Gefährlicher Verführer
habe. Furcht ist mir durchaus vertraut. Doch ich bin immer
damit zurechtgekommen.« Trotzig hob sie das Kinn.
Darius beugte sich zu ihr
hinunter, seine Augen schimmerten wie Eis. »Du fürchtest dich davor, deine
Freiheit zu verlieren, Tempest, nicht vor mir. Du fürchtest dich vor der ungezügelten
Leidenschaft, die du in dir spürst und die der meinen gleicht. Vor diesen
Dingen hast du Angst, nicht vor mir.«
Tempest legte ihm beide
Hände auf die Brust und versuchte, ihn von sich zu stoßen. Darius rührte sich
nicht. »Vielen Dank für diese Analyse«, rief sie aufgebracht. »Was würden die
anderen sagen, wenn ich Ihnen erzählen würde, wie du dich mir gegenüber
benimmst ? Stehen sie so sehr unter deiner Fuchtel, dass sie dir helfen
würden?«
Gleichmütig zuckte Darius
die Schultern, und die Bewegung erinnerte Tempest an einen Leoparden, der sich
in der Sonne ausstreckte. »Es würde mir nichts ausmachen. Unsere Familie könnte
vielleicht auseinander brechen, unter Umständen würde es Blutvergießen geben,
doch das Ergebnis bliebe dasselbe: Ich werde dich nicht aufgeben, Tempest.«
»Ach, halt den Mund«, fuhr
sie ihn schroff an. »Wenn du mich erst einmal kennen lernst, gibt es nicht viel
Liebenswertes an mir. Ich gerate immer in Schwierigkeiten, es geschieht
einfach. Ich werde dich in den Wahnsinn treiben.«
Darius umschloss ihr zartes
Handgelenk und strich mit dem Daumen über ihren Puls. »Du bringst mich bereits
jetzt um den Verstand«, antwortete er leise. »Aber schon bald wirst du mir
gehorchen, und dann brauche ich mir keine Sorgen um dich zu machen.«
»Nicht mehr in diesem
Leben«, verkündete Tempest und warf ihm einen finsteren Blick zu. »Und da ich
nur dieses eine Leben habe, wirst du wohl eine große Enttäuschung erleben.«
In seinem leisen Lachen
schwang wieder diese spöttische männliche Arroganz mit, die ausdrückte, dass er
schon mit ihr fertig werden würde. »Nun komm, Kleines. Die anderen werden sich
bald erheben. Wenn wir unseren Zeitplan einhalten wollen, müssen wir heute
Nacht abreisen. Und vorher brauchen die Katzen noch Futter.« Er verriet
Tempest nicht, dass sich auch die Mitglieder seiner Familie auf die Jagd
begeben würden. Noch immer spürte er ihre tiefe Furcht, er könnte sie nur
benutzen wollen, um sich zu nähren, dass er vielleicht sogar den anderen das
Gleiche gestatten würde. Am liebsten hätte er ihr versichert, dass etwas
Derartiges nie geschehen würde, doch Worte allein konnten da nichts ausrichten,
das wusste er.
Darius streckte die Arme aus
und zog Tempest auf die Füße. Für eine Frau mit einem so eisernen Willen war
sie unerwartet leicht, sodass Darius seine enormen Kräfte zügeln musste, um sie
nicht in hohem Bogen in die Luft zu schleudern.
Tempest stand auf und machte
sich von ihm los. Während sie ihre Hände an der Jeans abwischte, warf sie ihm
einen finsteren Blick zu. Vielleicht war er daran gewöhnt, allen anderen in
seiner Umgebung Befehle zu erteilen, doch sie würde diesen Unsinn nicht
mitmachen. Und sie würde auch niemandem als Nahrungsmittel dienen. Doch am
allerwenigsten kam es infrage, dass eine dahergelaufene Fantasiegestalt
plötzlich über ihr Leben bestimmte. Zwar mochte sie über das unnachahmliche
Talent verfügen, sich ständig in Schwierigkeiten zu bringen, aber dumm war sie
nicht.
Während sie gemeinsam zum
Lagerplatz zurückgingen, warf Darius hin und wieder einen Blick in ihr
ausdrucksvolles, zartes Gesicht. Tempest konnte ihre Gedanken nicht länger vor
ihm verbergen, da er inzwischen die Besonderheiten ihres Geistes erkannt hatte.
Es geschah ihm ganz recht, dass er zunächst darin versagt hatte, Tempest zu
beschützen, denn er war viel zu selbstzufrieden gewesen. Sie war eine ungewöhnliche
Frau, doch Darius hatte nicht einmal daran gedacht, dass sie unter Umständen
weniger leicht zu kontrollieren sein könnte als andere Sterbliche. Sie dachte
viel nach, das stimmte, doch abgesehen davon verfügte Tempest über einen
faszinierenden Verstand. Sie war in der Lage, sich vollständig auf eine einzige
Sache zu konzentrieren und alle anderen Gedanken hinter sich zu lassen.
Als Tempest stolperte, legte
Darius ihr den Arm um die Schultern, obwohl sie ihm auszuweichen versuchte.
Tempest war ein sehr toleranter Mensch. Außerdem verstand sie die Überlebensinstinkte
wilder Tiere. Also würde es ihr vermutlich nicht schwer fallen, irgendwann
auch die Lebensweise der Karpatianer zu akzeptieren.
Darius wusste, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher