Gefährlicher Chat - Wich, H: Gefährlicher Chat
Marie war für rationale Argumente überhaupt nicht zugänglich. »Ich kann ihn nicht vergessen!«
Franzi unterdrückte ein Stöhnen. »Versuch es wenigstens. Du musst dich ablenken, auf andere Gedanken kommen. Hast du Lust, morgen mit mir ins Jugendzentrum zu gehen? Wir könnten Sofie noch mal befragen. Vielleicht ist sie ja gesprächiger als beim letzten Mal und erinnert sich an ein Detail, das uns zu den Tätern führt.«
»Ich weiß nicht …«, sagte Marie und schnäuzte sich lautstark in ein Taschentuch.
Franzi ließ nicht locker. »Bitte. Gib dir einen Ruck!«
»Nein«, sagte Marie. »Ich kann das nicht. Geh mit Kim hin.«
»Wir sind aber zu dritt«, beharrte Franzi. »Lass uns nicht hängen.«
»Tut mir Leid«, sagte Marie und fing schon wieder an zu heulen. »Mach’s gut, ciao!« Damit legte sie einfach auf.
Fassungslos starrte Franzi auf den Hörer. Sie hatte ja damit gerechnet, dass Marie sich aufregen würde, aber dass sie gleich so verzweifelt sein würde, hatte sie nicht erwartet. Wie sollten sie so in dem Fall bloß weiterkommen?
Schnell schickte sie eine SMS an Kim.
Hallo Kim!
Kommst du morgen mit ins Jugendzentrum, S. noch mal befragen? Um 15 Uhr?
Nach ein paar Sekunden kam die Antwort.
Kann leider nicht. Meine Mutter schleppt uns zu einem Wohltätigkeitsfest. Ätzend!
Willst du alleine gehen? Ich ruf dafür übermorgen gleich Kommissar Peters an.
Kim
Schade. Okay, dann geh ich alleine. Bis Montag!
Franzi
Zweiter Versuch
Franzis Laune war auf dem Tiefpunkt, als sie am nächsten Nachmittag ins Jugendzentrum kam. So hatte sie sich die Detektivarbeit nicht vorgestellt: einsam und allein! Wie sollten die drei !!! denn bloß so erfolgreich ihren Fall lösen?
Ohne große Hoffnung sah sich Franzi um. Wetten, dass Sofie heute nicht da war? Das würde genau in ihre Misserfolgs-Serie passen. Doch im Internetcafé saß Sofie auf demselben Platz wie vor zwei Tagen. Franzi kam es vor, als hätte sie ihren Platz die ganze Zeit nicht verlassen und würde ununterbrochen chatten, ohne zwischendurch aufzustehen, nicht einmal, um zu essen oder zu schlafen.
»Hallo, Sofie!«, sagte Franzi.
Sofie rührte sich nicht.
»Hallo!!«, rief Franzi.
Langsam drehte Sofie den Kopf herum. Ihre Augen waren gerötet und ihr Gesicht sah schmal und blass aus.
»Geht’s dir nicht gut?«, fragte Franzi. »Denkst du immer noch an den Einbruch?«
Sofie sah Franzi mit großen Augen an. »Den Einbruch? Ach so, ja, klar.«
Komisch, dachte Franzi. Vor zwei Tagen, als sie über den Einbruch gesprochen hatten, war Sofie noch ziemlich gelassen gewesen. Aber bei manchen Leuten kam der Schock wohl erst später. Sie musste Sofie schonen. Die Arme sah schrecklich aus.
»Unser Detektivclub arbeitet weiter an dem Fall«, sagte Franzi. »Deine Mutter hat dir sicher erzählt, dass wir womöglich Fingerabdrücke der Einbrecher gefunden haben. Ist das nicht toll?«
Sofie nickte. »Ja, toll.«
»Wir finden die Täter«, sagte Franzi so hoffnungsvoll wie möglich. »Du kannst dich auf unseren Club verlassen.«
Sofie nickte wieder.
»Ist dir inzwischen noch etwas eingefallen?«, fragte Franzi.
»Nein«, sagte Sofie. »Sonst hätte ich dir gemailt.«
Franzi war sich da nicht so sicher. Sofie war so fertig und geschockt, dass Franzi den Eindruck hatte, sie wollte sie bloß abwimmeln, um wieder ihre Ruhe zu haben. Wahrscheinlich chattete sie deshalb auch wie verrückt, um sich von den quälenden Gedanken an den Einbruch abzulenken.
»Sofie«, sagte Franzi sanft, »du kannst mit mir über alles reden. Was ist für dich das Schlimmste an dem Einbruch? Hast du Angst, dass die Täter noch mal in euer Haus kommen? Das ist sehr unwahrscheinlich, glaub mir.«
Sofie schwieg und schielte auf ihren Bildschirm.
»Was bedrückt dich dann?«, bohrte Franzi nach. »Fühlst du dich nicht mehr sicher daheim? Oder hat deine MutterAngst?«
Sofie schüttelte den Kopf.
»Mensch, rede mit mir!«, sagte Franzi. »Ich hör dir zu und ich sag es auch keinem weiter, versprochen!«
Sofies Augen füllten sich mit Tränen. Und plötzlich sprudelten die Sätze nur so aus ihr heraus: »Es ist nicht der Einbruch, deshalb hab ich keine Angst. Nein, es ist viel schlimmer: Ich hab jemanden verloren, einen Freund. Ich hab ihn beim Chatten kennen gelernt. Wir haben uns so gut verstanden, haben im Chatroom gequatscht und auch geflüstert, jeden Tag, fast jede Stunde. Und jetzt ist er auf einmal weg!«
»Wie weg?«, fragte Franzi.
»Er
Weitere Kostenlose Bücher