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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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unterstützen.« Jordan Stump runzelte die Stirn.
»Ich persönlich weiß ja lieber, mit wem ich’s zu tun habe, aber wenn dies nun
mal so wollen, dann läuft es eben so. Wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen
können. Als ich meine Enkelin und ihre Familie eingepackt habe und hierher
gekommen bin, war Sage Rock praktisch eine Geisterstadt. In vielem ist es immer
noch nicht gerade der tollste Ort. Für die Jungen gibt’s hier nichts zu tun,
also trinken sie und kommen auf die schiefe Bahn, und es ist hart für junge
Familien wie die von Jenny. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns, aber
irgendwann haben wir ein Sozialzentrum und ein Museum, Powwows und andere
kulturelle Aktivitäten. Und dann haben wir der Welt gezeigt, dass die Modocs
ein Stamm sein können, dass es nicht mal der US-Regierung gelungen ist, uns zu
vernichten.«
    Jordan Stumps Worte wären ermutigend
und beflügelnd gewesen, hätten sie nicht so hohl geklungen. Ich sah Hy an, er
hatte es auch so wahrgenommen.
    Die Modocs waren zweimal von ihrem Land
vertrieben worden; sie waren zurückgekehrt, um sich an einem Ort wieder zu
finden, wo Alkoholismus, Gewalt in der Ehe, Kindesmisshandlung, Missbrauch,
Kriminalität und Armut grassierten. Und jetzt war da noch eine neue Bedrohung
in Gestalt von Austin DeCarlos Bauvorhaben.
    Der Traum, um dessentwillen Jordan
Stump und andere so viel auf sich genommen hatten, war am Zerplatzen — und er
wusste es.
     
    Als wir uns von Stump verabschiedet
hatten, fuhren wir zurück zur Wilderness Lodge, um ein paar Telefonate zu
tätigen. Der Strom war wieder da, das Zimmer gemacht, und jemand hatte ein paar
Botschaften unter der Tür durchgeschoben. Einige von den Leuten aus der
Umweltschutzszene, mit denen Hy Kontakt aufgenommen hatte, hatten sich
gemeldet, aber als er zurückrief, waren die Auskünfte wenig hilfreich: Niemand
wusste etwas von einem auf Anonymität bedachten reichen Konsortium, das das
Spirit-Lake-Gebiet retten wollte.
    Ich telefonierte meinerseits: mit Mick,
der eben erst mit der Serie von Checks begonnen hatte, um die ich ihn gebeten
hatte; mit meinem Anrufbeantworter zu Hause, auf dem nichts Bedeutsames war;
mit Robin, die berichtete, dass Saskias Zustand sich wieder verschlechtert
habe. »Sie ist wieder so wie am Anfang«, sagte sie. »Keinerlei Aktivität mehr.«
    Verdammt! »Wie kommst du klar?«
    »Ganz gut. Evan ist wunderbar, er ist
mir eine große Stütze.« Evan war ihr Freund aus Salt Lake.
    »Und Darcy?«
    »Nicht so toll. Evan hat sich um ihn
gekümmert. Er sagt, Darce will weiter nichts als sich zukiffen und
herumjammern, dass Mom uns beide nie geliebt hat. Er behauptet, wir seien nur
Ersatz für dich gewesen.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Natürlich nicht, aber Darce war noch
nie rational. Ich weiß nicht, was ich mit ihm machen soll, falls Mom es nicht
schafft; dann würde er völlig ausrasten.«
    »Wir machen das schon. Gemeinsam.«
    »Danke, Sharon. Das hab ich gebraucht.«
    Als ich schließlich auflegte, fühlte
ich mich deprimiert und hilflos. Hy spürte es und erhob sich. »Komm, McCone«,
sagte er. »Auf geht’s.«
    »Wohin?«
    »Das Land angucken, das diesen ganzen
Aufruhr verursacht hat.«
     
     
     
     

13
Uhr 10
     
     
    Das Gelände war umzäunt und von
Betreten-Verboten-Schildern umgeben. Ein Gatter versperrte die
Hauptzufahrtsstraße, war jedoch nicht abgeschlossen. Ich sagte zu Hy: »Ich habe
Austins Erlaubnis, mir das Gelände anzuschauen«, und stieg aus dem Pick-up.
Nachdem ich das Gatter geöffnet hatte, damit er durchfahren konnte, schloss ich
es hinter uns wieder.
    Der unbefestigte Fahrweg führte auf und
ab und schlängelte sich so ziellos dahin, als sei er für keinen bestimmten
Zweck angelegt worden. Wir kamen durch typisches Hochwüstengelände: rot-braune
Felserhebungen und beifußbedeckte, ebene Flächen, wo hier und da eine Kiefer
oder Zwergeiche ihr Dasein fristete. Der Himmel war blassblau, mit streifigen
Wolken, und die Herbstsonne schien schwach und fahl. Es kam mir hier wärmer vor
als im Ort. Nach etwa zehn Minuten gelangten wir auf eine Kuppe und sahen den
Spirit Lake in der Ebene vor uns liegen, flimmernd wie eine Fata Morgana, die
jeden Moment verschwinden konnte.
    Der See hatte die Form einer
ungleichmäßigen Acht, mit einer Landbrücke dort, wo sich die Schlaufen
kreuzten; in der Mitte der größeren ragte eine schwarze, vogelkotverkrustete
Insel aus dem Wasser — die Spitze eines versunkenen Vulkans, sagte Hy.
Wasservögel landeten

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