Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Erklärung.“
Sie schüttelte den Kopf. „Oh doch, George. Wir waren es doch, die vorhatten, ihm sein Kind wegzunehmen.“
Rafe blinzelte über ihre unerwartete Offenheit.
„Es ist allein meine Schuld“, fuhr sie fort.
„Es war meine Idee“, fiel George ihr erneut ins Wort. „Also trifft mich die Alleinschuld. Ich habe Lady Lavinia den Vorschlag unterbreitet.“
„Aber du hast es für mich getan, weil ich als Frau hoffnungslos versagt habe!“, sprudelte Lucy hervor, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
Rafe war bestürzt über ihren plötzlichen Gefühlsausbruch.
Zu seiner Verblüffung sprang George auf und schlang die Arme um seine Frau. „Du hast nicht versagt, Lucy“, sagte er beschwörend. „Bitte sage so etwas nie wieder. Du bist eine wunderbare Frau. Ich könnte ohne dich nicht leben“, fügte er mit leiser Stimme hinzu und wischte ihr mit seinem Taschentuch behutsam die Tränen vom Gesicht.
Rafe betrachtete die innige Szene voller Staunen. Nie zuvor hatte er seinen Bruder so menschlich erlebt. Bis zu diesem Augenblick hatte er nicht einmal gewusst, dass seinem Bruder irgendetwas an seiner Gemahlin lag.
Rafe hingegen hegte für Lucy seit jeher Sympathien. Als er noch ein kleiner Junge war, war sie für Rafe bei seinen Besuchen in Axebridge der einzige Lichtblick gewesen.
Er erinnerte sich noch, wie bitter enttäuscht George war, als er seine Braut das erste Mal gesehen hatte. Der alte Earl of Axebridge hatte sie für seinen Erstgeborenen und Erben aufgrund ihrer Abstammung ausgesucht.
„Gutes Zuchtmaterial“, hatte der Vater damals erklärt. „Sie ist zwar nicht gerade hübsch, aber das kann nur von Vorteil sein. Eine unscheinbare Gemahlin ist treu, was sehr zu begrüßen ist, wenn sie mit einem so gut aussehenden jungen Burschen verheiratet ist, George.“
Natürlich hatte der herrische Vater keinen Widerspruch geduldet, doch er sollte recht behalten. Die schüchterne, unbeholfene Lucy verliebte sich unsterblich in ihren Verlobten.
Und augenscheinlich hatte sein Bruder im Lauf der Jahre auch Zuneigung zu ihr gefasst. Tiefe Zuneigung, wenn Rafe sich nicht irrte.
„George hat es für mich getan, Rafe“, sagte Lucy, sobald sie sich wieder gefasst hatte. „Ich habe mir so verzweifelt ein Kind gewünscht, und Lady Lavinia sagte“, ihr versagte die Stimme.
George ergriff wieder das Wort. „Lady Lavinia gab uns zu verstehen, dass sie für Kinder nichts übrig habe und ihren Nachwuchs in die Obhut von Erzieherinnen zu geben beabsichtige. Darin ist an sich nichts Verwerfliches, es ist nur so, dass Lucy“, er sah seine Frau gequält an.
„Oh Rafe, ich sehne mich so sehr danach, ein Baby im Arm zu halten“, sagte Lucy mit erstickter Stimme. „Ich sehne mich so sehr danach, dass ich einmal beinahe ein Baby im Dorf gestohlen hätte. Ich habe es nur kurz aus dem Kinderwagen gehoben und gleich wieder hineingelegt, aber George war tief besorgt.“ Sie barg ihr Gesicht in den Händen.
Es wurde still im Zimmer, nur das Knistern des Kaminfeuers und Lucys Schluchzen waren zu hören. Ihr Ehemann hielt sie im Arm und wiegte sie sanft.
Nach einer Weile versiegte Lucys Tränenstrom, und nachdem George für alle einen Schluck Brandy eingeschenkt hatte, ergriff er wieder das Wort. „Ich dachte, wenn Lady Lavinia ihre Kinder nicht selbst erziehen will, könnte doch Lucy die Aufgabe übernehmen. Sie wäre eine wunderbare Mutter.“ Er sah Rafe an. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht zu Rate gezogen habe. Ich habe einfach nur an Lucy gedacht. Ich hoffe, du kannst mir eines Tages verzeihen.“
Georges Geständnis erschütterte Rafe zutiefst. Er hatte in dem Arrangement mit Lady Lavinia nichts anderes als eine weitere Bestätigung dafür gesehen, dass er seiner Familie vollkommen gleichgültig und sein Bruder George nur an der Erbfolge von Axebridge interessiert war.
Aber nicht die Zukunft von Axebridge hatte George zu diesem Schritt bewogen, sondern die Liebe zu seiner Frau.
Und das konnte Rafe völlig verstehen. Und verzeihen.
„Das wusste ich nicht. Jetzt, da ich die Zusammenhänge kenne, gibt es nichts zu verzeihen“, sagte Rafe leise.
„Aber“, erwiderte George.
Rafe schüttelte den Kopf. „Ich werde Lady Lavinia nicht heiraten. Ich heirate Ayisha. Es gibt nichts zu verzeihen. Es ist alles gut, Lucy, ich verstehe euch.“
Seine Worte lösten einen neuerlichen Tränenfluss aus. Rafe trat an den Kamin und starrte ins Feuer. Der Anblick seines Bruders, der seine Frau so
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