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Gefährliches Spiel

Gefährliches Spiel

Titel: Gefährliches Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Marie Rice
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leeren Jutesäcken. Sie hatte sich hineingewühlt, und das hatte ihr das Leben gerettet.
    Nick hob einen Sack hoch. Da war sie, ein kleines Bündel, klapperdünn und knochig. Einst eine schöne Frau, nun sichtbar gealtert, zitternd vor Kälte, verloren und verlassen. Aber trotz allem am Leben.
    Sie wandte den Kopf. Ihre hellblauen Augen waren leer und feucht.
    „Frank-lin?“ Sie blinzelte ein paarmal. Ihre Lippen zitterten. „Franklin, ich will nach Hause. Bring mich heim. Mir ist kalt.“
    Nick kniete sich neben sie. Sie streckte eine Hand nach ihm aus und berührte sein Gesicht. Ihre Hand war dünn, mit langen Fingern, die Haut runzlig und voller Flecken. Sie zitterte, als sie ihre Handfläche an seine Wange legte.
    „Franklin“, seufzte sie, und eine Träne lief über ihre runzlige Wange. „Nach Hause.“
    Nicks Brust zog sich zusammen. „Ja, ich bin’s. Franklin“, sagte er sanft, zog die Arme aus seinem Mantel und wickelte sie darin ein. „Ich hab dich.“ Er hob sie hoch, als wäre sie ein Kind, und ging mit langen Schritten zur Tür. „Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen.“

 
    10
    Charity würde den Anblick bis an das Ende ihrer Tage nicht vergessen. Sie hatte die Vorhänge im Wohnzimmer zurückgezogen und das Licht auf der Veranda angeschaltet, bevor sie sich darum kümmerte, Onkel Franklin zu beruhigen.
    Er alterte so schnell. Seit sie ihn vorige Woche das letzte Mal gesehen hatte, hatte er schon wieder abgenommen, und die Haut hing lose um sein Kinn. Er war kreidebleich. Die Knochen seines Gesichts traten deutlich unter der Haut hervor. Wenn er noch mehr Gewicht verlor, würde er bald wie ein Totenkopf aussehen. Er fuhr mit einer mageren Hand über sein Gesicht, und sie konnte das Kratzen seiner weißen Bartstoppeln hören. „Warum braucht er so lange?“
    Charity nahm seine Hand und verzog besorgt das Gesicht, als sie sein Zittern spürte. „Es sind erst zehn Minuten vergangen, seit er rausgegangen ist, Onkel Franklin, auch wenn es sich länger anfühlt“, sagte sie sanft. „Mach dir keine Sorgen. Nick wird sie finden.“
    Eigentlich waren diese Worte nur leere Phrasen zur Beruhigung, aber Charity stellte überrascht fest, dass sie sie ernst meinte. Wie konnte das sein? Wie um alles in der Welt konnte sie sich so sicher sein, dass Nick wusste, was er tat? Sie konnte es nicht. Und doch sagte ihr Instinkt ihr, dass sie ihm vertrauen konnte, ihre Tante zu finden.
    Er war ein Geschäftsmann, der ein bequemes Leben führte und sein Geld in der Stadt verdiente. Nichts an ihm deutete darauf hin, dass er auf einer Farm aufgewachsen war oder jagte. Nach ihrer Erfahrung waren die meisten Jäger auf ziemlich langweilige Art auf ihre Waffen fixiert. Nick hatte nicht ein einziges Mal die Jagd oder Safaris oder irgendetwas in der Art erwähnt. Was konnte ein Investitionsmakler schon darüber wissen, jemanden in einem Schneesturm aufzuspüren?
    Und doch hatte sie ihm instinktiv sofort gehorcht, als er ihr sagte, sie solle im Haus bleiben, auch wenn es gegen den gesunden Menschenverstand verstieß. Sie kannte ihre Tante und die Gegend um das große Haus, und er nicht. Wenn sie nicht dieses absolut sichere Gefühl gehabt hätte, dass wenn überhaupt er es war, der ihre Tante Vera finden konnte, hätte sie niemals im Haus gewartet.
    Es war nur ein kurzer Moment gewesen, wie ein Aufblitzen von Stahl. Sie hatte in seine ernsten, schönen Augen gesehen und die Kraft dahinter gespürt, die er mühsam bändigte, während er sie davon überzeugen wollte zurückzubleiben. Und in dem Moment, in dem sie ihn allein hatte gehen lassen, wirkte er irgendwie befreit. Wie ein wildes Tier, das aus dem Käfig gelassen worden war, um das zu tun, was es am besten konnte – jagen.
    Es klang verrückt, aber so war es. Da war eine Explosion gewesen von … etwas. Etwas fast Beängstigendes. Etwas Mächtiges. Urtümlich und ganz männlich. Als wenn Nick mit einer übernatürlichen Kraft ausgestattet wäre, die sich erst jetzt zeigte.
    Sie schüttelte den Kopf. Ganz klar, jede Menge Sex und zu wenig Schlaf brachten sie um den Verstand.
    Aber sie tat, was er gesagt hatte. Ein großer Topf mit Wasser war auf dem Herd und kochte schon fast. Zwei Becher mit Tee mit jeweils drei Löffeln Zucker waren in der Mikrowelle und warteten darauf, noch mal heiß gemacht zu werden. Ein Stapel Decken, ein sauberes Nachthemd und mehrere Handtücher lagen auf einem Küchenstuhl.
    „Setz dich, Onkel Franklin“, sagte Charity sanft. Sie

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