Gefaehrliche Versuchung
Innigerem vertiefen. Er wollte mit der Zunge über ihre Lippen gleiten und sie verführen, sich für ihn zu öffnen.
Auch er zitterte jetzt. Sein Körper war diese Zurückhaltung nicht gewohnt und begehrte sie mit dem Hunger eines darbenden Mannes. Aber er wusste, dass er sich beherrschen musste. Also hauchte er einen letzten Kuss auf ihre Stirn, richtete sich auf und ließ die Hände sinken. Er war egoistischerweise froh, als sie ein bisschen schwankte, als würde sie seine Berührungen und Küsse vermissen. Und als sie die Augen aufschlug, freute er sich, darin unsicheres Erstaunen zu sehen.
»Es ist noch früh«, sagte er. »Möchtest du in mein Zimmer zurückkehren, um dich ein bisschen auszuruhen?«
Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Vielleicht morgen oder übermorgen.«
Er gab ihr einen letzten Kuss auf die Stirn. »Morgen.«
Kate fühlte sich, als würde sie in unzählige Splitter zerbersten. Gefühle, die sie sich jahrelang versagt hatte, durchströmten sie, raubten ihr den Atem, das Gleichgewicht. Trauer, Wut, Scham. Und seltsamerweise Erleichterung, als sie gehört hatte, dass Harry doch nicht ganz so unbesonnen gewesen war. Verwirrung machte aus all den Empfindungen eine ungenießbare Mischung. Hatte Harry sie tatsächlich festgehalten? Hatte sie es zugelassen? Hatte es sich wirklich angefühlt, als wäre sie nach Hause gekommen, nachdem sie einen fürchterlichen Sturm überlebt hatte?
Sie wusste es nicht. Sie wollte es nicht wissen. Sie wollte einfach nur in ihr Zimmer, wo sie allein sein konnte. Wo niemand sehen konnte, welchen Tribut diese Nacht forderte. Und wo niemand etwas von dem Strudel der Emotionen bemerkte, der in ihr ausgelöst worden war.
Als Harry die Küchentür aufmachte, lief Kate an der schläfrigen Hilfsmagd vorbei, die im Ofen gerade ein Feuer machte, und eilte durch die mit grünem Tuch bespannte Tür ins Hauptgebäude. Glücklicherweise ließ Harry sie allein gehen.
Wie gewohnt waren die Flure hell erleuchtet. Es war allerdings früh, und die Schatten beherrschten noch immer das Haus. Sie waren der Grund dafür, dass sie die Stufen ein bisschen schneller hinaufhastete. Sie konzentrierte sich darauf, ihr Zimmer zu erreichen. Sie wollte sich in ihre Gemächer zurückziehen, bevor irgendjemand sie abfangen konnte.
Gerade hatte sie ihren Fuß auf die zweitoberste Stufe gesetzt, als ihr klar wurde, dass mit der Stufe etwas nicht stimmte. Sie fand keinen Halt. Sie konnte die Balance nicht halten. Ihr Fuß rutschte ab, und sie fiel nach hinten.
Aus den Augenwinkeln sah sie eine dunkle Silhouette, die sich auf dem Treppenabsatz bewegte, doch sie konnte nicht erkennen, wer es war. Laut schreiend stürzte sie die Stufen hinab.
Kapitel 13
»Gott, Kate! Sprich mit mir!«
Oje, was auch immer sie getan hatte, um Murther wütend zu machen, sie würde es bereuen. Sie fühlte sich, als wäre sie gestürzt … oh.
Kate schlug die Augen auf und fand sich auf dem Marmorfußboden der Eingangshalle liegend wieder. Über ihr bewegten sich verschiedene Köpfe, und weiter oben erblickte sie die Decke des Eingangsbereichs mit dem cremefarbenen Rundbau und dem Oberlicht, durch das allmählich das erste Morgenlicht fiel. Ihr Kopf ruhte auf Harrys Schoß und schmerzte. »Finney«, sagte sie und war überrascht, wie schwach ihre Stimme klang. »Ruf den Maler. Die Farbe platzt von der Zierleiste.«
Ihr Reaktionsvermögen hatte noch nicht wieder eingesetzt. Ihr Körper war durch den Schock noch immer benommen und hatte sich bis jetzt noch nicht entschieden, wo es wehtat. Der Schrecken der letzten paar Sekunden und die niederschmetternde Erkenntnis, was passiert war, waren noch unbegreiflich. Sie kannte den Ablauf zu gut, um überrascht zu sein. Das half ihr, ruhig zu klingen, als sie sich für das Unvermeidliche wappnete.
Harry stieß ein raues Lachen aus. »Du hast mich zu Tode erschreckt!«, sagte er. »Kannst du dich bewegen?«
Sie machte einen Versuch und weckte damit unzählige Nervenenden auf. »Nur unter Protest. Harry, irgendetwas stimmt mit den Stufen nicht.«
»Nein, es ist alles gut«, versicherte er. »Du hattest es nur ein bisschen zu eilig und hast eine Stufe übersehen.«
Sie schüttelte den Kopf und bereute es sogleich. »Nein. Auf der zweitobersten Stufe ist etwas Rutschiges. Schmierfett, wenn die Geschwindigkeit, mit der ich die Treppe hinuntergefallen bin, ein Hinweis ist.« Behutsam drehte sie den Kopf. »Lasst niemanden auf die Treppe, solange das nicht überprüft
Weitere Kostenlose Bücher