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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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dort würde ich hingehen,
etwas trinken und meine Gedanken sammeln — hoffentlich auf einem gut
gepolsterten Barhocker.
    Die Warbonnet Lounge war sehr warm und
verraucht. Nichts da Rauchverbot in Lokalen, wie in Kalifornien. Eine Jukebox
spielte Western-Songs, und einige wenige Paare tanzten auf der kleinen freien
Fläche davor. Tanzten mit einem Western-Touch, wie Hy. Bei ihrem Anblick
vermisste ich ihn, wünschte, er hätte mitkommen können. Aber er war immer noch
auf seiner Ranch, arbeitete an einem neuen Projekt seiner Firma, und ich war in
einer Kleinstadt in Montana gestrandet, an einem Freitagabend, an dem sich alle
außer mir zu amüsieren schienen.
    Ich setzte mich auf einen der wenigen
freien Barhocker und bestellte mir ein Fassbier.
    Zu meiner Rechten unterhielten sich
zwei Männer über Rinder. Zu meiner Linken umschlang sich ein Paar dermaßen
inbrünstig, dass ich den beiden schon fast den Schlüssel zu meinem Motelzimmer
anbieten wollte. Nach einigen Minuten standen sie auf und gingen zur
Tanzfläche. Sofort wurde der Barhocker neben mir von einem etwa dreißigjährigen
Mann mit kohlschwarzem Haar und einem silbernen Kreolohrring beschlagnahmt. Der
Mann bestellte sich ein Coors und sagte: »Sie sind die Privatdetektivin aus San
Francisco.«
    »Was?«
    »Sharon McCone, die Privatdetektivin,
die mit Elwood Farmer verwandt ist.«
    »Woher...«
    Er lachte aufrichtig amüsiert.
»Überrascht? Vielleicht sollten Sie mich anstellen?«
    »...Vielleicht.«
    »Wissen Sie, das Zeug da« — er zeigte
auf mein Glas — »ist grässlich. Darf ich Ihnen ein richtiges Bier spendieren?«
Ich musterte ihn. Seine schmalen, lang gezogenen Augen blitzten schalkhaft;
sein Kinn verriet eine ausgeprägte Persönlichkeit, die Mundpartie einen
gewissen Humor. Ein Mensch, der mir potenziell sympathisch war und mir
vielleicht Kontakt zum Reservat vermitteln konnte. »Hören Sie«, sagte er, »ich
will Sie nicht anbaggern. Ich hab nur von Ihnen gehört und bin neugierig.«
    »In dem Fall nehme ich dasselbe wie
Sie.«
    »Kommt schon.« Er sprach mit dem
Barmann. »Ach, übrigens, ich bin Will Camphouse.«
    »Wer ich bin, wissen Sie ja schon.
Woher?«
    »Der Mokassintelegraf.«
    »Was ist das?«
    Der Barmann stellte uns unser Bier hin,
und Will Camphouse bat ihn, es anzuschreiben. Dann sah er sich um, entdeckte
eine Sitznische, die gerade frei wurde, und bedeutete mir, dorthin umzuziehen.
Als wir saßen, sagte er: »Also, der Mokassintelegraf. Damit kommunizieren die
Indianer von Küste zu Küste. Das funktioniert so: Heute Nachmittag hat Dwight
Tendoy seine Schwester Millie Wasockie in Fort Hall angerufen und ihr erzählt,
eine Nachfahrin von Tendoys verschollener Tochter sei aufgetaucht und werde
vermutlich hierher kommen, um mit Elwood Farmer zu reden. Millie hat ihre beste
Freundin Candy Ferguson in Arlee angerufen und gefragt, ob Sie schon da seien.
Candy hat Jane Nomee hier in St. Ignatius angerufen, die wiederum Elwood anrief
und sich das Gerücht bestätigen ließ. Der Mokassintelegraf.«
    Die Buschtrommel. »Aber das erklärt
noch nicht, wieso Sie wissen, dass ich aus San Francisco bin und
Privatdetektivin.«
    »Na ja, zu Beginn ihres
Telefongesprächs mit Dwight Tendoy haben Sie erwähnt, von wo aus Sie anrufen.
Also hat Jane Nomee ihren Sohn Gilbert, der ein großer Hacker ist, gebeten,
mehr über Sie rauszufinden. Er fand einen Telefonbucheintrag ihrer Detektei und
noch ein paar grundlegende Fakten und rief daraufhin seinen Ex-College-Zimmergenossen
Keller Redbird in Frisco an. Keller sagte, er habe schon einiges über Sie in
der Zeitung gelesen, also suchte Gilbert ein paar von den Artikeln im Netz und
druckte sie aus. Jane brachte einen Satz Ausdrucke zu Elwood und hängte sich
dann ans Telefon, und inzwischen weiß jeder in der Informationskette, plus
Tanten, Onkel, Vettern, Basen und Hunden, von der Privatdetektivin aus der
großen Stadt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »So was wie
diesen Mokassintelegrafen könnte ich in meinem Beruf auch brauchen. Aber eins
ist mir immer noch nicht klar: Wie haben Sie mich erkannt?«
    »Weil da bei einem der Artikel ein Foto
war. Aber ich hätte sie vermutlich auch so identifiziert; Sie sind nicht so
gekleidet wie die meisten hier im Reservat.« Er zeigte auf die lederne
Fliegerjacke neben mir auf der Sitzbank.
    »Sie auch nicht.« Er trug einen teuer
aussehenden Pullover, und im Hinsetzen hatte er eine Wildlederjacke ausgezogen.
    »Nein, ich bin aus Tucson. Art-Director
bei einer

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