Gefährliches Begehren
Ich hätte mich von Euch nicht dazu hinreißen lassen dürfen, so viel dafür auszugeben. Vielleicht, wenn ich irgendwann einmal bei Hofe eingeladen wäre …«
Garrett tätschelte ihre ungeduldig den Scheitel. »Großes Herrenhaus. Der Prinzregent. Lord Wyndhams Aufmerksamkeit.« Er starrte sie an. »Mehr ›bei Hofe‹ wird es für Euch nicht geben, Liebes.« Er wedelte mit dem Kleid vor ihr herum. »Erinnert Ihr Euch an die Sirenen? Ihr müsst Lady Dryden in den Schatten stellen!«
Alicia ließ den Kopf sinken und verbarg ihr Gesicht im Kissen. »Oh, verdammt«, murmelte sie undeutlich. »Da wäre es ja leichter, die Sonne in den Schatten stellen zu wollen.«
»Genau. Und deshalb werdet Ihr das Goldene anziehen.«
»Ja, Mami«, sagte Alicia zerknirscht. Dann kam ihr eine andere Idee. »Wird Lady Dryden nicht alle um den Verstand bringen wollen?«
Garrett schüttelte den Kopf. »Nicht hier. Überhaupt würde es mich gar nicht wundern, wenn sie heute Abend eher zurückhaltend gekleidet wäre. Sie wird nicht auffallen wollen, als könnte sie es verhindern. Ich weiß zwar nicht, warum diese drei hier sind, aber ganz bestimmt nicht wegen der Orgie.«
»Deshalb bin ich auch nicht hier«, sagte Alicia sturköpfig. »Ich bin hier, um England vor einer Verschwörung zu bewahren … zumindest war ich das.« Sie rollte sich auf den Rücken und schaute in den Betthimmel über ihrem Kopf. »Wyndham mag noch nicht einmal meine Hand berühren.«
Garrett schüttelte das schimmernde Kleid aus. »Das bedeutet, dass er es nicht wagt, Euch zu nahe zu kommen. Ein ausgezeichnetes Zeichen.« Er warf ihr einen Seitenblick zu. »Ihr habt mir nie erzählt, was genau gestern Nacht zwischen ihm und Euch vorgefallen ist.«
Alicia stöhnte und barg das Gesicht in den Händen. Niemals. Nicht einmal Garrett. »Lasst es uns dabei belassen, dass er es wagte, mir zu nahe zu kommen.«
»Na schön. Wenn Ihr so geizig mit den Details seid, dann muss ich es wohl meiner überaus ausschweifenden Phantasie überlassen.«
»Ach, erspart mir Eure ausschweifende Phantasie. Ich selbst verfüge über genug davon, vielen Dank.« Sie ließ die Hände von ihrem Gesicht gleiten, hielt die Augen aber weiterhin geschlossen. »Heute Nachmittag glaubte ich fünf Minuten lang, er wäre verheiratet. Es waren die längsten fünf Minuten meines Lebens.«
Sie fühlte Garretts Gewicht auf der Matratze neben sich. »Süße …« Seine Stimme war unendlich sanft und ohne ihren üblichen foppenden Unterton. »Meine Hübsche, Ihr wisst doch, dass er Euch niemals …«
Alicia öffnete die Augen und lächelte Garrett an. »Er würde mich nie heiraten, ich weiß. Ich bin nicht die Sorte Frau, die jemand wie er heiraten würde. Ich bin nicht die Sorte Frau, die überhaupt ein Mann je heiraten würde, glaube ich.«
Garrett strich ihr übers Haar. »Ich werde Euch heiraten, Kleines. Wir schnappen uns Wyndhams Geld, und dann leben wir ein unkonventionelles, skandalträchtiges Montmartre-Leben, nur eben in London, nicht in Paris. Ich werde hundert Verehrer haben und Ihr noch mehr. Ihr werdet in die Geschichte eingehen als der Skandal des Jahrhunderts.«
Alicia griff nach seiner Hand. »Und Ihr als der bestgekleidete Mann des Jahrhunderts.«
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Absolut.« Er stand auf. »Aber bis dahin gibt es keinen Grund auf dieser Welt, warum Ihr nicht eine wilde, leidenschaftliche Affäre mit dem mächtigen Lord Wyndham haben solltet.« Er hob das goldene Kleid wieder auf. »Und das hier tragt.«
Eine Affäre. Es war ein herrlicher, erschreckender, köstlicher Gedanke.
Die Wahrheit war, dass sie es ruhig versuchen könnte. Die Welt hielt sie ohnehin schon für eine äußerst verruchte Person. In deren Augen war sie kaum besser als eine Dirne – vielleicht sogar schlechter, denn sie war gewissermaßen mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden.
Eine Affäre.
Noch besser: eine Affäre mit Wyndham.
Wenn sie schon in die Hölle musste, dann wollte sie auf dem Weg dorthin wenigstens ihren Spaß haben. Sie könnte an dem Quell heftiger Leidenschaft teilhaben, die tief im Innern dieses schönen Mannes sprudelte. Wie hatte sie so
blind sein können und die Leidenschaft hinter Wyndhams kühler Selbstbeherrschung übersehen können? Wie konnte es sein, dass sie diese vulkanische Hitze so dicht unter der Oberfläche seines Wesens nicht sofort verspürt hatte? Auch sonst schien sich niemand dessen bewusst, sodass es ihr kleines, ungeziemendes,
Weitere Kostenlose Bücher