Gefährliches Begehren
schaute ihn an, Kampfeswille blitzte in ihren Augen. »Sie sollten Angst vor mir haben!«
»Sie« waren nicht die Einzigen. Als Stanton ihr erlaubte, ihn mit sich zu ziehen, hatte er das schreckliche Gefühl, als entglitte die Situation seiner Kontrolle.
Lady Alicia war unübersehbar zurück in der Gesellschaft.
Sie wurden die große Treppe hinauf und durch die Tür in eine große, einladende Eingangshalle geführt. Kleine Gruppen von anderen Gästen umgaben sie. Sie waren nahe genug, um sie zu beobachten, aber nicht so nahe, dass sie sich vorstellen mussten.
Die Geliebte von Lord Cross, eine hochwohlgeborene Witwe, hatte die Rolle der Gastgeberin übernommen. Alicia beobachtete, wie die Frau, die vielleicht ein paar Jahre älter sein mochte als Stanton, sich ihm mit einem Lächeln auf den Lippen näherte. Dann erkannte die Frau Alicia und zögerte.
Es war offensichtlich, dass die Hausherrin sie aus ganzem Herzen schneiden oder auf andere Weise bloßstellen wollte. Alicia lächelte noch strahlender, denn es würde nicht geschehen. Mit Lord Wyndham an ihrer Seite würde es niemand wagen, ganz egal wie schlecht sie sich benahm.
Diese Theorie gedachte sie, bis an ihre Grenzen auszuloten.
»Lord Cross«, schnurrte Alicia ihren Gastgeber an, einen stämmigen, ergrauenden Mann mit dem Gesicht eines Bluthundes. »Ihr seht heute Abend geradezu unfassbar gut aus.«
Lord Cross riss die Augen auf, dann senkte er den Blick auf Alicias Busen. Sie atmete einladend ein.
»Hm. Ja, also … danke, meine Liebe. Äh …«
Cross’ Geliebte hatte ihre Hand jetzt auf dem Arm ihres Kavaliers, und sicherlich spürte er ihre Nägel durch seinen Ärmel, so weiß leuchteten ihre Fingerknöchel.
Alicia beugte sich vor und bedachte ihn mit einem einladenden Lächeln aus ihren Katzenaugen. »Vielleicht sollten wir uns auf der Tanzfläche wieder begegnen, Mylord …«
Sie wandte sich ab und ließ Cross verwirrt und mit rotem Gesicht zurück. Seine Geliebte war weiß vor Zorn.
Es war der reizende Beginn eines Abends, der wahrlich herrlich zu werden versprach.
»Ihr seid im strafrechtlichen Sinne verrückt!«
Alicia lächelte zu Lord Wyndham auf. »Ihr wolltet mich hier. Und jetzt bin ich da.« Sie richtete sein ohnehin perfekt gebundenes Halstuch mit einer intimen Geste, die mit Sicherheit von allen Anwesenden in der Halle bemerkt wurde. »Ich werde Euren geheimnisvollen Lord finden. Aber zuerst will ich ein bisschen Spaß haben.«
Ein Lakai trat auf sie zu. »Mylord, Mylady.« Er verneigte sich tief und ging kein Risiko hinsichtlich Alicias angeblichen Statusverlustes ein. »Wenn Ihr mir bitte zu Eurem Zimmer folgen wollt.«
Alicia schluckte. Zu Eurem Zimmer? Nur wenig später stand sie in einem mintgrün und elfenbeinfarben tapezierten Schlafzimmer und schaute auf einen großen Berg gemeinsamen Gepäcks.
Sie teilte sich tatsächlich ein Zimmer.
Mit Wyndham.
9. Kapitel
A licia drehte sich zu Lord Wyndham um und wollte protestieren. Er warf seine Schreibmappe auf den zierlichen, femininen Sekretär und starrte sie abwehrend an. Offenbar war er mit der Situation nicht glücklicher als sie.
»Was habt Ihr erwartet, Lady Alicia? Es sind offenbar in letzter Minute noch ein paar zusätzliche Personen auf die Gästeliste gesetzt worden, dieses Haus ist gerammelt voll, und wir sind ein stadtbekanntes Liebespaar, nicht wahr?«
Alicia biss sich auf die Unterlippe. »Schon, aber …«
»Ich dachte, Ihr wolltet es Eurer Familie mal so richtig zeigen? Ist das nicht Euer eigentlicher Plan?«
Sie verschränkte die Arme und starrte zurück. »Unterbrecht mich nicht, wenn ich versuche, mich auf etwas Unerwartetes einzustellen.«
Sie kehrte einem weiteren ärgerlich zutreffenden Kommentar den Rücken und betrachtete das riesige – einzige! – Bett. Wenigstens bot es Platz genug für zwei.
Sie verhielt sich lächerlich. Sie war keine Jungfrau mehr und auch nicht so verzogen, dass sie niemals mit ihren Schwestern in einem Bett geschlafen hätte.
Sie holte tief Luft und atmete langsam aus. Dann ließ sie die Arme fallen und drehte sich lächelnd zu Wyndham um. »So. Ich habe mich daran gewöhnt. Wir können uns das Bett teilen.«
Er zog eine Augenbraue in die Höhe. »So flexibel,
Mylady? Man kann Eure … Anpassungsfähigkeit nur bewundern. Aber ich habe vor, im Sessel zu schlafen.«
Sie schaute sich um. »In welchem Sessel?« Es gab nur einen gepolsterten Sessel im ganzen Zimmer, einen steifen Ohrensessel neben dem Feuer. »In dem
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