Gefährliche Stille
vermutlich
schon von ihm gehört: Er hat dazu beigetragen, dass der Tufa Lake gerettet
wurde, und er ist Präsident der Spaulding-Stiftung.«
»Oh, klar.« Jimmy D.s Miene verriet,
dass er keinen Schimmer hatte, wo der Tufa Lake war oder was die Stiftung tat.
»Macht gute Arbeit, Ihr Verein, Mann.«
»Danke«, sagte Hy ironisch.
»Na, jedenfalls«, sagte ich, »wir sind
aus der Bay Area hier heraufgekommen, weil ich versuchen will, ein paar
Verwandte ausfindig zu machen, von denen ich glaube, dass sie vielleicht hier
leben. Ich bin Shoshonin, und ein Teil meiner Familie ist Anfang des
zwanzigsten Jahrhunderts aus Idaho hierher übersiedelt. Wenn es uns hier
gefällt, bleiben wir vielleicht.«
»Tatsache? Schätze, mit der Zeit gehen
einem die Lebenshaltungskosten dort unten auf den Senkel.«
»Lebenshaltungskosten, Verkehr,
Kriminalität, Umweltverseuchung — tausend Sachen.«
»Na ja, hier sind Sie im Paradies.
Selbst die Kriminalitätsrate ist dieses Jahr runtergegangen — sieben Prozent
für Schwerverbrechen, vierzehn für mindere Delikte. Wie heißen denn diese
Verwandten?«
»Tendoy.« Ich hatte schon im
Telefonbuch nachgeguckt und keinen Eintrag gefunden.
»Kenne ich nicht. Sie sollten
vielleicht mal mit den Leuten im Büro des Modoc-Stammesrats reden, die Straße
runter, Ecke Cottonwood. Wir sind hier die einzige Indianerorganisation.«
»Danke, das werde ich probieren.«
Jimmy D. zeigte auf meine Zeitung.
»Wollen Sie schon mal Häuser angucken?«
»Die Anzeigen jedenfalls, um eine
Vorstellung von den Preisen zu kriegen.«
»Mit einem Wort: billig. Und rein
zufällig habe ich ein Haus bei der Hand. Hübsches Häuschen, bisschen außerhalb,
mit ein paar Morgen Land dabei. Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie gucken
sich heute mal die Gegend an. Und heute Abend treffen wir uns bei dem Haus.
Sagen wir, so um neun. Dann zeig ich’s Ihnen.«
Ich sah Hy unsicher an. »Was meinst du,
Schatz?«
Er verschluckte sich an seinem Kaffee.
»Na ja, Baby, angucken kostet ja nichts, oder?«
»Genau«, sagte Jimmy D. und begann,
eine Wegbeschreibung auf eine Papierserviette zu kritzeln. »Sie werden’s nicht
bereuen, das garantier ich Ihnen.«
Das Büro des Modoc-Stammesrats befand
sich in einem Ladenraum, der einst eine Eisdiele beherbergt hatte; an den
Wänden hingen noch verblasste Reklameschilder für Sundaes und Bananen-Splits,
wenn auch die Hocker entfernt worden waren und auf der Theke jetzt Bücher und
Broschüren lagen. Der restliche Raum war mit mächtigen Sperrmüllsofas und -sesseln
voll gepfropft. Ein weißhaariger Mann mit kantigem Kinn und abwärts zeigenden
Mundwinkeln war gerade am Telefonieren, als wir hereinkamen.
»Aha... Ja... Verdammich, Jenny, du
weißt, dass du da rausmusst. Ich helfe dir, die Kinder einzupacken, und fahre
dich zu diesem Frauenhaus in Alturas, von dem die Sozialarbeiterin gesprochen
hat... Nein, dort kann Ron dir nichts tun... Ich weiß es, weil diese Frau es
gesagt hat, und sie... Verdammt, Jenny, häng nicht ein — Scheiße!« Er knallte
den Hörer auf und starrte ihn finster an. Dann wandte er sich mit resignierter
Miene zu uns. »Der Mann meiner Enkelin hat sie schon das dritte Mal in diesem
Monat im Suff verprügelt, und sie hat immer noch Angst, ihn zu
verlassen. Wenn sie jetzt schon meint, sie hat Angst, was ist dann, wenn er
sich’s erst mal in den Kopf setzt, sie umzubringen?«
Ich sagte: »Vielleicht sollten Sie die
Sozialarbeiterin bitten, noch mal mit ihr zu reden.«
»Die hat sich schon den Mund fusslig
geredet. Da ändert sich nichts, solange Jenny nicht beschließt, was zu ändern,
und ich hoffe zu Gott, dass sie’s bald tut. Ich bin Jordan Stump. Was kann ich
für Sie tun?«
Ich tischte ihm meine Story von der
Verwandtensuche auf und sagte, Jimmy D. Bearpaw habe uns geraten, hierher zu
kommen. Jordan Stump erhob sich langsam und bedeutete uns, auf einem klumpigen
Karosofa Platz zu nehmen. Er folgte uns hinkend, und als er sich in einem
Karosessel niederließ, zuckte er vor Schmerz zusammen. Er zupfte das Kissen in
seinem Rücken zurecht. »Kein guter Tag heute.«
»Arthritis?«
»Verschiedenes. Als junger Bursche hab
ich mir eingebildet, ich hätte eine Zukunft im Bullen-Rodeo. Hat nicht lange
gedauert, bis mir ein großer Brahma das Gegenteil bewiesen hat. Also, Sie
sagen, Ihre Leute heißen Tendoy?«
»Ja. Soweit ich gehört habe, sind sie
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts aus Idaho hierher gekommen.«
»Na ja, ich werde meine Spione
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