Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Pferd auf und zog hastig den Schleier vors Gesicht. Sie hatte schöne große und geheimnisvoll dunkle Augen, und genau diese Augen musterten ihn nun mit kritischer Wachsamkeit. Die Situation erinnerte ihn an die Inspektion seines ersten Offiziers, als er noch ein grüner Rekrut war.
Er begegnete der strengen Prüfung der kleinen Frau mit heiterer Gelassenheit.
Ali stellte den Besuch großspurig vor, und Rafe verneigte sich. Laila sagte etwas zu Ali, der das Pferd an einem Eisenring an der Mauer festband. Dann bat sie die Besucher in den winzigen gepflasterten Innenhof, der von Tontöpfen mit Gewürzkräutern und üppig blühenden roten Hängegeranie geziert wurde. In der Mitte stand ein kuppelförmiger Backofen, an dessen Seiten ein Stapel Backbleche lehnte. In der Luft hing der Duft von frisch gebackenem Brot.
Auf der abgeflachten Kuppel des Backofens lag eine struppige Katze, die Rafe aus ihren gelben Schlitzaugen feindselig musterte und warnend mit dem Schwanz schlug, dem die Spitze fehlte.
„So, so“, sagte Laila auf Arabisch. „Sie sind das also.“
„Offensichtlich“, antwortete Rafe durch den Dolmetscher.
Sie nickte knapp, er schien die Musterung bestanden zu haben. „Friede sei mit Ihnen. Wollen Sie bitte eintreten?“ Sie wies zum Hintereingang, vor dem ordentlich aufgereiht mehrere ausgetretene Schuhpaare standen.
Rafe, dessen Reitstiefel nur mithilfe eines Dieners auszuziehen waren, ergab sich seufzend dem ägyptischen Brauch und bückte sich. Ali eilte wieselflink herbei und zog mit aller Kraft daran.
Laila führte die Besucher in das winzige Haus. Sie betraten eine Kammer mit zwei niedrigen Diwans und einem hinter einem Vorhang verstecken Alkoven. Die Armut war nicht zu übersehen.
„Kaffee?“, fragte sie.
„Gerne“, antwortete er. Er hatte immer noch den bitteren Geschmack vom verbrannten Kaffeesatz bei Johnny Baxter auf der Zunge, wollte aber nicht gegen Lailas Gastfreundschaft verstoßen. Obwohl er die Unterstützung dieser Frau nicht brauchte, wäre sie ihm bei Alicia nützlich. Laila würde es ihm nicht leicht machen, das spürte er.
Ihre Höflichkeit täuschte ihn nicht über den Argwohn hinweg, der tief in ihren dunklen Augen funkelte.
Sie stellte ein Tablett mit zwei winzigen Tassen und einen Teller mit kleinen runden klebrigen Kugeln auf einen kleinen Tisch, kauerte sich anmutig mit angezogenen Knien auf den Boden und wartete.
Rafe trank schicksalsergeben einen winzigen Schluck und stutzte. „Ihr Kaffee schmeckt außergewöhnlich gut“, sagte er verblüfft und trank noch einen Schluck und noch einen. Man könnte sich daran gewöhnen, dachte er.
„Sie wissen, warum ich hier bin“, sagte er dann. Es gab keinen Grund, um den heißen Brei herumzureden.
Laila wandte sich an Ali, der im Schneidersitz neben Rafe saß, und sprach mit ihm.
„Sie schickt ihn raus, um den Hof zu kehren“, erklärte der Dolmetscher. Gerade als Ali mit hängenden Schultern und schleppenden Schritten gehen wollte, sprach Rafe ihn an.
„Sag mal, Ali, könntest du dich bitte um mein Pferd kümmern? Es braucht Wasser und Streicheleinheiten“, sagte Rafe. Er hatte das Pferd zwar bei Baxter getränkt, doch so war der Junge sinnvoll beschäftigt. Und er würde aufpassen, dass niemand dem Pferd zu nahe kam.
Ali strahlte übers ganze Gesicht und rannte überglücklich los.
„Sie können auch gehen“, sagte Laila auf Englisch an den Dolmetscher gewandt. „Mein Englisch ist zwar nicht gut, aber es wird reichen.“
Rafe nickte dem Mann zu, der sich mit gekränkter Miene zurückzog.
„Dieses Gespräch betrifft Sie, mich und Ayisha“, erklärte Laila. „Ihren englischen Namen kenne ich nicht. Wie soll sie heißen?“
„Alicia Cleeve“, half Rafe nach und schob sich eine süße Kugel in den Mund, „Hm, schmeckt die gut.“
Laila nickte knapp. Seine Komplimente interessierten sie nicht. „Sie wollen Ayisha also mit nach England mitnehmen.“
„Ja.“
„Können Sie mir dann erklären, was Sie gestern auf Zamils Sklavenmarkt wollten?“, fragte sie und fixierte ihn mit ihren Augen.
Es war ein kühner Frontalangriff, den er von einer einfachen Ägypterin so nicht erwartet hatte. Laila stieg in Rafes Achtung.
„Um zu erfahren, ob er dieses Mädchen hier schon einmal gesehen hat. Ich denke, Sie erkennen sie auf der Zeichnung.“ Er zog das Bild aus der Tasche. „Es gab Grund zu befürchten, dass sie entführt und als Sklavin verkauft worden war. Zamir hätte gewiss davon
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