Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit
gehen.“
Taumelnd setzte sie sich in Bewegung, den rechten Arm um seine Taille gelegt, die linke Hand hielt seine Hand, die über ihrer Schulter lag. Drake richtete sich auf, ignorierte die Schmerzen in Brust und Rücken und biss entschlossen die Zähne zusammen, um der Dunkelheit zu trotzen, die ihn zu überwältigen drohte.
Eigentlich hätten sie zur Tür rennen müssen, doch stattdessen schlurften sie im Schneckentempo. Die brennenden Vorhänge boten ihnen gute Deckung, aber Drake hatte keine Ahnung, wo der Scharfschütze sich auf der anderen Straßenseite postiert hatte. Sie konnten nicht sicher sein, dass er sie nicht in ebendiesem Augenblick im Visier hatte und sich darauf vorbereitete, Grace ihren schönen Kopf von den Schultern zu schießen.
Er drückte die Knie durch. Er durfte sie nicht im Stich lassen.
Er hörte ihr schweres Keuchen, als sie sich auf die Tür zubewegten. Sie hätte sich inzwischen längst retten können, aber sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht ohne ihn gehen würde. Er hatte nicht vor, die Schuld für ihren Tod auf sich zu laden. Auf keinen Fall.
Jetzt zahlte sich ein Leben voller Disziplin aus. Er würde Grace nicht aufhalten. Scheißegal, ob er kaum stehen, kaum sehen, kaum denken konnte. Sie brauchte ihn.
Grace verließ ihn, rannte zum Servierwagen, goss eine Flasche Grappa über die Couch und warf ein brennendes Scheit auf die Polster, die mit lautem Prasseln in Flammen aufgingen. Kluge Frau. Der Schütze würde nichts von dem sehen können, was sich im Radius von ein, zwei Metern um das brennende Sofa herum befand. Sie hatte ihnen einige weitere wertvolle Sekunden verschafft.
Sie mussten sich beeilen.
„Warte!“ Er blieb schwankend stehen und wandte sich um. Es war ein Zeichen seiner Verwirrung, dass er einfach am Servierwagen vorbeigegangen war.
„Wohin gehst du?“, keuchte Grace. Sie atmete schwer, und ihr Gesicht war schweißnass von der Anstrengung, ihn aufrecht zu halten, und der Hitze des brennenden Zimmers.
Drake schlurfte weiter. „Koffer.“ Ihm fehlte die Luft für weitere Erklärungen.
In seinem Arbeitszimmer befand sich sein Tresor, in dem sich wenigstens zwanzig Millionen Dollar in Diamanten, Kreditkarten für wohlgefüllte Konten und Bargeld in einer ganzen Reihe von Währungen befanden. Aber sie hatten keine Zeit, seinen Tresor zu leeren. Sie mussten hier so schnell wie möglich raus, über eine Route, von der niemand wusste, nicht einmal seine Bodyguards.
„Bleib hier! Ich hol ihn.“ Grace holte tief Luft und stürzte auf das brennende Sofa zu. Sie schnappte sich den Griff des Rollkoffers und war im nächsten Augenblick wieder an seiner Seite, schob die Schulter wieder unter seinen Arm und drängte ihn weiter, alles in einer einzigen fließenden Bewegung.
Der Scharfschütze hatte seine Taktik inzwischen geändert und beschlossen, den ganzen Raum systematisch unter Beschuss zu nehmen, angefangen vom nördlichen Ende. Die Schüsse wurden vom Fensterglas abgefälscht, aber auch die Querschläger hatten immer noch mehr als genug Wucht, um zu töten. Die Salven folgten in regelmäßigen Abständen und kamen näher.
Grace zitterte inzwischen heftig unter seinem Gewicht. Er richtete sich auf, bewegte sich von ihr weg, schob sich, so rasch er nur konnte, auf die Tür zu und schubste sie praktisch hindurch. Dann brach er zusammen.
Sie landeten in einem wirren Knäuel auf der anderen Seite, Drake oben auf Grace. Eine Sekunde lang war er wie betäubt und es gelang ihm nur mit Mühe, nicht in Ohnmacht zu fallen. Mit aller Kraft klammerte er sich an sein Bewusstsein. Er fühlte, dass sich Grace’ Brustkorb unter ihm bewegte, in ihren verzweifelten Bemühungen, Luft zu bekommen. Sie war bleich und schwitzte. Drake rollte sich von ihr herunter und versetzte der Tür mit letzter Kraft einen Tritt, sodass sie ins Schloss fiel.
Jetzt musste der Scharfschütze durch ein Feuer und eine dicke Wand hindurchsehen. Es war gut möglich, dass sie für ihn unsichtbar geworden waren.
Er hörte, dass gegen die Stahltür, die in den Vorraum führte, getrommelt wurde. Schreie wurden laut. Seine Männer hatten die Schüsse gehört und versuchten, zu ihm zu gelangen. Auch die Rauchmelder mussten inzwischen Alarm geschlagen haben.
Einen Augenblick lang war Drake versucht, einfach den Code einzutippen, der die Tür von innen öffnen würde, und den Rest seinen Männern zu überlassen. In diesem Zustand war er nicht fähig, Grace in Sicherheit zu
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