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Gefaehrliche Maskerade einer Lady

Titel: Gefaehrliche Maskerade einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
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bieten wollte, und eine einsame Großmutter, die sich nach einer Enkelin sehnte.
    Laila konnte die Gefahr nicht sehen, die dieser Mann in jeder Hinsicht für Ayisha darstellte. Laila konnte seine bohrenden Blicke nicht spüren, die Ayishas Verteidigungswälle zu sprengen drohten und sie nackt und hilflos machten.
    „Wie schade, ich hätte mich gefreut, sie kennenzulernen.“ Die Absage schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken.
    Der Engländer verneigte sich. Er nahm ihre Hand und blickte sinnend auf ihre schmalen schmutzigen Finger unter seinen langen eleganten Fingern. Er hatte kraftvolle Hände. Sie waren kräftig genug, um sie vor einem tiefen Abgrund festzuhalten. Und seine Fingernägel waren so sauber und gepflegt. Ihre Fingernägel waren dagegen vom Schmutzrändern umzogen. Verlegen versuchte Ayisha, ihm ihre Hand zu entziehen.
    Und dann tat er etwas, was sie verblüffte. Er hob ihre Hand und drückte seine Lippen an ihre Fingerkuppen.
    „Auf Wiedersehen, Miss Cleeve.“ Seine Lippen fühlten sich warm und fest an. Eine Gänsehaut prickelte ihren Arm entlang. Sie starrte verdutzt auf ihre Hand, zog sie hastig zurück und straffte die Schultern.
    „Nicht auf Wiedersehen“, sagte sie mit fester Stimme, „sondern leben Sie wohl, Mr Ramsey.“
    Sie drehte den Knauf an der Haustür, die nicht versperrt war, und trat ins Freie. Sie fürchtete, er könne sie wieder ins Haus zerren, und blickte verängstigt über ihre Schulter.
    Doch er verneigte sich galant. „Auf Wiedersehen“, sagte er betonte galant.
    Sie ging gemessenen Schrittes zum Gartentor, das zu ihrer Verblüffung gleichfalls nicht verriegelt war, und schloss es bedächtig hinter sich. Erst als sie sicher war, dass er sie nicht mehr sehen konnte, rannte sie wie von Furien gehetzt.

6. Kapitel
    Wie lange war ich eigentlich nicht mehr beim Forellenfischen, fragte sich Rafe im Stillen, während er Miss Cleeve nachsah, die betont lässig den Kiesweg entlang zum Gartentor schlenderte. Ihr Anblick weckte Erinnerungen in ihm. Lass die Angelschnur spielerisch durchs Wasser gleiten, bis der Fisch nach dem Köder schnappt, spule bedächtig ein Stück zurück, lass die Forelle kämpfen, sich winden, gib nach und lass sie wieder schwimmen, bevor du die Schnur endgültig aufspulst und die Beute an Land ziehst.
    Mochte sich Miss Cleeve noch so winden, wehren und kämpfen, sein Entschluss stand fest. Sie gehörte ihm.
    Nie zuvor war ihm eine so ungewöhnliche junge Frau begegnet. Und sie glaubte, sie könnte einfach so verschwinden.
    Es bedurfte all seiner Selbstbeherrschung, sie jetzt gehen zu lassen. Seine Instinkte befahlen ihm, sie notfalls auch mit Gewalt aus diesem Elend zu befreien. Schon morgen könnte er sie nach Alexandria schleppen und an Bord eines Schiffes nach Europa bringen.
    Er erinnerte sich daran, wie ihr magerer Körper unter ihm gelegen hatte. Wie sie sich mit aller Kraft gegen ihn gewehrt hatte, um diesen kleinen abgerissenen Straßendieb zu retten.
    Sie war ein stolzes und mutiges Mädchen. Nach acht Jahren im Krieg wusste Rafe solche Tugenden zu schätzen. Wenn nötig, würde er sie in einen Teppich gerollt an Bord eines Schiffes tragen, doch er zog es vor, sie freiwillig und erhobenen Hauptes die Gangway hinaufsteigen zu sehen.
    Er beobachtete, wie sie das Eisentor hinter sich schloss und gemächlich seinen Blicken entschwand. Dabei wusste er, dass sie jetzt am liebsten um ihr Leben rennen würde.
    Wie hatte sie nur all die Jahre auf den Straßen Kairos überlebt? Als Junge verkleidet? Die weite arabische Kleidung kaschierte ihre Figur, sie hatte sich den lässigen Gang eines Mannes zugelegt, und der Schmutz, den sie sich ins Gesicht schmierte, verbarg ihre zarte Haut. Dennoch erkannte Rafe ihre Weiblichkeit.
    Selbst wenn kein anderer die Frau in ihr erkannte, gab es doch genügend Männer, die es auf einen hübschen Burschen abgesehen hatten.
    Warum also weigerte sie sich, nach England zu gehen? Wovor hatte sie Angst?
    Und was zum Teufel meinte sie damit, Alicia sei tot, es gäbe nur Ayisha?
    Sie hatte behauptet, nicht vergewaltigt worden zu sein, dennoch war ihr etwas Schreckliches zugestoßen, dessen war er sicher. Er hatte in ihren Augen eine tief verwurzelte lauernde Furcht gelesen.
    Er hatte dort aber keine teilnahmslose Resignation entdeckt, die in flackernden Zorn oder bitteren Selbsthass umschlagen konnte, wie er es so oft im Krieg in den Augen vergewaltigter Frauen gesehen hatte.
    Aber wieso beharrte sie darauf, tot zu sein?

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