Gefährlicher Chat - Wich, H: Gefährlicher Chat
als sie endlich aufhörten zu kichern. »So gut war der auch nicht. Aber erzähl doch mal, Powerfrau, wie heißt du in Wirklichkeit?«
Franzi reckte neugierig den Hals. Jetzt war sie aber doch gespannt, wer hinter dieser Powerfrau steckte!
»Ich heiße Nadine«, sagte das Mädchen, das sich am weitesten zu Anton vorgedrängt hatte und ihm fast schon an der Wange klebte. Nadine sah nicht im Entferntesten aus wie eine Powerfrau. Sie hatte braune, strähnige Haare und dünne Lippen, die sie die ganze Zeit völlig verkrampft aufeinander presste. Da konnte auch ihr modisches Outfit nichts mehr retten.
Anton strahlte sie an. »Nadine, hübscher Name! Und was treibst du so in deiner Freizeit außer chatten und skaten?«
»Ich segle«, sagte Nadine und wurde rot.
»Echt?«, sagte Anton. »Das ist ja spannend. Erzähl mehr davon!«
Nadine presste wieder die Lippen aufeinander. Dann räusperte sie sich. »Natürlich segle ich nur im Sommer, wenn es schön warm ist. Meine Eltern haben ein großes Boot. Wir fahren fast jedes Wochenende raus an den See und laden immer jede Menge Freunde zum Segeln ein. Du kannst gern auch mal mitkommen.«
Antons Augen wurden größer. »Ja, klar, super!«
Da drängte sich ein anderes Mädchen vor. »Wir haben zwar kein Segelboot, aber ein Schwimmbad zu Hause.«
Sofort wandte sich Anton ihr zu. »Ein Schwimmbad? Wow! Lea, du musst mir unbedingt deine Adresse verraten, dann komm ich mal vorbei.«
»Gern«, sagte Lea und warf Nadine einen triumphierenden Seitenblick zu. »Später, ja? Wenn wir allein sind!«
Anton nickte begeistert.
Jetzt wurde es Franzi zu viel. Rücksichtslos boxte sie sich mit den Ellbogen zu Anton durch. »Hi, schön dich zu sehen!«
Anton starrte mit offenem Mund auf ihr T-Shirt. »Das Mädchen mit der ›14‹ auf dem Shirt! Franzi!«
»Hier ist es so schrecklich laut«, redete Franzi schnell weiter. »Komm mit, da hinten bei der Sitzecke ist noch was frei.«
»Gute Idee«, sagte Anton und nahm sein Glas in die Hand.
»Hey!«, rief Nadine empört. »Du kannst uns doch nicht einfach im Stich lassen!«
»Wir waren zuerst da!«, sagte Lea und musterte Franzi abschätzig von oben bis unten.
Anton setzte wieder sein unwiderstehliches Brad-Pitt-Lächeln auf. »Keine Panik, ich bin bald wieder da. Lauft nicht weg, ja?«
»Bestimmt nicht«, sagte Nadine mit verklärtem Blick.
Lea und die anderen Mädchen nickten nur stumm.
Franzi verkniff sich ein Grinsen. Dann lief sie schnell zur Sitzecke hinüber. Marie und Kim hatten gerade erfolgreich ein knutschendes Pärchen verdrängt. Franzi und Anton schnappten sich die Plätze.
»Ich dachte mir gleich, dass du toll aussiehst«, begann Anton das Gespräch.
Franzi biss sich auf die Lippe, um nicht rot zu werden. »Danke. Wie geht’s dir so?«
»Immer besser«, sagte Anton und lächelte sie verführerisch an.
Franzi wich seinen blauen Augen aus. »Toll.« Dann sah sie sich um. »Ganz schön was los hier, was?« Dabei stellte sie unauffällig fest, dass Kim und Marie sich in der Nähe auf den Boden gesetzt hatten.
»Kann man wohl sagen«, meinte Anton. »Aber davon lassen wir uns nicht stören! Erzähl doch mehr von deinem Pony. Tinka heißt es, oder? Hat es einen eigenen Stall bei euch und eine richtige Weide?«
Langsam wurde Franzi Antons Strategie klar. Er checkte anscheinend alle Mädchen im Chatroom und auf dem Treffen hier danach ab, ob sie aus reichen Elternhäusern kamen. Klar, es musste sich ja für ihn und seine Komplizen lohnen einzubrechen!
Franzi beschloss, ordentlich zu übertreiben, obwohl ihr Zuhause im Vergleich zu Maries Wohnung ziemlich bescheiden war.
»Natürlich hat Tinka einen eigenen Stall«, sagte sie. »Er ist so riesig, da hätten noch drei andere Pferde Platz. Und die Weide ist auch großzügig. Ponys brauchen viel Auslauf, sagt mein Vater immer. Der ist Tierarzt und hat eine eigene Praxis.«
Anton hing an ihren Lippen. »Scheint ein toller Mann zu sein, dein Vater. Wie heißt er, falls ich mal einen Tierarzt brauchen sollte?«
»Dr. Winkler«, antwortete Franzi. »Stimmt, er ist toll. Meine Mutter ist aber auch voll okay. Sie ist die geborene Managerin, leitet ein fünfköpfiges Unternehmen.« Dass es sich bei dem ›fünfköpfigen Unternehmen‹ um ihre Familie handelte, band sie Anton natürlich nicht auf die Nase.
»Bewundernswert«, sagte Anton. »Ich mag emanzipierte Frauen – und Mädchen!« Dabei strahlte er sie wieder an. »Dann haben deine Eltern ja ziemlich viel Stress.
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