Gefährliches Talent: Kriminalroman
Gesichtsausdruck und runzelte wieder die Stirn. »Ist das ein Problem?«
»Nicht unbedingt«, sagte Alix halbwegs ehrlich. Sie wollte Chris nicht jetzt schon Angst machen, aber ihr gefiel die Sache nicht. Georgia O’Keeffes Werk hatte viele Fälscher inspiriert. Je mehr Informationen es über dieses Bild gab, die sich auch einigermaßen gut belegen ließen, desto zufriedener würde Alix sein. Anderseits war es nicht unbedingt problematisch, dass der Name des Besitzers geheim gehalten wurde. Das kam relativ häufig vor, besonders bei Auktionen. Aber man musste es im Hinterkopf behalten, vor allemfür den Fall, dass noch weitere Zweifel aufkamen. »Wie viel will sie dafür haben?«, fragte sie.
»Zwei Komma neun Millionen. Ich …« Chris unterbrach sich mit einem Schnauben, was bei ihr wohl als Kichern durchging. »Ich kann es kaum glauben. Haben Sie gemerkt, wie beiläufig ich diese Zahl erwähnt habe?« Sie spielte ein geziertes Gähnen und klopfte sich mit den Fingerspitzen auf den Mund. »Mal eben so zwei Komma neun Millionen hinlegen, wen kratzt das schon?«
»Das ist sehr viel Geld«, sagte Alix.
»Wem sagen Sie das? Ich kann mich einfach nicht dran gewöhnen, so viel Zaster zu haben.«
»Nun, jeder hat seine Probleme. Sie schaffen das schon.«
Chris grinste. »Ja, sicher. Auf jeden Fall habe ich mit der Kuratorin für moderne Kunst hier am Museum geredet. Die hat sich die Fotos angesehen und meint, auf den ersten Blick sei der Preis angemessen, sogar eher ziemlich niedrig. Also habe ich gezahlt.«
»Was, Sie haben das Bild schon gekauft? Wozu brauchen Sie mich …«
»Na ja, ich habe nicht alles bezahlt, aber ich habe es gekauft. Ich habe eine ziemlich hohe Anzahlung gemacht. Aber der Kaufvertrag hat eine Rücktrittsklausel. Ich habe zehn Tage Zeit, um mir das Bild in Santa Fe anzusehen. Wenn ich es dann nicht mehr will, wird der Verkauf rückgängig gemacht.«
»Und wann sind die zehn Tage um?«
»Nächsten Mittwoch. Deshalb will ich auch so schnell wie möglich hin. Na ja, als ich die Anzahlung hingeblättert hatte, dachte ich auf einmal:
Was verstehe ich eigentlich davon? Ich brauche jemanden, der Ahnung hat, einen Experten.
Und das ist Ihr Part.«
»Weiß Ihre Freundin Liz etwa nicht, dass ich komme?«
»Nein, natürlich nicht. Bis heute wusste ich es ja selbst nicht. Aber ich rufe sie vor dem Wochenende noch an. Keine Angst, ich warne sie vor.« Schon wieder dieser unsichere Gesichtsausdruck. »Habe ich was falsch gemacht? Ist der Preis zu hoch? Verdammt, ich wusste doch, dass ich Sie zuerst hätte fragen sollen, aber ich kannte Sie ja noch gar nicht und ich war so aufgeregt. Ich hatteAngst, jemand anderes würde mehr bieten und … Habe ich Mist gebaut?«
»Also der Preis klingt für ein O’Keeffe-Bild ganz gut, aber dazu müsste man es erst mal in echt sehen. Da Liz eine alte Freundin von Ihnen ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie Sie übers Ohr haut.«
»Ich habe die Fotos dabei«, sagte Chris und griff nach ihrer Handtasche, aber Alix stoppte sie.
»Nein, ich will sie nicht sehen.«
»Ach, nein?« Chris hatte die Hand noch in der Tasche.
»Nein, ich will nicht mit einer vorgefassten Meinung da rangehen. Ich warte lieber, bis ich das Bild selbst sehe.« Sie lächelte. »Das hat was mit dem besagten ›Kennerblick‹ zu tun.«
»Ganz wie Sie meinen. Sie sehen ja selbst, dass ich keine Ahnung habe, und außerdem macht mich die Sache ein bisschen nervös.«
Alix wollte gerade beruhigend auf sie einreden, aber Chris’ Laune besserte sich ganz von selbst. »Ich weiß nicht, wie’s Ihnen geht«, sagte sie und machte die Tasche wieder zu, »aber ich könnte noch so einen Hähnchenspieß vertragen, vielleicht auch zwei. Das wird ja ein richtiges Gelage, aber das ist bei mir immer so. Ich habe überhaupt keine Selbstdisziplin. Anschließend gehen wir mal zu Tony Whitehead da drüben, dem Museumsdirektor, um Hallo zu sagen. Und dann will ich Sie noch ein paar anderen unbedarften Sammlern vorstellen. Die würden Sie bestimmt gern kennenlernen. Und umgekehrt. Einverstanden?«
»Einverstanden wäre die Untertreibung des Jahres«, sagte Alix grinsend. »Ich würde mich riesig freuen, Chris.«
Alix folgte Chris durch die Menge und konnte nicht aufhören zu grinsen. Sie fühlte sich richtig euphorisch. Ihr Glück hatte sich endlich gewendet.
Das Leben war schön.
Als sie in die Wohnung zurückkam, hatte sie schon wieder Hunger, und nachdem sie in ihren weiten, bequemen
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