Gefaehrliche Maskerade einer Lady
untersetzten, dickbäuchigen Mann, der sich ihr entschlossen näherte. Ayisha erstarrte. Es war Gadis Onkel.
Jahrelang hatte sie sich den Kopf darüber zerbrochen, wem die schmutzigen großen Füße mit den gelben schrundigen Zehennägeln gehörten, auf die sie damals unter dem Sterbebett ihrer Mutter in Todesangst gestarrt hatte.
Es war Gadis Onkel gewesen, der gesagt hatte: Durchsucht das ganze Haus. Irgendwo muss sie sein, wo denn sonst? Für eine weiße Kindjungfrau zahlt der Sklavenhändler Zamil einen guten Preis.
Gadi hielt ihren Arm mit beiden Händen fest. „Ich hab doch gesagt, mein Onkel will mit dir reden.“
Sie war kein Kind mehr, aber sie war weiß, und sie war eine Jungfrau. Und sie saß in der Falle.
Ohne Vorwarnung schnellte sie herum und stieß Gadi ein Knie mit aller Kraft in die Weichteile. Er ließ von ihr ab und krümmte sich winselnd vor Schmerz. Sein Onkel und die anderen Männer rannten auf sie zu. Ayisha zog ihr Messer und suchte verzweifelt nach einem Fluchtweg. Der einzige Ausweg war der Fluss, doch Ayisha konnte nicht schwimmen. Immer noch besser, als auf dem Sklavenmarkt zu landen, dachte sie. Vielleicht aber auch nicht, denn im Fluss wimmelte es vor Krokodilen.
Gadis Onkel und seine Männer bildeten einen Halbkreis um sie.
„Ich bringe jeden um, der mir zu nahe kommt.“ Sie hielt das Messer in der Faust und wich nach hinten. Verzweifelt wünschte sie sich, sie hätte das zweite Messer eingesteckt.
Gadis Onkel grinste böse und entblößte seine hässlichen braunen Zahnstümpfe. Er sagte etwas, und die Männer zückten ihre Messer.
„Sei nicht dumm“, gurrte Gadis Onkel heuchlerisch. „Wir wollen dir deine hübsche weiße Haut nicht aufschlitzen. Aber wenn du dich zierst, werden wir es tun. Für verdorbene Ware krieg ich auch noch einen hübschen Preis. Ich bin schon so lange hinter dir her.“ Er trat lauernd einen Schritt näher. „Aber ich habe nie rausgekriegt, wohin du in jener Nacht verschwunden bist.“
Ayisha wich zurück, spürte den feuchten Schlamm des Flussufers unter ihren Füßen. „Keinen Schritt näher“, warnte sie schneidend. Sie war verloren. Entweder sie ging auf die Männer mit dem Messer los oder sie sprang. Die Strömung würde sie fortreißen. Vielleicht könnte sie sich retten, wenn sie nicht ertrank und wenn es keine Krokodile gäbe.
Gadis Onkel kam noch näher. Sein feistes Grinsen verzerrte sein fettes verschwitztes Gesicht. Ayisha murmelte hastig ein Stoßgebet. Der Fluss war immer ihr Freund gewesen. Also holte sie tief Luft und wollte zum Sprung ansetzen.
Doch dann hörte sie einen brüllenden Schrei und donnernde Hufschläge auf dem Boden. Erschrocken wirbelte sie herum. Der Engländer kam auf einem riesigen schwarzen Pferd wie ein brüllender Stier auf sie zu galoppiert. Sie starrte ihn mit offenem Mund an.
Die Männer stoben entsetzt auseinander. Der Reiter sprang aus dem Sattel heraus einem Banditen in den Rücken, warf ihn zu Boden und landete auf ihm. Der Kerl blieb nach Luft ringend liegen. Der Engländer schnellte auf die Beine.
„Hinter Ihnen!“, schrie sie gellend, als ein zweiter Mann ihm das Messer in den Rücken jagen wollte. Der Engländer duckte sich, sodass ihn das Messer um Haaresbreite verfehlte. Er drehte sich blitzschnell um, packte seinen Angreifer am Kragen und warf ihn im hohen Bogen in den Fluss. Der Kerl brüllte vor Todesangst und schlug strampelnd um sich.
Ayisha war nicht die Einzige, die nicht schwimmen konnte.
Der Engländer stand nun zwischen ihr und den drei Ägyptern. Nur Gadi befand sich nicht in seinem Blickfeld. Die Kerle näherten sich ihm von drei Seiten und mit gezückten Messern. Ayisha blieb keine Zeit, ihm zu helfen, denn nun stürzte sich Gadi mit einem Dolch in der Faust auf sie.
Ayisha tauchte unter seinem Angriff weg und versetzte ihm eine klaffende Wunde am Arm. Er schrie auf, griff aber wieder an, um in blinder Wut auf sie einzustechen, doch Ayisha war wendiger als er, und Gadi stach ins Leere.
Sie hörte das grässlich dumpfe Knacken splitternder Knochen und nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie der zweite Mann unter den Faustschlägen des Engländers zu Boden ging und sich aufheulend an die Nase fasste. Durch seine Finger sprudelte Blut. Aber sie durfte sich nicht ablenken lassen.
Gadi schlug ihr plötzlich mit dem gestreckten Bein das Messer aus der Hand. Ayisha bückte sich blitzschnell nach einem großen Stein. Das Leben auf der Straße hatte sie gelehrt, sich mit allem zu
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