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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sagte Chris leise.
    Angie schaute zu Pat hinüber. »Pat, willst du nicht etwas essen? Es nützt nichts, wenn du jetzt hungerst!«
    Pat blickte auf. Sie sah so traurig aus, dass es den anderen fast das Herz zerschnitt. »Ich kann nichts essen. Da draußen liegt Tobi und stirbt vielleicht, und ich kann ihm nicht helfen. Ich will nicht mehr leben, wenn ihm etwas passiert!«
    »Pat!« Chris ging zu ihr und legte den Arm um ihre mageren Schultern. »Pat, du musst nicht gleich das Schlimmste denken. Tobi hat einen ziemlichen Schlag abbekommen, und das hat ihn das Bewusstsein verlieren lassen. Aber es ist gut möglich, dass er sich längst erholt hat. Tobi ist ein zäher, kräftiger Kerl!«
    »Aber wie er da gelegen hat!« Bei dem Gedanken daran kamen Pat schon wieder die Tränen. »So wehrlos und ausgeliefert! Wer sagt mir denn, dass dieser grässliche Kerl, der ihn niedergeschlagen hat, nicht hingeht und ihn endgültig umbringt? Oh, Chris, ich habe solche Angst!«
    Die anderen konnten sie verstehen. Sie hatten ja selber Angst um den Hund. Sie konnten sich noch gut erinnern, wie er gewesen war während ihres ersten gemeinsamen Sommers in der Eulenburg. Ein kleines Wollknäuel auf vier Beinen. Und nun war er verletzt, und niemand kümmerte sich um ihn. Er musste sich von aller Welt verlassen fühlen. Ob er ahnte, dass seine Freunde ganz in der Nähe waren?
    Draußen brach schon die Dunkelheit herein, als ein Mann erschien und die Gefangenen einzeln zum Bad begleitete. Es handelte sich um eine winzige Kammer, in der sich eine Toilette und ein Waschbecken befanden, beides nicht sehr sauber, aber immerhin funktionierend. Pat untersuchte den Raum sofort nach einer Fluchtmöglichkeit. Es gab ein schmales Fenster dicht unterhalb der Decke, aber nicht einmal dem schlankesten Menschen wäre es gelungen, sich hindurchzuwinden.
    Nachher saßen sie wieder alle zusammen, redeten nur wenig, fühlten sich erschöpft und hoffnungslos. Sie hatten keine Ahnung, was ihre Bewacher vorhatten. Wie lange wollten sie noch in dem Bauernhaus bleiben? Und wenn sie gingen, was sollte dann aus ihnen allen werden?
    Es war neun Uhr, als das Licht, das schon die ganze Zeit über bedenklich geflackert hatte, plötzlich verlosch. Mit einem Schlag war es stockdunkel. Alle fuhren zusammen.
    »Was ist das?«, rief Angie. »Haben die uns den Strom abgeschaltet?«
    »Ich fürchte, das ist ein allgemeiner Stromausfall«, meinte Manuel. »Das kommt auf Teneriffa häufig vor. Das Stromnetz ist hier zeitweise völlig überlastet.«
    »Verdammt«, sagte Angie aus tiefstem Herzen. »Jetzt sitzen wir zu allem Überfluss auch noch im Finstern!«
    Diane fing an zu weinen. Auch von Pat kam ein unterdrücktes, ersticktes Schluchzen.
    Was noch keiner wusste: Nicht nur der Strom war zusammengebrochen, auf der Nordseite der Insel funktionierten nicht einmal die Telefone in dieser Nacht. Niemand von außen würde merken, dass das Haus in La Laguna leer war.
 
    Die Männer sprachen spanisch miteinander. Carlo gab den Ton an. Sie saßen im ersten Stock des heruntergekommenen Bauernhofes zusammen, im Schein mehrerer Kerzen, denn auch sie waren vom Stromausfall überrascht worden. Carlo hatte eine Landkarte vor sich ausgebreitet. Die drei anderen Männer lauschten seinen Worten. Die elegante Frau lehnte in der Tür und beobachtete die Gruppe schweigend.
    »Das Schiff liegt in der nächsten Nacht vor Tanganana. Ein Boot wird uns abholen. Ich verlasse Teneriffa als Erster, mit den Papageien. Das Boot kehrt dann noch einmal zurück und holt die anderen.«
    »Und du glaubst, morgen ist es ungefährlich?«
    »Es fahren keine Polizeipatrouillen mehr. Nur noch vereinzelt im Abstand von vielen Stunden ein Boot. Zwischen Mitternacht und dem frühen Morgen ist es völlig ruhig. Das Risiko ist gering.«
    »Aber es besteht ein Risiko?«
    »Ja. Es wäre vernünftiger gewesen, diese Angelegenheit erst nächste Woche über die Bühne gehen zu lassen, wie es ursprünglich geplant war. Aber diese Gören sind uns in die Quere gekommen. Wir müssen verschwinden.«
    »Können die uns gefährlich werden?«
    »Irgendjemand wird sie vermissen. Wir können sie nicht ewig einsperren. Womöglich haben sie sogar jemandem erzählt, wo sie hingehen. Nein, dieses Risiko gehe ich nicht ein. Wir hauen ab!«
    »Und was machen wir mit den Kindern? Wenn wir sie freilassen, rennen die schnurstracks zur Polizei!«
    »Natürlich können wir sie nicht rauslassen. Wir lassen sie einfach sitzen. Entweder es findet sie

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