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Gefaehrliches Schweigen

Gefaehrliches Schweigen

Titel: Gefaehrliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ritta Jacobsson
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etwas weiter weg. Nur die zwei.
    Linus.
    Und ein Mädchen.
    Ein hübsches Mädchen.
    „Wenn Blicke töten könnten“, sagte Jo.
    „Wer ist die da?“
    „Eigentlich bist du doch die Detektivin. Aber sie heißt Paulina.“
    „Was macht sie hier?“
    „Sie ist neu in Linus’ Klasse. Ihre Eltern haben sich scheiden lassen. Außerdem gab es in ihrer alten Schule irgendwelchen Ärger.“
    Paulina war ein fröhliches Mädchen. Sie lachte über etwas, das Linus gesagt hatte. In meinen Ohren klang es affektiert. Und Linus benahm sich wie der letzte Obertrottel und grinste sie pausenlos an. Komisch, dass er keinen Muskelkater in den Mundwinkeln bekam!
    „Bestimmt haben die in der alten Schule gedacht, solche modelmäßigen Zicken können wir hier nicht brauchen!“
    Jo lachte.
    „Stimmt, sie sieht total super aus! Ich kann mir kaum vorstellen, dass so ein Mädchen gemobbt wird.“
    „Woher weißt du so viel über sie?“
    „Sie reitet.“
    Das erklärte alles. Alle, die reiten, kennen sich untereinander.
    „Ist sie gut?“
    „Jedenfalls war sie das früher, aber ich hab sie schon länger nicht bei einem Turnier gesehen.“
    „Bestimmt geht sie Linus jetzt mit Pferdegelaber auf den Geist“, vermutete ich hoffnungsvoll.
    „Bestimmt“, tröstete Jo.
    Als es wieder zum Unterricht läutete, liefen wir nur ein paar Meter hinter den beiden her, aber Linus sah nicht zurück. Er hatte nur Augen für sie.
    Im Schulhaus zog Paulina ihre Jacke aus und warf sie sich über die Schulter. Ihr dichtes blondes Haar schwang im Takt mit ihren Schritten und glänzte im Schein der kahlen Neonröhren.
    Sie trug Jeans und T-Shirt. Genau wie ich. Nichts Auffallendes, nichts Peinliches mit dussligen Texten auf der Brust, wie „Mamis Schätzchen“ oder so.
    Aber im Vergleich zu ihr sah ich wie eine Pennerin aus. Ihre Jeans und ihr Top schmiegten sich wie eine zweite Haut an ihren schlanken Körper.
    Da kam mir eine Idee.
    Not macht erfinderisch, wie Opa immer sagt. Als ich am Nachmittag nach Hause kam, steckte ich meine Jeans in die Waschmaschine, drehte den Regler auf 90 Grad und drückte auf den Startknopf.
    Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und versuchte mich auf den morgigen Mathetest vorzubereiten, obwohl sich meine Gedanken ständig nur um eine einzige Person drehten. Aber ausnahmsweise nicht um Linus.
    Sondern um Paulina.
    Ich sah mich selbst schon in meinen hautengen Jeans. Ein einzigerBlick auf mich würde genügen, um Linus davon zu überzeugen, dass ich diejenige bin, für die sein Herz schlägt.
    Als ich in einem tapferen Versuch, mich in die verwaschen blauen, frisch geschleuderten Hosen hineinzuzwängen, auf dem Fußboden lag und mich wie ein Wurm wand, stellte ich fest, dass meine Jeans vorher definitiv bequemer gewesen waren, vor allem war es einfacher gewesen, sie anzuziehen.
    Anfangs konnte ich nicht einmal sitzen damit, doch nachdem ich eine Zeit lang durchs Zimmer gestakst war, dehnte sich der Stoff. Um den Bauch herum spannte er allerdings noch, ehrlich gesagt, sogar sehr.
    Aber vor dem Spiegel fühlte ich mich zufrieden. Die Jeans klebten an den Beinen und mein Po sah schön klein aus. Kleiner als der von Paulina. Ich drehte mich hin und her und genoss den Anblick. Ha!
    Dann schminkte ich mich genau wie Paulina, trug jede Menge Lidschatten auf, Mascara und Lipgloss.
    Über das T-Shirt kamen noch ein Rolli und eine Fleeceweste, bevor ich die Steppjacke überzog und die Füße mit einem Paar Extrasocken in die Stiefel presste. Als Abschluss eine Mütze auf den Kopf.
    Während ich hinausging, träumte ich von Linus’ bewundernden Blicken auf mein perfekt geschminktes Antlitz und meine superschlanken Beine.
    „Brrr“, sagte er, zog den Reißverschluss ans Kind hinauf und die Mütze bis über die Ohren.
    „Gehen wir?“
    Kein Wort darüber, dass ich hübsch aussah. Ich weiß nicht, ob er überhaupt bemerkte, dass ich geschminkt war.
    Aber immerhin quatschte er aufgekratzt über eine Fernseh-Serie, die ich zwar nicht gesehen hatte, aber sofort beschloss, regelmäßig anzuschauen.
    Ich versuchte mir einzureden, seine Redseligkeit habe damit zu tun, dass er gern mit mir zusammen war. Aber eine Stimme in meinem Innern flüsterte etwas anderes. So ausgelassen war er sonst nie gewesen.
    Außer auf dem Schulhof.
    Heute.
    Mit Paulina.
    Vielleicht stellte er sich vor, er würde mit ihr reden, während er mit mir durch die Gegend trabte.
    Plötzlich fühlte ich mich gekränkt.
    Aber ein klein wenig glücklich war ich

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