Als sie ausgestiegen ist, tue ich so, als wäre nichts, aber ich weiß, dass er grinst. Erst als sich die Tür hinter Chaff und Seeder schließt und wir allein sind, stoße ich seine Hand weg. Er prustet los.
»Was ist?«, fahre ich ihn an, als wir auf den Gang treten.
»Das ist deinetwegen, Katniss. Merkst du das nicht?«, sagt er.
»Was ist meinetwegen?«, frage ich zurück.
»Na, dass die sich alle so benehmen. Finnick mit seinen Zuckerwürfeln und Chaff, der dich küsst, und der Striptease von Johanna.« Er versucht, etwas ernsthafter zu klingen, aber es will ihm nicht gelingen. »Sie spielen mit dir, weil du so ... du weißt schon.«
»Nein, weiß ich nicht«, sage ich. Ich habe wirklich keinen Schimmer, wovon er redet.
»Na, damals in der Arena, da wolltest du mich nicht mal nackt angucken, als ich schon halb tot war. Du bist so ... rein«, sagt er schließlich.
»Bin ich nicht!«, entgegne ich. »Letztes Jahr habe ich dir doch jedes Mal, wenn eine Kamera in der Nähe war, die Kleider vom Leib gerissen!«
»Schon, aber ... ich meine, für das Kapitol bist du rein«, sagt er beschwichtigend. »Für mich bist du genau richtig. Sie wollen dich nur ein bisschen aufziehen.«
»Nein, die wollen sich über mich lustig machen, genau wie du!«, rufe ich.
»Nein.« Peeta schüttelt den Kopf, aber er unterdrückt noch immer ein Lächeln. Ich bin drauf und dran, noch mal zu überdenken, wer von uns beiden lebend aus diesen Spielen rauskommen soll, als sich der andere Aufzug öffnet.
Haymitch und Effie gesellen sich zu uns und sehen irgendwie zufrieden aus. Plötzlich verhärtet sich Haymitchs Gesichtsausdruck.
Was habe ich jetzt schon wieder angestellt?,
will ich gerade sagen, aber da merke ich, dass er über meine Schulter hinweg auf den Eingang zum Speisesaal starrt.
Effie guckt in die gleiche Richtung, doch sie strahlt, als sie sagt: »Offenbar bekommt ihr dieses Jahr zwei im Partnerlook.«
Ich drehe mich um und sehe das rothaarige Avoxmädchen, das mich
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