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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Pickens
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hinderte sie daran, unter die stampfenden Hufe zu stürzen. Als das verängstigte Tier sich aufbäumte, ließ sie sich an der Flanke hinuntergleiten und griff nach dem Riegel der Kutschentür. Das Messing ruckte und schlingerte, als die Räder durch ein Schlagloch holperten, aber der Griff hielt stand.
    Schmerz durchzuckte die Schulter, als ihr Körper gegen das lackierte Holz schlug. Hinter den Fenstern ertönte ein markerschütternder Schrei. Shannon schwang die Beine hoch, ließ das Glas mit einem Tritt zersplittern und kletterte ins Innere der Kutsche.
    Lady Sylvias Gesicht war so blutleer wie Marmor, als sie versuchte, unter Helen Talcott hervorzukrabbeln, die in tiefe Ohnmacht gefallen war. Annabelle achtete nicht auf die Notlage ihrer Schwester und stieß wieder einen durchdringenden Schrei aus. »Stephen! Stephen!«
    Shannon stieß sie mit dem Ellbogen beiseite und duckte sich unter das gegenüberliegende Fenster. »Hören Sie auf zu jammern!«, befahl sie, zerschlug das Fenster mit ihrer Pistole und ließ den Blick über die Straße schweifen. Nichts.
    »Geht es euch beiden gut?« Hastig musterte sie die Kinder. Prescott hatte den Arm um seine Schwester gelegt, aber davon abgesehen verhielten sie sich bemerkenswert ruhig.
    »Ja, Miss Sloane«, antworteten sie wie aus einem Munde.
    »Aber Sie haben sich das Handgelenk zerschnitten«, fügte Emma beunruhigt hinzu, »und auch die Wange.«
    »Nichts als ein paar Kratzer, kleine Elfe.« Shannon wischte sich das Blut ab. »Mach dir keine Sorgen.«
    »Warum haben Sie eine Pistole?«
    Shannon zögerte kurz. »Piraten. Sie versuchen, an Bord zu gelangen und uns zu fangen, damit sie ein Lösegeld erpressen können. Ich will sie in die Flucht schlagen.«
    Inzwischen trottete das führerlose Gespann nur noch im Schritttempo dahin. »Kinder, verhaltet euch mucksmäuschenstill. Rührt euch nicht.« Sie öffnete die Tür. Weit und breit kein Feind in Sicht. Wer von beiden würde den ersten Zug wagen?
    Explosionsartig kam die Antwort. Hinter einem Ginsterbusch brach eine Gestalt hervor und stürzte zwischen die angeschirrten Pferde.
    Verdammt! Der Schusswinkel war ungünstig. Und sobald sie den Boden betrat, würde sie ein leichtes Ziel abgeben; aber falls es dem Kerl gelang, auf den Kutscherstand zu klettern, hätte er die Oberhand gewonnen.
    Rühr dich nicht, bis der Vorteil auf deiner Seite ist, lautete ein Grundsatz Sun Tzus. Der Klammergriff ihrer Hand wurde stärker, die Kutschentür quietschte in den Angeln. Shannon fühlte sich wie bei einer komplizierten Stellung beim Blitzschach, musste im Bruchteil einer Sekunde über ihren Gegenangriff entscheiden - Bauer, Turm, Dame, Pferd.
    Pferd. Sie hielt die Tür wie einen Schutzschild vor sich und wagte sich genau so weit hervor, dass sie sehen konnte, wie der Angreifer auf den Sitz kletterte.
    Beide feuerten in der gleichen Sekunde.
    Der Mann duckte sich blitzartig, aber die Kugel traf seine Waffe, schleuderte sie ihm aus der Hand, während sein Schuss gegen das Türholz prallte - dessen Härte sich auszahlte, denn die Bleikugel sprang ins Gras auf dem Seitenstreifen, ohne irgendwelchen Schaden anzurichten.
    Shannon zog die zweite Pistole, sprang zu Boden und um das vordere Rad herum. Die Pistole des Mannes lag im Dreck, aber am zersplitterten Kolben klebte Blut. Sie hatte also den ersten Treffer gelandet.
    Beim Geräusch sich entfernender Schritte drehte sie sich um, gerade noch rechtzeitig, um die Gestalt im Gebüsch verschwinden zu sehen.
    Shannon atmete tief durch. Und fluchte dann herzhaft. Das Geschirr der Pferde war durchgetrennt worden und damit nutzlos. Ein Dreckskerl. Aber klug. Und jedes Schwert war gewöhnlich zweischneidig. Mochte sein, dass ihr eigenes Pferd durchgegangen war; aber warum darauf zu warten, welche Trümpfe der Mann noch aus dem Ärmel zog?
    Shannon griff nach dem Joch, das nicht so stark gelitten hatte, und befreite das Tier aus seinem Geschirr. Auf dem Rücken des Pferdes kämen sie schneller voran und hätten mehr Möglichkeiten, spontan zu handeln. Eine schaukelnde Kutsche, die auf eine gewundene Straße gezwungen war, bot ein viel zu leichtes Ziel. Sie entknotete die Zügel und führte das Pferd seitlich an die Kutsche.
    »Wirf die Decke rüber, Scottie.« Shannon legte sie gefaltet über den Rücken des Pferdes. »Und jetzt hilf deiner Schwester zu mir herüber.«
    Wieder begann Annabelle zu schluchzen, ein hohes durchdringendes Jammern. Helen war immer noch ohnmächtig.
    »Gut gemacht.«

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