Gefaehrliche Sehnsucht
Abend sind wir dann sehr spät heimgekommen und sind gleich zu Bett gegangen. Mum hat mich noch zugedeckt und mir einen Kuss gegeben. Und ... am nächsten Morgen war sie dann nicht mehr da ...«
Mr. Taylor hatte dem Bericht seiner Tochter gelauscht und es wurde ihm bewusst, dass sein letzter gemeinsamer Tag ähnlich abgelaufen war. Er musste sich das alles noch einmal genau durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht fand er noch heraus, warum er und seine Tochter von einem auf den anderen Tag alleine zurechtkommen mussten.
»Du solltest ein paar Freunde einladen und dir einen schönen Tag machen«, schlug Mr. Taylor vor. »Das bringt dich auf andere Gedanken.«
Aidan nickte bejahend. »Das ist eine gute Idee. Das werde ich machen. Danke, Dad ... ich hänge mich gleich ans Telefon.«
»Mach das«, sagte ihr Vater und blickte auf seine Armbanduhr.
»Schade. Schon wieder so spät. Ich muss noch einmal aufs Revier. Die Zeit vergeht immer viel zu schnell. Leider. Ich wäre gerne noch ein Weilchen bei dir geblieben ... Aber die Pflicht ruft.«
Auf dem Weg zur Haustür drehte er sich noch einmal um. »Heute Abend wird es ein bisschen später. Warte nicht auf mich.«
Aidan ging zum Fenster und blickte ihrem Vater hinterher. Als das Auto aus ihrem Blickfeld verschwunden war, nahm sie das Schnurlostelefon und ging nach oben in ihr Zimmer. Gemütlich setzte sie sich in ihren Stuhl und wählte Leas Nummer.
»Hallo Leah. Was machst du gerade?«
»Ich habe gerade mit Shelly und Noah telefoniert. Die beiden kommen gerne zu deinem Fest. Noah war ziemlich überrascht. Er wusste nicht, dass du wieder in der Stadt bist. Ich glaube fast, er ist noch immer verliebt in dich.«
»Leah. Zwischen uns war nie etwas. Wir waren doch noch viel zu jung. Es war bloß eine Kinderschwärmerei.«
»Ja, ja ...«, lachte Leah, »Samuel und Lucy kommen auch.«
»Dann werde ich jetzt Elijah anrufen«, sagte Aidan und spürte, wie es in ihrem Bauch zu kribbeln anfing.
»Schaffst du das?«, lachte Leah.
»Es fällt mir schwer«, gab Aidan zu. »Ich habe Angst seine Nummer zu wählen und gleichzeitig kann ich es kaum erwarten, seine Stimme zu hören ...«
»Bring es hinter dich«, gluckste Leah. »Aber überleg dir vorher genau, was du sagst. Nicht, dass du am Telefon anfängst zu stottern ... Hallo Elijah ... hast du am Sa ... am Sa ... am Samstag scho... schon was vor ...«, stotterte Leah belustigt.
»Mach dich nur lustig über mich. Dich erwischt es auch noch. Warte nur«, lachte Aidan und beendete das Gespräch. Sie erhob sich von ihrem Sessel und atmete tief durch.
»Ich hoffe du bist zu Hause, Elijah«, flüsterte sie und wollte gerade die Tasten drücken, als sie ein Geräusch vor ihrem Fenster hörte. Langsam bewegte sie sich vorwärts. Sie erschrak, als sich ein großer schwarzer Vogel auf dem Fensterbrett niederließ und an das Glas pickte.
»Du schon wieder. Verschwinde«, schimpfte Aidan und klopfte ein paar Mal kräftig von innen auf die Fensterscheibe. Aber der Vogel schien sich von dem Lärm nicht beirren zu lassen. Er hörte auf zu picken und starrte ihr direkt in die Augen. Von plötzlicher Panik ergriffen, stolperte sie rückwärts.
»Was ist nur los mit mir?«, murmelte sie und griff unwillkürlich an ihr Amulett. Als sie Sekunden später ihren Blick wieder geradeaus richtete, war der Vogel verschwunden. Vorsichtig ging sie nochmals auf das Fenster zu und blickte hinaus.
Der Ausblick war wirklich wundervoll. Sie hatte ihn immer schon geliebt. Der Shadow River glitzerte in der Abendsonne und der kleine Park dahinter war gesäumt von prachtvollen hohen Nadelbäumen. Alles sah aus wie immer. Die Straßenbahn fuhr die Park Road entlang und blieb nur ein paar Meter vor ihrem Haus stehen. Allmählich fiel die Anspannung von ihr ab. Sie blickte auf das Telefon und entschied sich, Elijah ein wenig später anzurufen.
Langsam ging sie den Flur entlang und die Treppe hinunter. Die Stille im Haus machte sie nervös. Ohne sich eine bestimmte CD auszusuchen, griff sie nach einer und steckte sie in die Musikanlage. Dann ging sie in die Küche, um sich ein Sandwich zu machen. Vom großen Küchentisch aus blickte sie durch das große Fenster hinaus auf die Veranda. Es begann bereits leicht zu dämmern, als Aidan Elijahs Telefonnummer wählte. Sie wollte schon wieder auflegen, als sich am anderen Ende der Leitung endlich jemand meldete.
»MacLain.«
»Guten Tag. Hier spricht Aidan Taylor. Kann ich Elijah sprechen?«
»Einen Moment
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