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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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roten Ziertuch zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden
war, auf einen Computerbildschirm starren. Eine Frau, die im Profil ziemlich
ähnlich aussah wie ich mit Mitte zwanzig. Auf einem Metallschildchen auf dem
Tisch stand robin blackhawk.
    Meine Halbschwester. Ich wollte mich
rückwärts zur Tür hinausdrücken und die Beine in die Hand nehmen. »Augenblick«,
sagte sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu wenden. »Das Ding da ist neu, und
ich glaube, es ist von bösen Geistern besessen.« Sie bewegte die Maus, klickte
und rief: »Verdammt! Verstehen Sie was von iMacs?«
    »Ich habe selbst einen. Was ist denn?«
    »Ein Freund hat mir diese Software hier
geliehen, und anscheinend ist das Spiel nicht beim Hersteller registriert. Da
kam diese Warnung, und jetzt kriege ich sie nicht mehr weg.«
    Ich trat um den Schreibtisch herum,
sodass ich auf den Schirm gucken konnte. Da war ein Pokerspiel auf einem
dunkelgrünen Hintergrund, überlagert von einem Fenster mit einer Mitteilung.
    »Was soll ich nur machen?«, murmelte
Robin Blackhawk. »Meine Mutter bringt mich um, wenn sie merkt, dass ich während
der Arbeitszeit spiele.«
    »Schalten Sie einfach den Computer aus.
Und beim Neustarten rufen Sie das Spiel nicht wieder auf.«
    »Sie sind ein Genie!«
    »Ganz und gar nicht. Aber ich hatte das
gleiche Problem, als ich nicht gemerkt hatte, dass Software, die ich mir von
meinem Neffen geborgt hatte, nicht registriert war.«
    Sie schaltete den Computer aus und
schwang dann zu mir herum, und ich sah ihr zum ersten Mal direkt ins Gesicht.
Ihre Lippen waren voller, ihre Nase war ausgeprägter, ihre Stirn höher, aber
wir sahen uns sehr ähnlich. Sie bemerkte es ebenfalls, und ihre Augen wurden
weiter. »Kennen wir uns?«, fragte sie.
    »Nein, aber wir sind verwandt.« Ich gab
ihr eine meiner Karten. Als sie draufguckte, sah ich, dass ihr der Name nichts
sagte. »Ich möchte Ihre Mutter sprechen.«
    »Mom ist den ganzen Tag auf dem
Gericht, aber ich kann Ihnen einen Termin machen. Wie wär’s mit heute Abend,
acht Uhr?«
    »Acht Uhr ist gut. Hat sie immer abends
noch Termine?«
    »Abends, nachts, morgens früh um sechs —
ganz egal. Mom ist Workaholic, und dass wir eine Treppe höher wohnen, ist auch
nicht gerade günstig.« Sie beäugte mich neugierig. »Sie sind von ihrer Seite
her mit uns verwandt, stimmt’s?«
    »Ja.«
    »Ich bin noch nie jemandem von den
Hunters begegnet.«
    »Wieso?«
    »Sie redet nicht mehr mit ihnen, seit
sie ein Teenager war. Warum, weiß ich nicht. Sie spricht nicht gern drüber. Wie
genau sind wir denn verwandt?«
    »Das ist ein bisschen kompliziert.
Vielleicht blicke ich selbst besser durch, wenn ich mit ihr geredet habe.«

20
Uhr 03
     
     
    Als ich am Abend wiederkam, brannte
oben und unten im Blackhawk’schen Haus Licht. Diesmal brauchte ich mich nicht
zu überreden, aus dem Wagen zu steigen, aber mein Spannungspegel stieg
schlagartig, als ich mich dem Haus näherte. Beim Eintreten sah ich Robin noch
immer an ihrem Schreibtisch sitzen.
    »Kommen Sie jetzt besser mit dem Ding
zurecht?«, fragte ich und deutete auf den iMac.
    »Ja. Ist wirklich leicht zu bedienen.«
Sie stellte den Computer aus und stand auf. »Mom ist noch nicht da. Sie hatte
einen Essenstermin mit einem Mandanten und müsste eigentlich schon zurück sein,
aber es hat sich wohl hingezogen. Möchten Sie im Empfangsraum Platz nehmen?«
    »Gern. Danke.« Ich folgte ihr über den
Flur in einen hohen Raum mit schlichten beigebraunen Polstermöbeln. Die Wände
waren kahl, bis auf ein unregelmäßig geformtes, mit Büffeln, Pferden und
Indianerkriegern bemaltes Stück Leder, das über dem Backsteinkamin hing. Robin
bemerkte meinen Blick. »Das ist Hirschhaut, das einzige Familienstück, das Mom
besitzt. Ihr Lieblingsonkel hat es ihr geschenkt, als sie klein war.«
    »Ihr Vater«, sagte ich, während ich
mich auf ein Sofa setzte. »War er Shoshone?«
    »Nein, Sioux.« Sie setzte sich mir
gegenüber, sah mir forschend ins Gesicht. »Sie haben wirklich Ähnlichkeit mit
mir und Mom. Und mit Darcy auch, abgesehen von seinen lila Haaren.«
    »Darcy?«
    »Mein kleiner Bruder. Die ganze
High-School- und Collegezeit ist er der nette amerikanische Junge von nebenan.
Dann lässt er sich mit diesen seltsamen Gestalten ein, und plötzlich hat er
lila Haare, einen Glitzerstecker in der Nase, Ohrringe und einen
Brustwarzenring. Und wahrscheinlich sonst wo am Körper noch mehr Metallzeug,
das er mir zum Glück nicht vorgeführt hat. Wenn Sie mich fragen,

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