Gefährliches Talent: Kriminalroman
Sie …«
»Selbstverständlich!«, sagte Ted. »Ich will mich nicht in die Ermittlungen des Tötungsdelikts einmischen, glauben Sie mir. Ich bin einzig und allein an dem Betrugsfall interessiert.«
»Nun …«
»Ich will nur hören, was sie über das Bild zu sagen hat, das ist alles. Das würde mir schon weiterhelfen. Sie würden mir wirklich einen großen Gefallen tun.«
»Ja, okay, das verstehe ich«, sagte Mendoza. »Ich lasse Sie hinbringen. Wir könnten sagen, Sie sollen bestätigen, dass es sich umdas Bild handelt, das Sie in Liz’ Büro gesehen haben. Was ja irgendwie auch stimmt.«
»Großartig, tausend Dank. Aber nicht vergessen: Sie denkt, ich hieße Roland de Beau…«
In dem Moment surrte das Telefon auf dem Schreibtisch und Mendoza hob ab. »Ja? Ja? Ganz im Ernst? Okay, sag ihr schönen Dank von mir, dass sie aufgepasst hat.«
Er legte auf und sah Ted plötzlich ganz ernst an. »Das war einer von meinen Männern. Die London hat ihn gebeten, mich anzurufen. Ich sollte unbedingt über diesen zwielichtigen Kerl Bescheid wissen. Sie ist sicher, dass er ganz tief in der Sache drinsteckt. Und sie hat ihn hier auf der Polizeiwache gesehen.«
Ted sah ihn verblüfft an. »Wen meint sie?«
Mendoza konnte sich nicht länger beherrschen und schnaubte vor Lachen. »Sie natürlich!«
Als Alix auf die Polizeiwache kam, fand sie dort zu ihrer großen Überraschung Roland de Beauvais vor. Lieutenant Mendoza stand in der offenen Tür seines Büros und redete mit einem der Detectives im Großraumbüro, während an seinem Schreibtisch, da wo Alix am Vorabend auch gesessen hatte, jetzt de Beauvais saß, hemdsärmelig und so, als fühlte er sich ganz wie zu Hause. Die nächste Überraschung kam, als Mendoza die Tür schloss und sie de Beauvais sagen hörte: »Danke, Eduardo.«
Das machte sie wirklich stutzig.
Eduardo?
Wieso ging dieser schleimige Bostoner Kunsthändler oder Vermittler – oder was er angeblich war – so plumpvertraulich mit dem Leiter der Mordkommission von Santa Fe um? Ganz besonders erstaunt war sie über die Art,
wie
er es sagte. Nicht mit diesem altmodischen, lang gezogenen Bostoner Akzent, sondern wie ein stinknormaler Amerikaner.
Was für ein doppeltes Spiel trieb dieser Typ? Warum sprach er mit einem aufgesetzten Bostoner Akzent? Oder vielleicht war derandere Akzent aufgesetzt, obwohl das unwahrscheinlich war. Auf jeden Fall gab er vor, jemand zu sein, der er nicht war.
Ein übergewichtiger, müde wirkender Mann in einem zerknitterten weißen Hemd mit losem Schlips und offenem Kragen stand von einem Schreibtisch auf. »Hallo, Miss London. Danke, dass Sie gekommen sind. Ich bin Detective Hooper. Ich bringe Sie zur Asservatenkammer.«
»Danke, Detective. Ähm … der Mann da drin beim Lieutenant … Wissen Sie zufällig, wer das ist?«
»Nein, Ma’am, den habe ich nicht gesehen.« Er kratzte sich an seinem stoppeligen Kinn und wartete geduldig. Sie fragte sich, ob er die ganze Nacht aufgeblieben war.
Sie zögerte zuerst und sagte dann: »Also ich kenne ihn und da ist etwas, das der Lieutenant wissen sollte. Können Sie ihn anrufen?«
»Sie meinen, jetzt sofort?«
»Ja, besser wär’s. Können Sie ihm ausrichten, dass der Mann, mit dem er sich gerade unterhält, nicht der ist, für den er sich ausgibt?« Sie senkte ihre Stimme ein wenig. »Eigentlich …«
Nachdem der Detective ein wenig zögerlich ihre Nachricht weitergeleitet hatte, verschwendete sie erst einmal keinen Gedanken mehr an Roland de Beauvais. Jetzt war Mendoza am Zug und er konnte machen, was er wollte. Sie hatte ihre Bürgerpflicht getan und jetzt freute sie sich darauf, das O’Keeffe-Bild in Augenschein zu nehmen. Am Tag zuvor hatte sie nur ganz kurz einen Blick drauf werfen können und seitdem konnte sie es kaum abwarten, es unter die Lupe zu nehmen. Sie hatte zwar nicht damit gerechnet, dies auf einer Polizeiwache zu tun, aber sie konnte dort ihre Arbeit genauso gut tun wie anderswo.
Hooper meldete sich beim Asservatenverwalter an und gab auf einem Tastenfeld an der Wand einen Code ein, um die Tür zumSichtungsraum der Asservatenkammer zu öffnen. Auf einem der Tische stand eine tragbare Staffelei, auf der das Bild lehnte.
»Bitte schön«, sagte Hooper mit einer müden Handbewegung. »Ziehen Sie die erst an.«
Sie nahm ein paar Plastikhandschuhe aus der Schachtel, die er ihr hinhielt, und mit Herzklopfen sah sie sich zum ersten Mal das Gemälde, dessentwegen sie nach New Mexico gekommen war,
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