Gefährliches Spiel

blinzelte bei Nicks dringlichem Tonfall. „Ein … rosa Nachthemd. Rosa Hausschuhe.“
    „Gut.“ Nick nickte. „Haben Sie alle Türen überprüft?“
    Onkel Franklin sah ihn verwirrt an. „Nein. Nein, daran habe ich gar nicht …“
    Nick wandte sich ihr zu. „Charity“, sagte er scharf. „Zeig mir alle Türen, die nach draußen führen. Schnell. Wenn sie rausgegangen ist, ist sie in Schwierigkeiten. Wenn sie nicht rausgegangen und noch im Haus ist, wird es ihr noch eine Weile gut gehen. Also müssen wir zuerst ausschließen, dass sie das Haus verlassen hat.“
    Charity führte ihn durch das riesige Haus. Er überprüfte sorgfältig jede Tür und ging dann weiter. Die bodentiefen Fenster in Onkel Franklins Arbeitszimmer waren leicht geöffnet, die schweren dunkelroten Vorhänge bewegten sich im Wind.
    Nick wandte sich ihr mit einem harten Gesichtsausdruck zu. „Hier ist sie rausgegangen. Bleib bei deinem Onkel. Sorg dafür, dass er etwas Whiskey trinkt. Er steht leicht unter Schock.“
    Charity sog empört die Luft ein. „Ich komme mit dir! Wir müssen sie zusammen suchen. Ich kenne das Gelände ganz genau und du nicht. Und außerdem sind zwei Personen besser als eine.“
    „Nein.“ Nick schüttelte kurz den Kopf. „In diesem Fall sind zwei schlechter als eine. Du hältst mich nur auf. Vertrau mir, ich weiß, was ich tue. Deine Aufgabe ist es, dich um deinen Onkel zu kümmern. Wenn ich deine Tante finde, wird sie unterkühlt sein. Ob stark oder leicht hängt davon ab, wie lange sie draußen war. Wir werden viele warme Decken brauchen. Setz einen großen Topf Wasser auf. Sorg dafür, dass eine Tasse mit gesüßtem heißem Tee bereitsteht.“
    Sie öffnete den Mund, um ihm zu widersprechen, und er umfasste ihre Schultern fest mit seinen großen Händen und schüttelte sie. „Decken. Ein großer Topf mit kochendem Wasser. Tee mit Zucker. Und denk nicht einmal darüber nach, mit mir zu kommen. Ich will nicht auch noch deinen hübschen Hintern da draußen suchen müssen.“
    Bevor sie antworten konnte, war er aus der Tür geschlüpft und in dem wirbelnden Sturm verschwunden.
    Nick hatte das Fährtenlesen von dem Besten der Besten gelernt. Colonel Lucius Merle war in den Ozark Mountains mit einer Flinte in der Hand und in der fünften Jägergeneration der Familie Merle aufgewachsen. Das Spurenlesen lag in seiner DNA. Als Profi hatte der Colonel das Fährtenlesen allerdings meist in den dreckigen Straßen von großen Städten betrieben, und dieses Wissen hatte er in Bagdad und Basra, in Kabul und Kandahar, in Caracas und Cartagena an Nick weitergegeben.
    Trotzdem, eine Spur war eine Spur.
    Nick ließ seinen Blick über den Boden direkt außerhalb der großen Glastüren gleiten. Sie führten auf eine überdachte Terrasse, sodass sich hier nicht so viel Schnee angesammelt hatte. Trotzdem waren deutliche Spuren zu sehen, einen Zentimeter tiefer als die sie umgebende Fläche. Nick folgte ihnen um die Kurve nach links.
    Er wünschte, er würde das Gelände besser kennen. Verdammt! Es war ihm nie in den Sinn gekommen, das Haus von Charitys älteren Verwandten zu erkunden, während er sie ausspionierte. Jetzt wünschte er, er hätte es getan. Er wollte die alte Dame schnell finden. Er war kaum eine Minute aus dem Haus, da war ihm schon kalt, und er war jung, gesund und trainiert. Er wollte gar nicht darüber nachdenken, was mit einer gebrechlichen alten Frau passieren würde.
    Als er Charitys Onkel gesehen hatte, zitternd und hilflos, fast nackt in seiner Angst, hatte sein Herz sich zusammengezogen. So etwas traf ihn jedes Mal. Alte Leute und Kinder. Erwachsene konnten sich um sich selbst kümmern. Das Leben war hart und ungerecht, aber damit konnte man sich abfinden und weitermachen. Aber was Alte und Kinder betraf, hatte er einfach ein weiches Herz.
    Der Wind biss in seinen dicken Mantel, streckte eisige Finger hinein. Verdammt. Es war eiskalt .
    Für einen Augenblick hatte Nick wieder die Hitze vor Augen, die ihn umgab, wenn er in Charity war. Das weiche, warme, feuchte Gefühl. Ihr Rücken, der seine gesamte Vorderseite wärmte. Und Gott, er in ihr. So eng, so heiß, als würde er in einen kleinen Ofen gleiten. Allein die Erinnerung sandte einen plötzlichen Hitzeblitz durch ihn hindurch.
    Schaff deine Gedanken aus deinem Schwanz, Ireland. Sofort .
    Der Schneefall ließ Gott sei Dank ein wenig nach. Wo es vorher fast ausschließlich blendend weiß gewesen war, konnte er nun große dunkle Umrisse erkennen,