Gefaehrliche Ziele
reichte bis unmittelbar an die Grenze der ComStar-Forschungseinrichtung.
»Ich habe mir Ihre Akte angesehen. Ich muss sagen, das war sehr beeindruckend. Sie haben gerade das neue Programm am DeBurke-Institut abgeschlossen, ist das richtig?« Präzentor Buhl sah von dem Ordner auf, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag und schloss demonstrativ den Deckel, sodass Tucker nicht sehen konnte, was er gelesen hatte.
»Ja, das stimmt. Heute Nachmittag erst - aber das wissen Sie natürlich. Ich habe als Klassenbester abgeschlossen.« Ihm war richtig warm geworden. Tucker wusste, dass das reine Nervensache war, aber dieses Wissen half ihm auch nicht abzukühlen. Und trotz aller Ermahnungen, die er sich auf dem Korridor gegeben hatte, redete er immer noch zu schnell.
»Um genau zu sein«, stellte der Präzentor gelassen fest und fixierte sein jüngeres Gegenüber, »haben Sie das Gymnasium drei Jahre früher abgeschlossen, innerhalb von zwei Jahren den Bakkalaureus, ein Jahr später den Magister und nach weiteren drei Jahren den Doktor erworben. Nach diesem Werdegang zu schließen, müssen Sie so was wie ein Wunderkind sein, mein Junge, was?«
Tucker schluckte, seine Kehle aber blieb staubtrocken. »Ich würde das nicht so sehen, Herr ... äh ... Präzentor. Ich habe mich nur auf meine Arbeit konzentriert, das ist alles.«
Buhl warf ihm einen schrägen Blick zu. »Das De-Burke-Institut ist unser neuestes Ausbildungsprogramm. Es vermittelt unsere jüngsten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Hyperpulstechnologie. Alle Ihre Dozenten sind derselben Meinung: ComStar kann Ihnen nichts mehr über interstellare Kommunikation beibringen.«
»Danke.«
Präzentor Buhl zögerte einen Augenblick, als müsse er seine nächsten Worte erst überdenken. »Tucker, wissen Sie, wofür ich hier bei ComStar zuständig bin?«
Tucker nickte hastig. »Jawohl. Sie leiten Spezialprojekte für Prima Mori. Die ganze Klasse redet darüber, einen Termin bei Ihnen zu bekommen. Sie sind für alles zuständig, was an der Front der Forschung und Entwicklung steht.«
Buhl lächelte dünn. »Das ist wohl etwas übertrieben. In einer Konzernumgebung wie ComStar ist es nicht ungewöhnlich, dass die Bedeutung von Personen überbewertet wird, mein Junge. Aber es stimmt schon, dass ich die Leitung über eine Anzahl einzigartiger Projekte habe. Und wenn dann jemand wie Sie auftaucht, betrachte ich es als meine Aufgabe, die richtige Nische in unserer Organisation für ihn zu finden.« Er brachte diese Erklärung so geschliffen herüber, dass Tucker zu dem Schluss kam, der Präzentor lege Wert darauf, seine wahre Rolle in der Organisation zu verschleiern. Aber das störte ihn nicht.
»Es heißt, Sie vergeben die besten Aufträge«, stellte er nervös fest.
»Ich versichere Ihnen, auch das ist übertrieben. Allerdings habe ich in den letzten Jahren eine Menge Arbeit. Wie wir alle«, fügte er mit einem Seufzen hinzu. Genau wie jeder andere, der irgendwie mit ComStar zu tun hatte, verstand Tucker genau, worauf der Präzentor anspielte. Drei Jahre zuvor hatte die Organisation einen der schlimmsten Rückschläge in ihrer Geschichte erlitten. ComStar war der einzige Anbieter interstellarer Kommunikation in der Inneren Sphäre, und unbekannte Kräfte hatten das gesamte Netz attackiert.
ComStars Hyperpulsgeneratoren, kurz HPGs, stellten ein gigantisches Kommunikationsnetzwerk dar, das die besiedelten Systeme der Republik und der restlichen Inneren Sphäre miteinander verband. Zumindest war das bis zum 1. August 3132 der Fall gewesen, als das Netz zusammengebrochen war. Ein Computervirus hatte sich in das Programm zahlreicher HPG-Stationen eingeschlichen und bei Aktivierung der Generatoren die Sendefrequenz verändert, etwas, das bis zu diesem Zeitpunkt als unmöglich gegolten hatte. Das Ergebnis waren Tausende durchgebrannter HPG-Kerne gewesen. Die moderneren Anlagen hatten sich gegen das Virus als résistent erwiesen, waren aber zeitgleich Opfer terroristischer
Anschläge geworden. Der Angriff war so heimtückisch und flächendeckend erfolgt, dass er die Innere Sphäre - und ComStar - völlig überrumpelt hatte. Als sich der Qualm an diesem >Grauen Montag< verzogen hatte, waren keine 20 Prozent des interstellaren Kommunikationsnetzes mehr aktiv gewesen. Die Hauptbetriebsschirme ComStars hatten nur noch Schneegestöber gezeigt, woran sich dann auch nicht mehr viel änderte.
Danach folgte das blanke Chaos.
Ohne Vorwarnung waren die bewohnten Planeten des
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