Gefaehrliche Verstrickung
bestiegen. Sie warf einen Blick auf die Uhr, lehnte sich dann zurück und schloss die Augen.
»Können wir in einem Cafe Mittagessen?«
»Mal sehen.« Sie suchte Adriannes Hand. »Ich möchte, dass du glücklich bist, Liebling. Glücklich und in Sicherheit. Das ist das Allerwichtigste.«
»Mir gefällt es so gut hier mit dir.« Trotz der Kekse, der Limonade und des Tees war sie hungrig, wollte es aber nicht zugeben. »Hier gibt es so viel zu sehen. Als du mir von Orten wie diesen erzählt hast, habe ich geglaubt, du denkst dir Geschichten aus. Aber dies hier ist noch viel, viel schöner.«
Phoebe öffnete die Augen und sah aus dem Fenster. Sie fuhren gerade am Flußufer der romantischsten Stadt der Welt entlang. Beherzt kurbelte sie die Scheibe herunter und nahm einen tiefen Atemzug. »Addy, riechst du es?«
Lächelnd kuschelte sich Adrianne enger an ihre Mutter heran, um sich den Wind um die Nase streichen zu lassen. »Das Wasser?«
»Die Freiheit«, murmelte Phoebe. »Ich möchte, dass du diesen Augenblick nie vergißt.«
Als der Wagen anhielt, erhob sich Phoebe langsam und königlich aus den Polstern, die Leibwächter keines Blickes würdigend. Sie nahm Adriannes Hand und betrat den Lou- vre. Dort drängten sich Trauben von Menschen - Studenten, Touristen, Liebespaare. Adrianne war von ihnen genauso fasziniert wie von den Bildern, die ihre Mutter ihr zeigte, während sie langsam durch die Gänge schlenderten. Stimmen schallten von der hohen Decke zurück, eine Vielzahl von Tönen und Akzenten. Sie sah einen Mann, mit Haaren so lang wie die einer Frau und mit am Knie durchgewetzten Jeans, der einen unförmigen Rucksack über der Schulter trug. Als er bemerkte, dass sie ihn anstarrte, grinste er, winkte und machte dann mit zwei ausgestreckten Fingern das Peace-Zeichen. Betreten senkte Adrianne ihren Blick und schaute auf ihre Schuhe.
»So vieles hat sich verändert«, sagte Phoebe. »Ich komme mir vor wie in einer anderen Welt. Wie die Leute angezogen sind, wie sie reden. Ich komme mir vor wie Rip Van Winkle.«
»Wie wer?«
Mit einem Seufzer bückte sich Phoebe und schloss Adrianne in die Arme. »Ach, das ist nur eine Geschichte.« Beim Aufstehen sah sie nach den Wächtern. Gelangweilt trabten sie ein paar Schritte hinter ihnen her. »Hör zu, ich will, dass du jetzt genau das tust, was ich dir sage«, flüsterte Phoebe. »Stell keine Fragen, und bleib ganz dicht bei mir.« Bevor Adrianne noch antworten konnte, zog Phoebe sie mitten in eine Gruppe Studenten hinein. Rasch vorwärts drängend, ihre Ellbogen gebrauchend, wenn nötig, drängelte sie sich durch die Gruppe und lief dann einen langen Korridor entlang.
Hinter ihnen erhoben sich Stimmen. Ohne im Laufen innezuhalten, nahm sie Adrianne auf den Arm und rannte eine Treppe hinunter. Sie suchte nach einer Tür, irgendeiner Tür, die ins Freie führte. Wenn sie es bis zur Straße schaffte, irgendwie hier rauskäme und in ein Taxi springen könnte, dann hätten sie eine Chance. Wann immer ein Gang von dem Korridor abbog, folgte sie ihm, bahnte sich ihren Weg durch Gruppen von Besuchern und Museumsangestellten. Ganz gleich, ob der Weg sie aus dem Gebäude hinaus oder nur noch tiefer heineinführte - sie muss te die Leibwächter abschütteln. Als sie Schritte hinter sich hörte, stürzte sie blindlings weiter, wie ein Hase, der verzweifelt versucht, dem Fuchs zu entkommen.
Aus den Augenwinkeln sah sie die verschiedenen Farben der Gemälde aufleuchten. Ihr angestrengtes Atmen steigerte sich zu einem lauten Keuchen, als sie achtlos an den kostbarsten Kunstschätzen der Welt vorbeihastete. Die Leute starrten sie verwundert an. Ihr Haar hatte sich aus dem ordentlichen Knoten gelöst und flatterte nun rot und ungebändigt um ihre Schultern. Adrianne an sich gepresst , fand si e eine Tür, die nach draußen führte. Das Herz schien ihr in der Brust springen zu wollen, aber Phoebe rannte unbeirrt weiter.
Sie konnte wieder das Wasser riechen und die Freiheit. Sie hielt kurz inne, holte tief Luft, eine wunderschöne, verängstigte Frau, die sich an ihr Kind klammerte. Sie brauchte nur die Hand heben, und schon hielt ein Taxi am Straßenrand. »Orly Airport«, stieß sie hervor, schaute schnell nach rechts und links, bevor sie Adrianne ins Wageninnere schubste. »Schnell, bitte beeilen Sie sich.«
»Qui, Madame.« Der Fahrer tippte sich kurz an die Mütze und gab dann Gas.
»Mama. Was ist los? Warum sind wir so schnell gerannt? Wo fahren wir denn
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