Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Regeln annahm. Sie schien geradezu erfreut darüber zu sein. „Kommen Sie damit zurecht?“
„Natürlich.“ Sie schien überrascht über diese Frage. „Ich habe doch alles, was ich brauche.“
„Sie werden sich nicht einsam fühlen?“
„Aber wieso denn? Es gibt genügend interessante Leute auf diesem Schiff, mit denen ich mich unterhalten kann. Und außerdem habe ich meine neue Freundin Cleo. Nur keine Sorge, ich halte mich an die Regeln. Es wäre ja entsetzlich, wenn wir gezwungen wären, zu heiraten.“
Das Murmeln tiefer Stimmen wurde lauter. Ayisha warf einen Blick über die Schulter. „Die Offiziere nähern sich, ich gehe also
besser. Wir wollen doch nicht, dass man uns hier zusammen im Dunkeln ertappt, nicht wahr? Möglicherweise zwingen sie uns dann zu heiraten, und das wäre ja unerhört. Gute Nacht.“ Sagte sie und verschwand.
Rafe blinzelte. Sie war so plötzlich gegangen. Beinahe so, als wäre sie erzürnt.
Er ging seine Worte noch einmal in Gedanken durch, ohne etwas finden zu können, was sie gekränkt haben könnte. Er hatte ihr in vernünftigen Worten zu verstehen gegeben, dass er sie lediglich vor unliebsamen Konsequenzen schützen wollte. Immerhin war sie in einer Kultur aufgewachsen, in der das Leben der Männer und der Frauen strikt getrennt war. Er war doch verpflichtet, sie zu beschützen.
Wie dem auch sei, er hatte ihren Zorn schon einmal zu spüren bekommen. Sie war ein Hitzkopf und schreckte vor nichts zurück. Die Narben trug er noch davon. Er betastete seinen Hals, wo ihre Kratzwunden längst verheilt waren.
Nein, wenn Ayisha ungehalten war, so zeigte sie es deutlich. In dieser Hinsicht glich sie ihrer Katze.
Es musste einen anderen Grund geben, wieso ihn ihr brüsker Abschied so enttäuschte.
Er überlegte, ob er mit den jungen Offizieren eine Zigarre rauchen und eine Unterhaltung unter Männern führen sollte. Aber dafür war er nicht in Stimmung.
In den nächsten drei Tagen sah er Ayisha nur im Vorübergehen, was auf diesem relativ kleinen Schiff so gut wie unmöglich war. Es erweckte den Anschein, als ginge sie ihm absichtlich aus dem Weg. Sie hielt sich offenbar sehr strikt an die Regeln. Vermutlich sah sie sich dazu gezwungen, so wie sie aufgewachsen war. Die Gesetze des Paschas duldeten nicht den geringsten Verstoß.
Auch in England herrschten strenge Gesetze, überlegte er. Dort hackte man Gesetzesbrechern zwar nicht die Hände ab, aber man hängte sie auf oder schickte sie in Strafkolonien auf die andere Seite der Erdkugel. Ayisha kannte lediglich nicht den Unterschied zwischen den Gesetzen der vornehmen Gesellschaft und den Gesetzen eines Despoten. Bei nächster Gelegenheit wollte er sie über den Unterschied aufklären, wenn sie es denn zuließe.
Sie schien sich mit dem jungen Vikar und seiner Gattin bestens zu verstehen, und wenn sie nicht mit ihnen zusammen war, suchte sie die Gesellschaft der drei Hexen, die augenscheinlich viel freundlicher zu ihr waren. Er sah Ayisha sogar neben einer von ihnen an Deck sitzen, die ihr das Stricken beibrachte.
Sogar die Matrosen suchten ihre Nähe, obwohl sie sich normalerweise von den Passagieren fernhielten. Doch Cleo hatte des Eis gebrochen.
Ayisha brachte Cleo morgens und nachmittags an Deck, und bald suchten die Matrosen und Passagiere ihre Nähe, um sich an den drolligen Spielen des Kätzchens zu erfreuen.
Zunächst erkundete Cleo vorsichtig ihre Umgebung. Sie blieb in Ayishas Nähe und versteckte sich unter ihren Röcken, sobald ein Fremder auftauchte, nur um plötzlich auf dessen Schuhe zu springen. Aber allmählich wurde das kleine Tier kühner.
Eines Tages kletterte Cleo den Mast hinauf, bekam es auf halber Höhe aber mit der Angst zu tun und miaute jämmerlich um Rettung. Ein anderes Mal verhedderte sie sich während eines erbitterten Kampfes mit dem losen Ende einer Taurolle und konnte nur mühsam aus dem Gewirr befreit werden.
Anfangs war das alles lustig, aber je frecher und tollkühner Cleo wurde, desto ängstlicher wurde Ayisha. Die kleine Katze verschwand in jedem Loch, verkroch sich in dunkle Ecken, sprang auf jede gefährliche Planke.
Als Ayisha sie schließlich dabei erwischte, wie sie ihr Köpfchen aus einem der Abflussrohre streckte und neugierig die Wellen tief unter ihr beäugte, war es vorbei mit den Ausflügen an Deck. „Sie ist zu übermütig“, erklärte sie, als man sie fragte, wo denn ihr Kätzchen bliebe. „Wenn ich nicht aufpasse, springt sie ins Meer, um eine Welle oder einen
Weitere Kostenlose Bücher