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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Yesterday’s Café und aßen Sandwiches. Es
war immer noch bewölkt, und der Wind hatte aufgefrischt. Er wehte Abfall aus
einer nahen Mülltonne und ließ ihn über die festgetretene Erde tanzen.
    Ich sagte: »Apropos Familie, Elwood
sagt, wir beide seien vielleicht auch miteinander verwandt.«
    »Vermutlich, ja. In der indianischen
Welt kreuzen sich die Blutslinien alle irgendwo.«
    »Ich habe das Thema Blutslinien,
ehrlich gesagt, ziemlich satt. Vierzig Jahre wusste ich genau, wer ich war.
Aber jetzt...«
    »Du kriegst es schon raus, Cousine.«
    »Wie kannst du das sagen, Cousin, wenn
du selbst nicht weißt, wer mit dir verwandt ist und wer nicht?«
    »Na ja, vielleicht kommst du ja zu dem
Schluss, dass es nicht wichtig ist.«
    »Was könnte wichtiger sein als die
eigene Identität?«
    »Vielleicht kriegst du ja auch das noch
raus.«
    Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen
an. »Wir belieben heute in Rätseln zu reden, was?«
    Er grinste.
    »Na ja, ich bin froh, dass wir
möglicherweise verwandt sind«, sagte ich. »Und ich bin froh, dass wir uns im Warbonnet
begegnet sind.«
    »Das war nicht besonders zufällig.
Elwood hat mich auf dich angesetzt, damit ich dich ein bisschen ausforsche.«
    »Aber woher wusstest du, wo du mich
finden würdest?«
    »Nicht weiter schwer, in einem Ort
dieser Größe. Ich wusste, in welchem Motel du wohnst, weil der Besitzer es
allgemein verbreitet hat. Und was befindet sich in der Nähe dieses Motels? Eine
Tankstelle, zwei eingegangene Gewerbebetriebe, eine Karosseriewerkstatt und das
Warbonnet.«
    »Vielleicht sollte ich dich wirklich
einstellen.«
    »Wenn ich die Welt der Werbefuzzis je
leid bin, rufe ich an.«
    Wir hatten unsere Sandwiches
aufgegessen, und ich sah auf die Uhr. »Ich muss los. Agnes Running Horse
erwartet mich.«
    »Sie wird dir gefallen. Sie ist
neunundsiebzig und wird mit jedem Tag jünger.«
    Plötzlich widerstrebte es mir, diesen
Möglicherweise-Cousin, der so nett zu mir gewesen war, einfach wieder zu
verlassen. »Du hast ja meine Karte. Meldest du dich?«
    »Klar. Und du hast meine ja auch.«
    Ich knüllte mein Sandwichpapier
zusammen, warf es in die Mülltonne und blieb sitzen.
    »Hey«, sagte Will, »ich weiß, was du da
rausfinden könntest, ist nicht ganz ohne, aber du solltest es trotzdem angehen.«
Als ich nicht antwortete, machte er eine auffordernde Kopfbewegung in Richtung
meines Mietwagens. »Los jetzt. Hopp!«
    Ich lächelte, stand auf und wandte mich
zum Gehen. Da rief Will hinter mir: »Hey, fang!«
    Ich drehte mich um und fing das kleine,
flache Päckchen, das er mir zuwarf. »Was...?«
    »Heute Abend aufmachen, wo immer dich
dieser Tag hinführt. Und keine Minute früher.«
     
     
     
     

15 Uhr 45
     
     
    Agnes Running Horse und ich gingen das
Ufer des Flathead River entlang, auf der anderen Seite des Highways, an dem
sich ihr braunes Holzhaus unter einen hohen, baumbestandenen Felsvorsprung
duckte. Die Luft war frisch und kühl hier oben, in der Nähe von Glacier, und
die einzigen Geräusche waren das Glucksen des Wassers, das um die großen
Flusssteine floss, das gelegentliche Sirren von Reifen auf dem Asphalt und das
Knirschen der Kiesel unter unseren Füßen. Mrs. Running Horse — eine kleine,
agile Person mit einem langen, grauen Pferdeschwanz und tiefen Lachfalten um
die Augen — hatte mich an ihrer Haustür empfangen und mir erklärt, es sei
gerade Zeit für ihren täglichen Spaziergang.
    »Ja«, sagte sie jetzt, »Ihre Großtante
war wirklich so, wie Elwood sagt. Ich mochte sie, wenn ihre Perlenstickereien
auch großer Scheißdreck waren.« Als ich sie erstaunt ansah, sagte sie grinsend:
»Ich bin alt. Ich kann reden, wie ich will. Sie können mir glauben, diese
Fenella war auch nicht auf den Mund gefallen. So sind die Tendoys nun mal.«
    »Sie hat Ihnen also gesagt, wer ihre
Mutter war. Als ich mit Dwight Tendoy gesprochen habe, meinte er, niemand
wisse, was aus ihrer Mutter geworden sei.«
    »Das wussten auch nicht viele, aber
diese Fenella musste uns ja erklären, wer sie war und was sie wollte. Sie hat
es mir und noch zwei, drei Frauen erzählt und uns gebeten, es nicht
herumzutratschen. Ihre Mutter hatte nur ein einziges Mal mit ihr über die
Familie und die Vergangenheit geredet — weil Fenella sagte, sie habe ein Recht,
es zu wissen — , und es passte ihr gar nicht, dass sie sich auf die Suche nach
ihren Verwandten machte.«
    »Was glauben Sie, warum?«
    Mrs. Running Horse zeigte auf eine
Aufschüttung aus

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