Gefährliches Spiel der Versuchung
das ist es.« Shannon beugte sich über das Mädchen, um die Buchstaben zu begutachten. »Das machst du sehr gut. Versuch doch, die Finger ein wenig näher an die Feder zu schieben. Ich glaube, dann wird es dir leichter fallen, den Bogen schwungvoll zu schreiben.« Sie blätterte eine neue Seite im Übungsheft auf. »Und jetzt schreib den Abschnitt bitte noch einmal ab. Übung macht den Meister.«
Nachdem Emma sich seufzend an die Arbeit gemacht hatte, konnte Shannon nicht widerstehen, sich auf den Korridor zu schleichen, um einen schnellen Blick in das angrenzende Klassenzimmer zu werfen. Orlov und Prescott waren damit beschäftigt, sich den Globus anzusehen, dessen langsame Drehung unter der Berührung des Lehrers ihre eigenen unruhigen Gefühle zu spiegeln schien. Der Russe besaß das Talent, sie aus dem Gleichgewicht zu werfen.
Krieg ist das Tao der Täuschungen.
Shannon rief sich das grundlegende Gebot Sun Tzus ins Gedächtnis und war sich einmal mehr bewusst, wie schnell der kleinste Fehltritt eine Katastrophe auslösen konnte.
Zwischen Orlovs leidenschaftlichen Küssen und den samtigen Tändeleien des Franzosen musste es ihr gelingen, ihren Weg mit festem Schritt zu gehen.
»Was für einen hübschen kleinen Pavillon Sie unten am See haben, Lady Octavia«, meinte Helen fröhlich, während sie im Salon herumspazierte und auf den Tee wartete. »Heute Vormittag haben wir einen kleinen Spaziergang dorthin gemacht und eine sehr angenehme Stunde damit verbracht, die Aussicht zu genießen.«
»Der vierte Lord McAllister war ein großer Bewunderer der griechischen Architektur«, erläuterte die Witwe, ohne den Blick von ihrem Buch zu heben.
»Es ist ein zauberhaftes kleines Boot an den Stufen vertäut«, fuhr Helen fort, hatte die Worte nun aber direkt an die Gentlemen der Gruppe gerichtet. »Ob wir wohl jemanden überzeugen können, uns eines Nachmittags über das Wasser zu rudern?«
»Ich würde mich glücklich schätzen, Sie rudern zu dürfen, falls Ihre Freunde es vorziehen, sich in den freien Stunden der Jagd zu widmen«, bot Orlov rasch an.
Jervis, der zusammen mit Talcott und dem Comte eine Mappe mit losen Zeichnungen und Stichen durchblätterte, legte das Blatt mit einem Falken zur Seite. »Was für ein liebenswerter Mensch Sie sind, Mr. Oliver«, stieß er mit kaum verhülltem Schnauben aus, »aber ich hatte angenommen, dass Ihre Pflichten im Klassenzimmer Ihnen solche Freiheiten nicht gestatten.«
»Oh, ich bin überzeugt, dass ich meinen Stundenplan so einrichten kann, dass ich sowohl den Bedürfnissen der Schüler als auch denen der Ladys gerecht werde.« Wie beabsichtigt, hatte der Lord aus London den Vorschlag als anmaßend empfunden.
»Liebenswürdig, in der Tat.« Lady Sylvia hingegen schien solche Bedenken nicht zu hegen. Ihr Gemurmel klang eher nach einem Schnurren. »Wir sind höchst erfreut, Ihr freundliches Angebot annehmen zu dürfen. Vielleicht schon morgen?«
»Aber meine liebe Sylvia, ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, morgen unseren Wettbewerb im Bogenschießen abzuhalten«, erinnerte der Comte. »Wir Gentlemen sollten unsere Fertigkeiten verbessern, bevor wir uns in die Heide wagen.«
»Ah. Ja. Ganz recht, Arnaud. Wie habe ich das nur vergessen können?« Lady Sylvia schien sich der Anspannung bewusst, die sie provoziert hatte. Und nicht in Eile, die Wogen wieder zu glätten. »Dann an einem anderen Tag, Mr. Oliver.«
»Stets zu Diensten, Mylady. Nennen Sie nur Tag und Stunde.«
»Nun, dann.« Sie spielte mit dem Ende ihres Schultertuchs. »Vielleicht sind Sie einverstanden, den Ladys während des morgigen Wettbewerbs als Sekundant zu dienen? Schließlich haben die Gentlemen den festen Willen, uns besiegt zu sehen, sodass wir nicht mit einem gerechten Spiel rechnen können.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen eine Hilfe zu sein.«
»Wenn mein Bruder doch nur solche geschliffenen Manieren hätte! Aber er kümmert sich mehr um Clubs und Kartenspiele als um seine Schwestern.« Annabelle zog einen Schmollmund. »Ich könnte beschwören, dass er nur an sich denkt und niemals an unsere Vergnügungen. Wie selten bietet er an, uns durch den Park zu kutschieren oder uns auf einen Ball zu begleiten, obwohl er doch genau weiß, wie sehr wir solchen Zeitvertreib schätzen!«
Talcott ging zur Anrichte. »Wenn du dich mehr wie eine echte Lady benehmen könntest anstatt wie ein ungezogenes Schulmädchen, wäre ich wohl eher geneigt, solchen Launen nachzugeben. Nun, dein
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