Gefaehrliche Maskerade einer Lady
mit mir Deinen Ruin bedeuten würde, und das kann ich nicht zulassen. Du bist gütig, warmherzig und von edler Gesinnung, aber ich liebe Dich zu sehr ...
Rafe ließ das Blatt sinken, sein Herz raste und er konnte kaum atmen. Sie liebte ihn? Ja, das stand dort mit blauer Tinte auf weißem Papier geschrieben. Sie liebte ihn. Und zwar zu sehr.
Ich liebe Dich zu sehr, um zuzulassen, dass Dein Pflichtgefühl und Deine Dankbarkeit Dich in den gesellschaftlichen Ruin treiben.
Pflichtgefühl und Dankbarkeit, dachte Rafe, welch blühender Unsinn! Aber er hatte ihr seine Gefühle nie gestanden. Ihn traf ebenso viel Schuld wie andere an ihrer überstürzten Flucht.
Es fällt mir sehr schwer, Dich verlassen zu müssen. Aber ich könnte es nicht ertragen, als Mätresse in St. John’s Wood zu leben.
Rafe fluchte beim Lesen dieser Zeilen. Sie musste alles mitangehört haben.
Mache Dir um mich bitte keine Sorgen. Du hast mir Geld in Portsmouth gegeben, und damit komme ich eine Weile aus. Ich habe als Kind auf der Straße in Kairo überlebt und werde es jetzt auch in England mit Sicherheit schaffen. Mein Vater hat mir immer versprochen, mich einmal nach England zu bringen, und irgendwie hat er mir diesen Wunsch auch erfüllt, und dafür bin ich ihm sehr dankbar.
Mach Dir um mich keine Sorgen, liebster Rafe. Ich wünsche Dir alles Glück im Leben.
Mit all meiner Liebe, immer Deine Ayisha
PS: Bitte überbringe Lady Cleeve meine besten Grüße und erkläre ihr, dass ich niemals Erwartungen an sie hatte. Du weißt, dass es wahr ist. Ich möchte nicht, dass sie schlecht von mir denkt.
In Rafe breitete sich eine ähnlich dumpfe Leere aus wie im Krieg vor einem Gefecht. Er durfte sie nicht verlieren. Erbittert zerknüllte er den Brief in der Faust. „Sie ist fortgelaufen“, sagte er erschüttert. „Ich werde sie suchen gehen.“
„Aber wenn sie nicht hier sein will“, begann Lady Cleeve. „Noch ein Wort, Madam“, fiel Rafe ihr schneidend ins Wort, „und ich vergesse mich!“
Erschrocken wich Lady Cleeve ein paar Schritte zurück. „Ich wollte nur sagen, wenn sie“, sie stockte erschrocken.
Rafes funkelnder Blick brachte sie endgültig zum Schweigen. „Sie da!“, herrschte er den Butler barsch an, „zeigen mir den Hinterausgang! Und sämtliche Dienstboten in diesem Haus machen sich sofort auf die Suche nach meiner Begleiterin! Haben Sie mich verstanden?“
Der Butler murmelte etwas, dann eilte er Rafe voran zum hinteren Teil des Hauses.
Diese kleine Närrin. Wohin zum Teufel sollte sie sich wenden? Sie kannte keine Menschenseele in England. Zu Fuß konnte sie noch nicht weit gekommen sein. Es würde nicht lange dauern, bis er sie fand. Und dann würde er sie nie wieder gehen lassen!
Rafe rannte den schmalen Weg am Waldrand entlang in Richtung Dorf. Mit seinen Augen suchte er die umliegenden Felder und Wiesen ab.
Nirgendwo war eine zierliche Gestalt in einem rosefarbenen Umhang zu sehen.
Er erreichte eine Landstraße und entdeckte in der Ferne ein Fuhrwerk, das in die entgegengesetzte Richtung fuhr. Er verengte die Augen, glaubte einen rötlichen Fleck auf der Ladefläche zu erspähen. Saß da jemand? Jemand, der einen rosefarbenen Umhang trug?
Verflucht. Er rannte zurück zum Haus. Den Dienstboten, denen er unterwegs begegnete, befahl er: „Sucht weiter!“
„Keine Spur von ihr?“, fragte Lady Cleeve aufgeregt an der Eingangspforte.
„Sie könnte von einem Fuhrmann mitgenommen worden sein.“ Er herrschte den nächstbesten Diener an. „Lauf zum Stall. Man soll mir das schnellste Pferd satteln. Beeilung!“
Er galoppierte den Weg zurück und die Landstraße entlang, doch als er das Fuhrwerk eingeholt hatte, musste er feststellen, dass der rote Fleck, den er aus der Ferne gesehen hatte, ein zerschlissener alter Teppich war, in dem eine alte Kommode eingewickelt war.
Fluchend wendete er sein Pferd und galoppierte zurück.
An der Kreuzung nahm er den Weg ins Dorf. Die Bediensteten hatten bereits in jedem Haus, in jedem kleinen Laden nach einer jungen Dame in einem rosefarbenen Umhang mit einer Katze in einem Korb gefragt, doch niemand hatte jemanden gesehen, auf den die Beschreibung passte.
Der Weg führte aus dem Dorf hinaus und Rafe folgte ihm. Leichter Regen hatte eingesetzt, und hin und wieder bog ein Seitenweg nach rechts oder links ab. An jeder Gabelung hielt er inne, rief Ayishas Namen und wartete besorgt. Welchen Weg mochte sie eingeschlagen haben?
Ayisha war in einer großen fernen Stadt
Weitere Kostenlose Bücher