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Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit

Titel: Gefährliche Wahrheit - Rice, L: Gefährliche Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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der sich in einer Schaufensterscheibe spiegelte. Die feingliedrige Hand einer Frau, die ein Buch hielt. Die Gemälde waren realistisch, zart und überwältigend zugleich. Der Betrachter wurde in die Welt des Bildes hineingezogen und nicht mehr losgelassen.
    Drake hatte nicht das Wissen, um die Kunstwerke sachverständig zu beurteilen. Er wusste nur, dass jedes einzelne Werk brillant und perfekt war; dass es etwas in ihm auslöste, was er noch nie gefühlt hatte.
    Der Wagen rollte etwa drei Meter weiter, sodass ein neuer Abschnitt der Wand zu sehen war.
    Das letzte Gemälde an der Wand versetzte ihm einen Schock.
    Es zeigte einen Mann im Profil von links, in verschiedenen Erdtönen dargestellt. Das Gesicht des Mannes war hart, mit einer energischen Kieferpartie, ohne den Anflug eines Lächelns. Sein dunkles Haar war so kurz geschnitten, dass die Kopfhaut zu sehen war. Es war genau die Art Haarschnitt, wie Drake sie an der Front getragen hatte, vor allem in Afghanistan. Weit entfernt von jeglicher Hoffnung auf fließendes Wasser, hatte er sich immer Kopf- und Körperbehaarung rasiert, weil es der einzige Weg war, um Läuse zu vermeiden. Das Gesicht des Mannes ähnelte dem seinen nicht allzu sehr, aber trotzdem vermittelte das Porträt seinen Ausdruck: harsche, grimmige, unnachgiebige Züge.
    Von der Stirn aus zog sich eine gezackte weiße Narbe über den hohen Wangenknochen hinweg, gefährlich nahe am linken Auge vorbei, bis hinunter zum Kiefer, wie ein Blitz, der sich in lebendes Fleisch eingebrannt hatte.
    Nachdenklich hob Drake eine Hand an sein Gesicht. Er erinnerte sich.
    Er war eine der zahllosen Straßenratten auf den Straßen von Odessa gewesen und schlief mitten im tiefsten Winter in einem Hauseingang. Durch die Ritzen der Tür sickerte etwas Wärme hindurch, sodass er trotz der Minusgrade schlafen konnte, ohne den Kältetod fürchten zu müssen.
    Ausgehungert und in Lumpen gekleidet, war er die perfekte Beute für die Matrosen, die an Land kamen, nachdem sie monatelang in harten Schichten auf See geschuftet hatten, und jetzt betrunken durch die Straßen taumelten. Matrosen, die seit Monaten keinen Sex gehabt hatten und denen es egal war, wen sie fickten, ob Junge oder Mädchen, solange der- oder diejenige nur lange genug stillhielt. Den meisten war sogar das egal, weil der Mensch, den sie fickten, entweder gefesselt oder tot war.
    Drake wachte abrupt auf, als er den stinkenden Atem zweier russischer Seeleute auf dem Gesicht spürte. Einer der beiden hielt Drake ein Messer an die Kehle, während der andere die Hose fallen ließ und seinen langen, dünnen, puterroten Schwanz herausholte.
    Drake war der geborene Straßenkämpfer und kämpfte dann am besten, wenn er nahe am Boden kämpfen konnte. Er war mit dieser Fähigkeit auf die Welt gekommen und hatte sie durch Beobachtung und Praxis noch verfeinert. Den Kerl mit dem Messer brachte er zu Fall, indem er die Beine spreizte, dann ließ er sich mit aller Kraft gegen die Knie des zweiten Mannes fallen, der von der Hose, die ihm um die Beine hing, behindert wurde. Auch der stürzte schwer zu Boden, und sein Kopf traf mit einem Übelkeit erregenden Krachen auf den rissigen und löchrigen Asphalt.
    Sogleich wandte sich Drake erneut dem ersten Mann zu, der inzwischen wieder auf den Beinen war und sein Messer vor sich hielt, als ob er Profi wäre – mit der Schneide nach unten. Die Chance, einen Messerkampf mit bloßen Händen zu überleben, stand gleich null. Drake wusste, er musste schleunigst etwas tun, um seine Aussichten zu verbessern, irgendetwas Unerwartetes.
    Er warf sich nach vorn und stürzte sich direkt in das Messer. Die Klinge schlitzte ihm das Gesicht auf, aber in seiner Überraschung lockerte sich der Griff des Matrosen. Drake gelang es, ihm das Messer aus der Hand zu winden, und er stieß es bis zum Griff ins Auge des Mannes.
    Der Matrose fiel zu Boden wie ein Stein.
    Drake stand über ihm, keuchend. Sein Blut tropfte auf das Gesicht des Mannes. Dann zog er das Messer aus dem Schädel des Angreifers und wischte es an der zerfledderten Jacke des Mannes sauber.
    Er nahm beiden Männern die Messer ab. Eines war ein nozh razvedchika , ein russisches Kampfmesser. Das andere war ein finnisches Puukko-Messer, sehr selten in dieser Gegend und sehr kostbar. Er tauschte die beiden Messer im Hafenviertel von Odessa gegen zwei Waffen ein – eine Skorpion-Maschinenpistole und ein AK -47 – , inklusive Munition und Schießunterricht. Beide bekam er relativ

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