Gefaehrliche Ueberraschung
Wochen gibt es für mich nur Sonne und See.«
»Ich wünschte, ich könnte auch in der Karibik segeln.« Vince Lugano schlüpfte in einen warmen Pullover. »Während du es dir mit einem Bier an Deck gut gehen lässt, muss ich mir die Finger an einer Feuerwehr und einem Puppenhaus verbiegen.«
Fred lächelte. In den Winkeln seiner braunen Augen bildeten sich Fältchen. »Unsinn. Es gibt nichts, was du lieber tätest.«
»Stimmt.« Vince grinste den Mann an, der sein bester Freund geworden war, seit sie vor sechs Jahren in Hoboken, New Jersey, ihren Diensteid als Polizisten geleistet hatten.
Fred war achtundzwanzig Jahre alt, einszweiundachtzig groß, schlank und muskulös. Bei seinem olivfarbenen Teint, den dunklen Haaren und dem gut geschnittenen Gesicht gab es immer wieder fürsorgliche Freunde, die eine Schwester oder Cousine hatten, die zufällig gerade Single war. Nach dem Urlaub würde sein letztes Kursjahr an der Seton Hall Law School beginnen.
Im selben Alter wie sein Partner, war Vince fünf Zentimeter kleiner und zehn Kilo schwerer, mit mittelblonden Haaren und haselnussbraunen Augen. Nie hatte er Augen für eine andere als seine High-School-Flamme, mit der er seit fünf Jahren verheira-tet war.
»Wann geht’s los?«, fragte Vince.
»Der Flieger hebt morgen früh um acht ab.«
»Kommst du heute Abend zu Mikes Party?«
»Aber sicher.«
»Also bis heute Abend.«
Eigentlich hatte Fred direkt zu seinem Apartment am südlichen Rand der Stadt fahren wollen. Aber als er in seine Straße 40
einbog und im Schaufenster des Blumengeschäfts die glutroten Weihnachtssterne entdeckte, hielt er spontan an. Auf einer Party vor einem Monat hatte er Rosita Gonzalez kennen gelernt, und seither waren sie ein paarmal miteinander essen gegangen. Er hatte sie auch zu der heutigen Party eingeladen, aber sie musste absagen, fand offenbar niemanden, der auf ihre Jungen aufpass-te.
Lächelnd setzte er sich wieder hinter das Steuer und erinnerte sich an den Abend ihres ersten Treffens. Sie waren gleichzeitig vor dem Haus eingetroffen, in dem die Party stattfinden sollte, und er hatte hinter ihrer glänzenden, schwarzen Limousine ge-parkt. Als sie gemeinsam die Treppe hinaufgingen, hatte er sich ihr vorgestellt. »Donnerwetter, Sie fahren aber einen tollen Schlitten.«
»Da sollten Sie erst mal sehen, wie ich wohne«, hatte Rosita gescherzt. »Unter anderem arbeite ich als Chauffeurin. Ein Kollege von mir stellt mein Auto später hier ab und fährt den tollen Schlitten zurück.«
Nach der Party begleitete Fred Rosita zu ihrem zwölfjährigen Chevy. »Nennen Sie mich einfach Cinderella«, sagte sie lä-
chelnd.
Mit ihren langen Haaren und dem ansteckenden Lachen wirkte sie unwahrscheinlich jung. Er konnte kaum glauben, dass sie zwei kleine Söhne hatte.
»Hat Cinderella auch eine Telefonnummer?«, wollte er wissen.
Jetzt fragte er sich, ob es wirklich eine gute Idee war, kurz bei ihr vorbeizufahren. Der Verkehr lief zähflüssiger als erwartet, und er hatte noch nicht einmal gepackt. Darüber hinaus könnte sein Besuch Rosita möglicherweise auf falsche Ideen bringen.
Für die absehbare Zukunft hatte Fred nicht die Absicht, sich enger zu binden. Für so etwas fehlte ihm im Moment einfach die Zeit. Außerdem waren da noch die Kinder.
41
Rosita wohnte in einer kleinen Siedlung im Grünen, in der Nähe von Summit. Gestern war der kürzeste Tag des Jahres, dachte Fred. Das glaube ich gern. Es ist gerade halb fünf, aber schon stockdunkel. Er stellte sein Auto auf dem Besucherpark-platz ab, stieg aus, nahm den Topf mit dem Weihnachtsstern in die eine Hand und drückte mit der anderen auf die Klingel zu Rositas Wohnung im Erdgeschoss.
Drinnen war die siebzehnjährige Nicole Parma der Hysterie nahe. Als es klingelte, rannte sie zur Tür. »Vermutlich hat eure Mutter ihren Schlüssel vergessen«, schrie sie Chris und Bobby zu, die mit überkreuzten Beinen auf dem Teppich vor dem Fernseher saßen.
Keiner der beiden hob den Kopf. »Mommy vergisst ihren Schlüssel nie«, sagte Chris zu seinem jüngeren Bruder. Es trenn-ten sie nur elf Monate, und auf den ersten Blick konnten sie als Zwillinge durchgehen.
»Aber Mommy wollte schon längst zu Hause sein«, murmelte Bobby besorgt. »Ich kann Nicole nicht leiden. Sie spielt nicht mit uns wie Sarah.« Für gewöhnlich passte Sarah auf sie auf.
Rositas Warnung vergessend, die Tür nur zu öffnen, wenn sie wusste, wer davor stand, riss Nicole sie auf um vor Enttäuschung
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