Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefaehrliche Maskerade einer Lady

Titel: Gefaehrliche Maskerade einer Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Gracie
Vom Netzwerk:
schroff. „Tun Sie das nie wieder. Es gehört sich nicht.“ Sie nestelte mit zitternden Fingern an ihrem Schleier.
    Johnny Baxter verneigte sich stumm. Aber sein Lächeln wich nicht.
    Laila tippte ihm leicht auf die Schulter. „Gehen wir“, sagte sie ärgerlich. „Wir sind schon viel zu lange fort. Die anderen werden auf uns warten.“
    Johnny Baxters Lächeln verbreitete sich über das ganze Gesicht. Wenn sie wirklich wütend wäre, hätte sie ihn nicht berührt.
    Nachdem Johnny Baxter und Laila das Zimmer verlassen hatten und Ali losgeflitzt war, saßen Rafe und Ayisha eine Weile stumm nebeneinander auf dem Diwan.
    Schließlich ergriff Rafe das Wort. „Sie haben Laila sehr gern, nicht wahr?“
    „Natürlich, sie ist meine Freundin. Mehr noch, sie ist wie eine Mutter für mich.“
    „Sie hat mir erzählt, wie Sie sich kennenlernten. Sie hat Ihnen Essen gegeben, und Sie haben ihr zum Dank Brennholz gesammelt“, sagte Rafe.
    Ayisha schwieg eine Weile.
    „Das war viel mehr. Die Händler auf dem Markt werfen Straßenkindern gelegentlich angefaultes Obst zu oder altes Brot. Sie werfen es in den Schmutz und schauen zu, wie die Hungrigen darüber herfallen wie Ratten.“
    Er sah sie scharf an. „Sie waren doch hoffentlich nie in einer so verzweifelten Lage.“
    „Oh doch, sehr oft sogar. Als ich Laila traf, hatte ich vier Tage nichts gegessen“, antwortete sie tonlos.
    Die Knöchel seiner geballten Faust schimmerten hell.
    Ayisha sah ihn an. Er wollte immer noch eine englische Lady aus ihr machen, also sollte er das über sie wissen.
    „Ich war fast vierzehn Jahre alt und hatte die vergangenen neun
    Monate mit Betteln und Stehlen auf der Straße zugebracht. Dann habe ich eines Tages gesehen, wie ein Dieb bestraft wurde. Er schrie wie ein Tier, als sie ihm die Hand abhackten.“
    Ayisha hatte voller Entsetzen auf den Armstumpf gestarrt, aus dem Blut nur so sprudelte. Die Hand lag im Staub und die Finger zuckten, als sei noch Leben darin.
    Jemand hob die Hand auf und warf sie den streunenden Straßenkötern zu. Ayisha war vor Grauen wie gelähmt. Immer wieder stellte sie sich vor, dass es ihre Hand war, die da zuckend im Staub lag.
    Der Staub hatte sich sogar auf den roten Blutstropfen gesammelt, bevor das Blut versickerte. „Es heißt, Blut ist dicker als Wasser“, sagte sie leise. „Das stimmt.“
    „Ich weiß“, sagte Rafe bitter. Sein Tonfall erinnerte sie daran, dass er acht Jahre im Krieg verbracht hatte.
    Sie sah ihn entsetzt an. Sie hatte nur ein einziges Mal gesehen, wie ein Mensch verstümmelt wurde, und diesen Anblick nie vergessen. Aber welche Gräuel musste er im Krieg erlebt haben? Möglicherweise hatte er anderen Menschen selbst die Hand abgehackt und Kriegsgegner getötet. „Sie waren Soldat und haben solche Grausamkeiten oft erlebt.“
    „Ja“, fiel er ihr schroff ins Wort, „aber ich möchte lieber Ihre Geschichte hören.“
    Was bewirkten solche Erlebnisse in einem jungen Mann, der viele Jahre gekämpft und Entbehrungen erlitten hatte, der gezwungen war zu töten, um nicht selbst getötet zu werden.
    Bis gestern hatte er nichts davon erkennen lassen. Bis gestern war er nur ein höflicher, gepflegter und besonnener Gentleman gewesen. Vielleicht waren seine Höflichkeit, seine Selbstbeherrschung und sein gepflegtes Äußeres eine Art Schutzschild für ihn, so wie die zerlumpten Kleider und das dreckverschmierte Gesicht für sie.
    Am Fluss hatte sie den grausamen Krieger und bedingungslosen Beschützer in ihm kennengelernt.
    Niemals würde sie seine blitzenden Augen und sein kaltes Lächeln vergessen, als er die Banditen mit bloßen Händen angriff. Er hatte sich die Fäuste blutig geschlagen und seine Knöchel aufgeschürft und, als alles vorbei war, seine große schwielige Hand so sanft an ihre Wange gelegt, dass es beinahe unwirklich schien nach all der Gewalt.
    „Sie waren also Zeuge, wie ein Dieb bestraft wurde, und haben es anschließend nicht mehr gewagt, zu stehlen“, ermunterte er sie, fortzufahren.
    „Ja. Aber nach vier Tagen hatte ich unvorstellbaren Hunger.“ Sie war mit knurrendem Magen durch die Gassen gestreift und hatte in Abfällen nach Essbarem gesucht wie eine Ratte.
    „Und dann stieg mir plötzlich ein köstlicher Geruch in die Nase.“ Sie lächelte. „Sie haben Lailas Pasteten noch nicht probiert, aber glauben Sie mir, sie schmecken köstlich.“ Sie seufzte. „Laila, damals kannte ich ihren Namen noch nicht, trug ein Tablett durch die Straßen und verkaufte

Weitere Kostenlose Bücher