Gefaehrliches Schweigen
strengen Blick zu.
„… du bist ja schließlich ein Mann.“
„Na ja, vielleicht hast du recht“, sagte er und nickte.
„Ich kann es gar nicht mehr abwarten, bist ich endlich Auto fahren darf!“, seufzte ich.
„Geduld, Geduld! Wir besorgen dir die Übungsgenehmigung so bald wie möglich.“
„Bis dahin dauert es ja noch ewig!“
„Die Jahre vergehen schnell, wenn man so viel Spaß hat wie wir beide“, sagte er mit breitem Grinsen. „Jetzt fahren wir besser zurück, sonst glauben die noch, wir hätten den Wagen geklaut!“
Zuerst lachte er herzlich über seinen eigenen Scherz, doch dann erstarrte er plötzlich.
Die Spannung hing zitternd in der Luft.
„Ich hab nichts gestohlen, Papa“, sagte ich leise.
Er seufzte.
„Aber Svea …“
„Du musst mir glauben!“
„Das will ich ja, aber …“
Er wandte mir den Kopf zu und sah mich an. Im selben Moment glitt das Auto vor uns unerwartet in unsere Fahrspur. Papa musste eine Vollbremsung machen.
„Verdammter Penner!“, fluchte er. „Benutz gefälligst deinen Blinker! Hast du überhaupt einen Führerschein?! Idiot …“
„Papa!“, sagte ich flehend.
Zuerst sagte er nichts. Ich ließ ihn in Ruhe nachdenken, obwohl es mir vorkam wie eine wahre Ewigkeit.
„Es sieht dir gar nicht ähnlich“, gestand er schließlich.
Er strich mir übers Knie.
„Das wird schon, keine Bange“, sagte er aufmunternd.
„Das hoffe ich.“ Ich blickte starr geradeaus.
Eine Zeit lang blieb es still.
„Hast du das gemerkt?“, fragte Papa dann.
Ich sah ihn erstaunt an.
„Was denn? Dass du über diesen verdammten Penner geflucht hast …“
„Ja, schon, das war doch kein Wunder, oder? Aber es war tatsächlich dieses Auto, das von sich aus gebremst hat. Ich sag nur eins, adaptiver Geschwindigkeitsregler!“
Er sah mich mit einem zufriedenen Nicken an, als wäre es seine eigene Erfindung, und hielt mir dann einen langen Vortrag über sämtliche Raffinessen des Wagens.
Ich hörte zerstreut zu. Es war mein sehnlichster Wunsch, dass Papa tatsächlich an meine Unschuld glaubte. Er sollte es nicht nur behaupten, weil er mir glauben wollte.
SONNTAG
Der restliche Samstag verlief friedlich. Wahrscheinlich hatte Papa mit Mama über unser Gespräch im Auto geredet, sie ließ mich nämlich in Ruhe, obwohl sie mich bestimmt am liebsten noch mehr ausgehorcht hätte.
Am Abend liehen wir einen Film aus, als wäre nichts vorgefallen.
Aber als ich am Sonntagmorgen aufwachte, war mir klar, dass ich nicht weiterkommen würde, wenn ich alle Probleme verdrängte. Vielmehr war es an der Zeit, sie anzupacken.
Als Erstes schrieb ich eine Liste über alle unerklärlichen Vorfälle, die im Laufe der Woche passiert waren, angefangen mit dem Brand in der Tannenhecke bis hin zu den Ohrringen, die ich in meiner eigenen Schultasche gefunden hatte. Die Liste wurde überraschend lang.
Dann versuchte ich, irgendwelche Zusammenhänge herzustellen, doch das gelang mir nicht besonders gut. Meine Gedanken bewegten sich schwerfällig und landeten immer wieder in derselben Spur. Ich sah ein, dass ich Hilfe brauchte, und zwar von jemandem, dem ich vertrauen konnte.
Die Versuchung, Linus anzurufen, war groß. Er ist zwar kein Spezialist für die Lösung vertrackter Rätsel, aber ich sehnte mich einfach danach, seine Stimme zu hören.
Doch stattdessen rief ich Jo an. Sie ist Weltmeisterin im Zuhören.
Diesmal klang sie allerdings müde. Sie war am Abend zuvor spät von einem Reitturnier nach Hause gekommen, hörte aber trotzdem brav zu, als ich über Simons idiotische Mutter und deren Besuch bei uns Gift und Galle spie.
Als ich zu guter Letzt geendet hatte, stöhnte sie laut auf.
„Also wirklich! Als ob du was klauen würdest!“
„Na ja, hab schon mal Süßigkeiten gemopst!“
„Wer hat das nicht.“
„Aber geschlagen hab ich ihn nicht.“
Sie schwieg eine Weile.
„Jetzt reg dich bitte nicht auf, aber du warst schließlich stinksauer auf Simon …“
Ich holte tief Luft, um zu protestieren.
„Ich dachte bloß“, fuhr sie schnell fort.
„Tu das lieber nicht. Davon kriegst du bloß Falten!“
„Ich hab doch gesagt, du sollst dich jetzt nicht aufregen.“
„Wann denn dann?“
„Ich werd ja noch fragen dürfen.“
„Und ich werd ja noch sagen dürfen, dass ich dich bescheuert finde!“
„Das bin ich aber nicht! Ich hör dir doch zu. Okay?“
Ich seufzte. Sie hatte ja recht.
„Okay.“
„Hey, wann hast du deinen Rucksack das letzte Mal
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