Gefaehrliche Maskerade einer Lady
verteidigen, was ihr zur Verfügung stand. Sie hatte zwar kein Messer mehr, aber sie konnte kämpfen.
Sie schleuderte den Stein mit voller Wucht nach Gadi und traf ihn an der Stirn. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen und blutete aus einer Platzwunde, dennoch gab Gadi nicht auf.
„Das sollst du mir büßen“, schrie er zähnefletschend und zückte seinen tödlich scharfen Krummdolch.
Sie durfte die Waffe keine Sekunde aus den Augen lassen, es blieb keine Zeit, sich ein zweites Mal nach einem Stein zu bücken. Gadi war zu nahe. Sie konnte dem Hieb nur ausweichen, um einen tödlichen Stich zu verhindern.
Wieder ein lautes Aufklatschen im Wasser und ein Schrei. Gadi blickte kurz zur Seite, als der nächste Angreifer im Fluss landete.
Im gleichen Moment stürzte sich der Engländer brüllend auf Gadi. Gadis Krummdolch blitzte in der Sonne auf, als er zustoßen wollte, aber der Engländer war schneller. Er duckte sich, wirbelte herum und landete einen Faustschlag, und noch einen. Gadi taumelte benommen und fuchtelte hilflos mit dem Dolch, bevor der Engländer ihm den dritten Schlag versetzte.
Gadi ließ lautlos die Waffe fallen und sackte zu Boden. Er landete mit dem Gesicht im Schlamm und rührte sich nicht mehr.
Der Engländer drehte sich zu Ayisha um. „Alles in Ordnung?“ Er klang lediglich ein bisschen außer Atem.
Ayisha nickte benommen.
Sein forschender Blick flog über ihre Gestalt. Mit einem dünnen Lächeln strich er ihr über die Wange und drehte ihr den Rücken zu. Nun stand er zwischen ihr und dem letzten Angreifer. Gadis Onkel.
Der hatte ein Messer, der Engländer nur seine Fäuste. Aber mit diesen Fäusten hatte er bereits vier Männer außer Gefecht gesetzt. Gadis Onkel zögerte. Seine Blicke flogen unstet umher.
Die blauen Augen des Engländers schossen Blitze. „Nun zu dir, du widerlich stinkender Abschaum.“ Kalt lächelnd ging er auf Gadis Onkel zu und erhob seine großen blutigen Fäuste.
Mit einem gellenden Schrei machte Gadis Onkel kehrt und floh.
Gadi zog sein dreckverschmiertes Gesicht ächzend und spuckend aus dem Morast und kroch auf allen Vieren davon. Der dritte Angreifer, dessen Nasenbein krachend gesplittert war, rappelte sich mühsam auf und taumelte wie ein Betrunkener hinterher.
Der Engländer achtete nicht darauf. Er sah Ayisha prüfend an und tastete ihren Körper vorsichtig nach versteckten Wunden ab. „Sind Sie verletzt?“
Sie schüttelte erschöpft den Kopf, verwundert über seine jähe Verwandlung vom wilden Krieger zum sanften Beschützer.
Sie zitterte und konnte kaum fassen, dass es vorbei war. Das, wovor sie sich all die Jahre gefürchtet hatte, war eingetreten, doch sie hatte es überlebt. Sie zitterte stärker.
Der Engländer zog sie tröstend an sich und schlang seine kraftvollen Arme um sie. Ayisha lehnte sich an ihn. Trotz der sengenden Hitze war ihr plötzlich sehr kalt. Und als er sie noch enger an sich zog, fühlte sie sich endlich so geborgen, wie seit vielen Jahren nicht.
„Was wollten diese Kerle von Ihnen?“, fragte er nach einer Weile.
Ayisha verspannte sich. „Ich weiß nicht.“
Er schwieg einen Moment, dann hob er ihr Kinn mit dem Daumen, um ihr in die Augen zu schauen. „Haben die Mistkerle etwa herausgefunden, dass Sie eine Frau sind?“
Sie konnte seinem Blick nicht ausweichen. Aber wenn sie in diese blauen Augen schaute, in diesen strahlenden Glanz unter leicht schläfrigen Lidern, wenn sie sich darin verlor, würden all ihre Geheimnisse nur so aus ihr heraussprudeln.
Und was geschah dann?
Würde er sie dann immer noch mit zärtlicher Fürsorge ansehen?
Sicher nicht. Seine Fürsorge galt einzig und allein Miss Alicia Cleeve, der rechtmäßigen Tochter eines englischen Lords und einer englischen Lady, und nicht Ayisha.
Aber ein Mädchen durfte träumen. Sie schloss die Augen, barg ihre Wange an seiner Brust und hörte seinen Herzschlag.
Er hielt sie einen Moment stumm in den Armen. „Nun gut, ich stelle keine Fragen mehr. Wollen wir aufbrechen?“ Seine Stimme klang merklich kühler. Es gefiel ihm nicht, dass sie ihm etwas verschwieg.
Es würde ihm noch weniger gefallen, wenn sie redete.
Ayisha fasste sich wieder. Sie löste sich aus seiner Umarmung, trat einen Schritt zurück und lächelte strahlend zu ihm auf. „Danke, dass Sie mich gerettet haben. Wenn Sie nicht wie ein tapferer Ritter gekommen wären, um das Burgfräulein zu retten“, sie blickte sich suchend um, „ich wusste gar nicht, dass Sie reiten
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