Gefährliches Spiel der Versuchung
schob die innere Missstimmung beiseite, warf zwei elfenbeinerne Würfel in die Luft und fing sie mit gespieltem Draufgängertum wieder auf. »Im Kartenschrank ist mir ein Backgammon-Brett in die Hände gefallen. Ich glaube, in diesem Spiel werden Sie eine interessante Mischung aus Glück und strategischem Denken finden können.«
»Sie machen mich überaus neugierig, Mr. Oliver.« Lady Sylvia ließ den Schwestern keine Zeit zu antworten. »Es wäre mir ein Vergnügen, meinen Verstand mit Ihrem zu messen.«
»Eine bedauerliche Entgleisung, die Manieren betreffend«, murmelte der Comte. »Ich möchte mich für meine Freunde entschuldigen.«
»Es gibt nichts, wofür Sie sich entschuldigen müssten.« Shannon erlaubte ihm, sie zur Brüstung zu begleiten. Der Abend war kühl, aber klar, und die Sterne leuchteten hell am dunklen Himmel. Sanft schickte die Mondsichel ihr weiches Licht auf die dekorativen Vasen und den geschlungenen Efeu. »Schließlich waren es nicht Sie, der es an gutem Benehmen hat missen lassen.«
»Dann trifft mich also keine Schuld, nur weil ich auch zur Gruppe gehöre?«
»Ich glaube fest daran, jeden Menschen nach seinen eigenen Verdiensten zu beurteilen.«
»Zu freundlich, Miss Sloane.« Er berührte ihre Hand, ließ keinen Zweifel an seinen Absichten. »Mehr als freundlich.«
Shannon lehnte sich an die Steinbalustrade zurück und zog die Finger unter seinen fort.
»Ah.« Ein Lächeln spielte über seine Lippen. Es schien ihn mehr zu amüsieren als zu verärgern, dass sie seine Annäherung zurückgewiesen hatte. Alles an ihm - seine Gesten, die Kleidung, die Art, wie er den Kopf neigte, um sich von seiner besten Seite zu zeigen - legte nahe, dass er zu jenen Männern gehörte, die überzeugt waren, dass keine Frau seinem Charme lange widerstehen konnte. »Wo wir gerade über persönliche Verdienste sprachen - wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu Monsieur Oliver?«
»Warum fragen Sie?«
»Es liegt mir fern, überflüssigen Tratsch zu wiederholen. Aber die Ladys haben heute Vormittag eine recht vertrauliche Szene beobachtet. Ich bin nur neugierig, wie tief die Verbindung reicht.«
Sie hob die Schultern, ahmte seine betont nachlässige Geste nach. »Es gibt keine förmliche Abmachung, falls es das ist, worauf Sie anspielen. Das, was heute passiert ist, war nichts als eine Laune des Augenblicks. Orlov pflegt eine hohe Meinung von sich selbst, wie Sie sicher bemerkt haben. Und aus gutem Grund. Wer würde bezweifeln, dass er ein ausgesprochen attraktiver Mann ist?«
»Attraktiv, in der Tat.« Der Comte spielte mit der Uhrkette. »Gleichwohl ein untertäniger Hauslehrer. Jemand, der einer klugen jungen Frau wie Ihnen wenig zu bieten hat, es sei denn seine Küsse.«
»Und Sie haben mir mehr zu bieten?«
»Ganz sicher. Ein gemütliches kleines Nest in London und genügend Geld, um es bequem einzurichten.«
»Warum ich?«, fragte sie nach einem Moment. »Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt.«
»Ja, warum?«, wiederholte er. »Sie sind ausgesprochen zauberhaft. Und Sie haben dieses je ne sais quoi an sich. Das gewisse Etwas.«
Shannon zog die Brauen hoch.
»Die Aura des Geheimnisvollen. Es ist, als ob Sie ein unbeugsames Rückgrat haben. Unwiderstehlich. Ich gestehe, dass es mir eine echte Herausforderung bedeutet, Sie zu überzeugen, sich dem Vergnügen hinzugeben.«
»Sie scheinen sehr von sich überzeugt.«
»Wenn ich mich einmal auf ein Spiel eingelassen habe, bin ich es nicht gewohnt, zu verlieren«, erwiderte der Comte.
»Es mag Menschen geben, die solches Verhalten als Arroganz bezeichnen, Monsieur De Villiers.«
»Und andere wieder als Aufrichtigkeit. Und, Hand aufs Herz, wie würden Sie es nennen, Miss Sloane?«
Shannon lächelte. »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe noch nicht entschieden, was ich davon halten soll, Sir«, erwiderte sie im selben samtigen Tonfall.
»Eine Frau, die sich die Zeit nimmt und sich alles in Ruhe durch den Kopf gehen lässt.« Er nickte. »Ausgesprochen klug.«
»In meinem Beruf gibt es viel zu viele Fallgruben. Wäre ich nicht wachsam, würde ich mir meinen Lebensunterhalt nicht selbst verdienen können.«
»Und doch kann ich keinerlei Bitterkeit aus Ihren Worten heraushören«, meinte der Comte bedächtig. »Obwohl die grausamen Launen des Schicksals Sie allein in der Welt zurückgelassen und gezwungen haben, sich Ihr Leben durch Arbeit zu verdienen.«
»Jammern ist Zeitverschwendung.«
»Manche sollten sich an Ihnen ein Beispiel
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