Gefährliches Talent: Kriminalroman
verstehen Sie? Ich hänge dran.«
»Natürlich. Und außerdem hätte es Ihnen wahrscheinlich auf die Dauer auch nichts genutzt, jedenfalls nicht, wenn Sie weiter in dieser Branche arbeiten. Wir leben in einer neuen Zeit, Schätzchen, und früher oder später würde es über irgendwelche Links oder Suchmaschinen oder so was doch rauskommen. Außerdem«, sagte sie mit einem kurzen Anflug von Wärme, »haben Sie sich ja nichts zuschulden kommen lassen, sondern er.«
Sie machte eine Redepause, um geziert eine Kaiserschote mit Frischkäse zu naschen und sich dann ziemlich ungeziert Käse von den Fingerspitzen zu lecken. »Wissen Sie, um ehrlich zu sein, beneide ich Sie sogar ein bisschen um Ihren Vater. Der ist wenigstens interessant. Mein Vater war Bauunternehmer.« Dann schüttelte sie ungehalten ihren Kopf. »Ach, so ein Quatsch. Warum mache ich das nur immer? Mein Vater war Stuckateur, mehr nicht, und nicht mal ein besonders guter, jedenfalls nicht, wenn er einen im Karren hatte, was meistens der Fall war.« Sie verdrehte wieder die Augen, aber diesmal nicht vor Genuss. »Sehen Sie, Sie sind nicht die Einzige mit einem peinlichen Vater.«
Alix lächelte. »Na ja, Geoff ist sicher interessant. Das lässt sich nicht abstreiten.«
»Glauben Sie mir, ich kann mir vorstellen, wie schwierig es für Sie war. Es wurde ja überall darüber berichtet. Da hätte man schon auf dem Mars wohnen müssen, um nicht von der Sache zu hören. Ich meine: ›Prominenter Experte des Metropolitan Museum angeklagt …‹« Sie verzog das Gesicht. »Ups, schon wieder. Sehen Sie, was ich meine? Mpfh …« Sie machte eine Geste, als würde sie ihren Mund mit einem Reißverschluss verschließen.
»Nein, ist schon in Ordnung, ehrlich«, sagte Alix lachend. »Aber meinetwegen können wir gern das Thema wechseln. Wie haben Sie mich gefunden? Über meine Anzeige im Gallery Directory?«
»Äh-äh. Einer meiner Gäste – ich habe ein kleines Weinlokal – ist Christopher Norgren …« Chris ging wohl davon aus, dass ihr der Name etwas sagte. Alix schüttelte nur den Kopf.
»Der ist hier im Museum für Barock und Renaissance zuständig.«
Sie schüttelte wieder mit dem Kopf. »Den kenne ich nicht.«
»Na, der kennt Sie aber oder er weiß zumindest, wer Sie sind. Er hat gesagt, Sie seien hervorragend und hätten jahrelang bei Fabrizio Santullo in Rom studiert. Sogar ich weiß, dass es keinen besseren als Santullo gibt. Und als ich ihn angerufen habe, hat er Sie wärmstens empfohlen.«
»Sie haben tatsächlich mit Fabrizio gesprochen?«
»Oh ja, gut zehn Minuten. Er hat Sie über den grünen Klee gelobt. Ihre natürliche Begabung, Ihre Kenntnis der Techniken und Materialien, Ihr Verständnis für Stilrichtungen und Malweisen … außergewöhnlich.«
»Hat er das wirklich gesagt?«, fragte Alix angenehm berührt. »Er war ein sehr anspruchsvoller Lehrmeister. Er hat mich nicht gerade mit Lob überschüttet.«
»Ach, das ist doch ein ganz Lieber. Er hat übrigens geradezu ehrfürchtig erwähnt, dass Sie den absoluten Kennerblick hätten. Dass Sie einen besseren Blick für Kunst hätten als sonst jemand, den er kennt. Und wenn Fabrizio Santullo so etwas sagt, muss ich Sie natürlich engagieren.«
»Ach, Kennerblick ist nur so ein Ausdruck, der besagen soll …«
»Schon gut, erklären Sie’s mir ein andermal. Wie wär’s, wenn wir direkt zur Sache kommen? Erst mal … Ich freue mich sehr, dass Sie für mich arbeiten werden, Alix.«
Werde ich das?,
dachte Alix.
Heißt das, ich bin engagiert?
Sie hoffte nur, dass ihr ihre Aufregung nicht anzumerken war, jedenfalls nicht so deutlich wie ihre Verärgerung, als ihr Vater erwähnt wurde.
»Ich würde gern so schnell wie möglich loslegen«, fuhr Chris fort. »Falls es nicht zu viel verlangt ist, könnten Sie sich in Ihrem Terminkalender dieses Wochenende freihalten? Dann könnten wir nach Santa Fe fahren. Wenn das nicht möglich ist, könnten wir vielleicht …«
Alix hätte beinah losgelacht. Was für ein Terminkalender? Da gab’s natürlich die Restaurierungsarbeiten für Katryn, aber es wäre eigentlich ganz gut, mal ein Wochenende zu pausieren. Trotzdem tat sie so, als ginge sie im Geiste ihre Termine durch, während sie innerlich den Gedanken genoss, dass sie es tatsächlich geschafft hatte. Sie hatte einen Job. Sie war auf dem Weg nach oben. »Nein, ich glaube, das geht in Ordnung«, sagte sie, als hätte sie es abwägen müssen. »Dieses Wochenende passt.«
»Und wie hoch
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