Gefaehrliche Spur
hielt Father Jaime ihn für einen gläubigen Christen und sollte nicht enttäuscht werden.
Als Travis bei der Kirche ankam, war gerade ein Gottesdienst im Gange. Er setzte sich dazu und folgte der Predigt, die Father Jaime hielt. Sie handelte, wenig verwunderlich, vom Laster des Glücksspiels und den ewigen Vers u chungen, mit denen der Teufel die Menschen zu verderben trachtet. Travis fragte sich, wie sich Father Jaime wohl ihm gegenüber verhalten würde, falls er erfahren sollte, dass Travis mit einem Geschöpf befreundet war, das zur Hälfte Dämonin und zur anderen Hälfte Engel war. Abgesehen davon, dass er garantiert nicht glauben würde, dass eine solche Mischung existierte, würde er der Vehemenz seiner Predigt nach zu urteilen den Engelsanteil ignorieren und den dämonischen in den Vordergrund stellen und entsprechend ve r dammen.
Der Gedanke an Sam brachte ihn w i eder einmal zu der Frage, was sie damit gemeint haben könnte, dass er den Grundstein für eine wichtige Veränderung in sich trüge, es aber seine Entscheidung wäre, ob er darauf aufbaute oder ihn ignorierte. So sehr er auch darüber nachdachte, er kam nicht dahinter. Wah r scheinlich würde er es begreifen, wenn es so weit war.
Als Father Jaime die Predigt beendete, beendete Travis auch sein Grübeln. Er wartete, bis die meisten Gläubigen die Kirche verlassen hatten, ehe er zur Sakristei ging und davor wartete.
Als Jaime herauskam und Travis sah, lächelte er erfreut. „Schön, dass du gekommen bist, Tom. Hat dir die Predigt gefallen?“
Travis nickte. „Sehr. Ich wünschte, es wären mehr Menschen gekommen, sie zu hören.“ Travis gab sich unsicher. „Father, unter uns Obdachlosen gra s siert das Gerücht, dass einige von uns vom Teufel … also es heißt …“
Father Jaime nickte. „Ich weiß. Und es stimmt. Der Teufel hat sie g e holt.“ Er senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Der Teufel schenkt niema n dem einen Millionengewinn, ohne eine Gegenleistung zu fordern. Eine Seele, ja.“ Er nickte nachdrücklich. „Aber es genügt nicht, dem Teufel seine Seele zu versprechen oder einen Pakt mit Blut zu unterzeichnen. Du weißt, von welchem Handel der Teufel am meisten hat?“
Travis schüttelte den Kopf, obwohl er es wohl besser wusste als der Geis t liche, denn auch solches Wissen gehörte zur Ausbildung eines DOC-Agents.
„ Wenn eine reine Seele Schuld auf sich lädt.“ Er sah Travis tief in die A u gen. „Blutschuld.“
Travis sah ihn mit großen Augen an. „Sie meinen …“
Father Jaime nickte wieder. „Menschen gewinnen im Lotto eine Menge Geld und sterben kurz danach. Und ungefähr eine Woche , bevor jeder dieser Gewinner seine Millionen gewinnt, verschwindet ein Obdachloser. Menschen wie du werden selten von jemandem vermisst. Das Menschenopfer ist der Preis, den der Teufel dafür verlangt, dass er jemandem einen Lottogewinn verschafft. Und durch dieses Opfer verdammt der Mensch, der einen anderen tötet, um zu Geld zu kommen, seine Seele in die Hölle – und der Teufel b e kommt, was er will.“
„ Jaime!“
Father Jaime zuckte unter der tadelnden Stimme zusammen, die einem a n deren Geistlichen gehörte, der aus der Sakristei gekommen war.
„ Jaime, du sollst doch nicht immer solche Behauptungen aufstellen.“
„ Aber das ist die Wahrheit!“, verteidigte sich Father Jaime. „Nur du, Pa t rick, und die anderen, ihr wollt es einfach nicht sehen.“ Er deutete auf Travis. „Aber diese reine Seele hier hat gesehen, was ich auch gesehen habe: dass Orrin Lawson vom Teufel geholt wurde.“ Er blickte Travis an. „Sag es ihm, Tom!“
Patrick hob abwehrend die Hände. „Schon gut“, sagte er in einem Tonfall, als wollte er sagen: ‚Bitte nicht schon wieder dieses Thema.’ „George braucht dich im Büro, Jaime. Ein junges Paar möchte sich wegen einer Trauung ber a ten lassen.“
Jaime blickte Travis eindringlich an. „Tom?“
„ Ja“, sagte Travis, was alles Mögliche heißen konnte.
Jaime lächelte dankbar. „Gott segne dich, Tom.“ Er nickte ihm zu und ging.
Patrick blickte Travis an und seufzte. „Jaime ist überzeugt, dass er Dinge wahrnehmen kann, die sonst niemand sieht“, entschuldigte er seinen Koll e gen. „Er hatte vor ein paar Jahren einen Unfall und war eine Weile klinisch tot. Aber dann konnte er wiederbelebt werden. Seitdem ist er überzeugt, dass Gott ihm Hellsichtigkeit verliehen hat, was das Böse in unserer Mitte betrifft . Ein harmloses Stichwort genügt, und er zieht
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