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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ist
vierundzwanzig zu alt, um mit so was anzufangen.«
    Na toll. Ich hatte einen gepiercten
Halbbruder mit lila Haaren. Und ich hatte Joey schon seltsam gefunden... »Wo
arbeitet Darcy denn?«
    »kivi, Lokalfernsehen. Channel Six. Hinter den
Kulissen natürlich. Er ist Video-Editor. Boise ist einfach noch nicht bereit
für einen Nachrichtensprecher mit lila Haaren.«
    »Und Sie arbeiten hier bei Ihrer
Mutter?«
    »Im Moment noch. Im Frühjahr fange ich
an, Jura zu studieren. Ich habe mich jahrelang gesträubt, in Moms und Dads
Fußstapfen zu treten, aber durch die Arbeit hier habe ich gemerkt, dass mich
die Juristerei fasziniert.«
    »Und Sie sind wie viel älter als
Darcy?«
    »Kalendarisch zwei Jahre, innerlich
zwei Jahrzehnte.« Also hatte Saskia Blackhawk nach meiner Geburt vierzehn Jahre
gewartet, ehe sie ein weiteres Kind gekriegt hatte. Aber davon waren natürlich
mindestens sieben ihrer Ausbildung gewidmet gewesen und die restlichen dem
Aufbau der Kanzlei.
    Robin sah auf die Uhr. »Keine Ahnung,
was Mom so lange aufhält.Sie teilt sich ihre Zeit strikt ein. Wenn sie
sagt, dass sie irgendwo sein wird, dann ist sie auch auf die Minute dort.«
    »Hat sie noch mal angerufen, nachdem
wir den Termin gemacht hatten?« Ich dachte, dass sie vielleicht meinen Namen
gehört hatte und mir aus dem Weg gehen wollte. »Nein, sie —« Das Telefon in der
Anmeldung klingelte, und Robin ging dran.
    Ich stand auf, trat an den Kamin und
studierte die bemalte Hirschhaut. Die Indianerkrieger waren primitiv gezeichnet,
fast Strichmännchen, aber die Büffel und Pferde waren detailliert und liebevoll
ausgeführt. Wie in aller Welt konnte ich, die ich große Tiere so hasste, von
einem solchen Volk abstammen?
    Hinter mir hörte ich Robin nach Luft
schnappen und dann einen leisen Klagelaut ausstoßen. Der Hörer schepperte auf
die Gabel. Ich drehte mich um, sah sie blass und erregt durch den Flur kommen.
    »Das war die Notaufnahme von St.
Alphonsus«, sagte sie. »Mom ist verletzt. Gott, es klingt schlimm. Ich muss zu
ihr.«
    Mein Magen bäumte sich auf. »Was ist
passiert?«
    »Unfall mit Fahrerflucht.« Sie kramte
hektisch in ihrer Handtasche. »Verdammt, ich finde meine Autoschlüssel nicht!«
    »Lassen Sie’s«, sagte ich. »Ich fahre
Sie hin.«
     
    Die Medien hatten bereits Wind vom
Unfall der prominenten Indianeraktivistin bekommen; Pressewagen verstopften den
Parkplatz vor dem Eingang zur Notaufnahme des St.-Alphonsus-Krankenhauses, und
Reporter mit Mikrophonen und Minicams standen auf dem Gehweg herum. Ich musste
sie wegschieben, als ich Robin zur Tür brachte. Drinnen nahmen sie eine Beamtin
und ein Beamter der Kriminalpolizei von Boise in Empfang. Sie führten sie weg,
um mit ihr über den Unfall ihrer Mutter zu sprechen.
    Die Anwesenheit der Kripoleute
beunruhigte mich. Normalerweise wurden solche Unfälle von uniformierten Beamten
der Verkehrspolizei gehandhabt; Beamte in Zivil deuteten daraufhin, dass das
hier möglicherweise mehr war als ein schlichter Unfall mit Fahrerflucht. Aber
solange ich hier im Warteraum saß, konnte ich nur bangen und spekulieren.
    Notaufnahmen sind immer schrecklich,
vor allem aber nachts — helles Neonlicht, gehetztes Personal, verstörte und off
blutüberströmte Menschen. St. Alphonsus war da keine Ausnahme. Eine lange
Schlange wand sich zur Anmeldung. Freunde und Verwandte ernstlich verletzter
Patienten saßen reglos da, stumm vor Schock und Angst, während die leichteren
Fälle vor sich hin litten. Irgendwo stieß ein Mann immer wieder lang gezogene,
irre Klageschreie aus.
    Es fiel mir normalerweise schon schwer,
solche Situationen auszuhalten, aber das hier war unerträglich. Irgendwo in
dieser Klinik lag meine leibliche Mutter, verletzt, möglicherweise im Sterben,
und ich hatte kein Recht, zu ihr zu gehen, ja, auch nur Näheres zu erfahren.
Wenn ich Robin doch nur gesagt hätte, dass ich ihre Halbschwester war, dann
hätte ich vielleicht an dem Gespräch mit den Beamten teilnehmen dürfen. Aber
für sie war ich nur eine entfernte Verwandte und für die Kripoleute, falls sie
mich überhaupt bemerkt hatten, lediglich irgendeine Frau, die sie hergefahren
hatte. Saskia Blackhawk konnte Bereits tot sein, ohne dass wir uns gesehen...
    »Sharon.« Robins Stimme. Ich stand auf,
sah, dass sie geweint hatte.
    »Wie geht’s ihr?«
    »Sie ist im OP, mehr weiß ich nicht.
Ansonsten... es ist furchtbar. Die Polizei sagt, es war kein Unfall. Jemand hat
sie aus dem Restaurant weggelockt und

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