Gefaehrliche Maskerade einer Lady
„Grässlicher Lärm“, murmelte er und starrte die Fremde an. Er konnte sich nicht an den Namen erinnern. Es war die Frau ohne Lippen. Bevor er etwas sagen konnte, rutschte er die Wand entlang zu Boden.
„Er hat die Pest!“, schrie die Frau gellend. „Er hat die Pest an Bord geschleppt!“ Sie rannte schreiend den Korridor entlang. „Pest! Pest! Wir haben die Pest an Bord!“
12. Kapitel
Mit vereinten Kräften stellten Higgins und Ayisha ihn wieder auf die Beine. „Was redet sie da, Miss? Er kann doch nicht die Pest haben, oder?“
„Doch. In Ägypten grassiert häufig die Pest.“ Sie steuerte Rafe zu seiner Kabine. „Reißen Sie sich zusammen und gehen Sie!“, drängte sie ihn. Rafe stolperte ein paar Schritte und murmelte in sich hinein. Ihm war sengend heiß, und gleichzeitig schlotterte er vor Kälte.
Higgins starrte sie entsetzt an. „Sie meinen Pest? Die Beulenpest?“ „Ja. Sie lauert überall, aber im Sommer ist es am Schlimmsten. Helfen Sie mir, ihn durch die Tür zu bringen. Sie gehen voran, und ich versuche, ihn aufrecht zu halten.“
„Aber diese Krankheit ist tödlich, Miss. Es ist eine mörderische Seuche.“
„Ich weiß, Higgins“, antwortete sie sachlich. „Meine Eltern sind beide daran gestorben. Wir können nur hoffen und beten, dass es ein anderes Fieber ist.“
Rafe richtete sich auf und schob sie von sich, stand schwankend gegen den Türpfosten gelehnt. „Pest?“, lallte er und sah sie aus trübe verschwommenen Augen an. „Ich habe die Pest?“
„Das wissen wir nicht genau“, erwiderte sie mit fester Stimme. Eine positive Einstellung war hilfreich, hatte sie den italienischen Arzt sagen hören, als ihre Mutter im Sterben lag. Damals war ihr Vater schon tot und ihre Mutter hatte sich aufgegeben.
Ayisha sah Rafe an. Er schlotterte an allen Gliedern, sein Gesicht war gerötet und glänzte schweißnass. Er würde sich nicht aufgeben, dafür würde sie sorgen.
Sie versuchte ihn am Arm zu nehmen, aber er entzog sich ihr. „Gehen Sie weg“, befahl er. „Kommen Sie nicht in meine Nähe. Nicht krank werden, Sie nicht. Sie dürfen nicht.“ Er hob abwehrend die Hand. „Und Sie auch nicht, Higgins. Hinaus!“
„Aber seien Sie doch vernünftig, Sir.“
„Hinaus!“, brüllte Rafe. Higgins verließ ehrfürchtig die Kabine.
Er klammerte sich mit letzter Kraft an die Tür, ohne in der Lage zu sein, sie zuzumachen.
„Kümmern Sie sich um sie, Higgins“, befahl er.
„Das werde ich, Sir“, antwortete Higgins, den Tränen nahe. „Was denken Sie sich eigentlich?“, mischte sich Ayisha ärgerlich ein. „Sie werden nicht in dieser Kabine sterben, Sie dummer Mann. Das lasse ich nicht zu.“
Er lächelte schief. „Kratzbürstig“, nuschelte er, „wie ihre Katze.“ Dann drehte er sich um und übergab sich in eine Schüssel. „Überall Schüsseln“, murmelte er. „Guter Mann, Higgins.“
„Es ist die Pest, wenn ich es Ihnen sage!“, kreischte eine schrille Stimme im Korridor. „Er muss schleunigst von Bord!“
Ayisha fuhr herum. Mrs Ferris scheuchte den Kapitän und mehrere Schiffsoffiziere aufgeregt vor sich her. Im Hintergrund verfolgten einige Passagiere mit entsetzten Augen die Szene.
„Es ist die Pest! Der Mann muss auf der Stelle das Schiff verlassen, Captain!“, drängte Mrs Ferris.
„Was soll denn diese Aufregung?“, fragte Ayisha betont gelassen. „Hat der Mann die Pest?“, fragte der Kapitän mit grimmiger Miene.
„Er hat Fieber, aber ich bin nicht sicher, ob es die Pest ist.“
Der Kapitän schüttelte bedenklich den Kopf. „Dieses Risiko kann und darf ich nicht eingehen. Tut mir leid, Miss.“
„Was soll das heißen, es tut Ihnen leid? Was haben Sie vor?“ „Er muss an Land gebracht werden, Miss. Sonst breitet sich die Seuche aus.“
„Und wir müssen alle sterben!“, kreischte Mrs Ferris im Hintergrund. Die anderen Passagiere murmelten besorgt.
„Er wird nirgendwohin gebracht“, entgegnete Ayisha schneidend. „Er bleibt hier, und ich werde ihn pflegen.“
Der Kapitän schüttelte wieder den Kopf. „Das kann ich nicht zulassen, Miss. Ich bin für das Wohlergehen aller Passagiere verantwortlich. Er wird mit einem Beiboot an Land gerudert.“
„Um dort zu sterben oder von Eingeborenen ins Meer geworfen zu werden, die gleichfalls Angst vor Ansteckung haben, nehme ich an.“ „Es steht Ihnen frei, ihn zu begleiten und dafür sorgen, dass er von Einheimischen aufgenommen und gepflegt wird.“
„Woher wollen Sie wissen,
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