Gefährliches Talent: Kriminalroman
aussieht, als hätte die LeMay sich ›ganz zufällig‹ unter all den infrage kommenden Leuten ausgerechnet Alix London als Beraterin ausgesucht. Wer wohl? Einmal dürfen Sie raten.«
»Ihr Vater«, sagte Mendoza nachdenklich. »Hm, also was glauben Sie? Dass ihr Vater das Bild gefälscht hat? Und dann hat er sie hergeschickt, um zu bestätigen, dass es echt ist?« Sein Stuhl knarrte, als er sich zurücklehnte. »Wissen Sie, um ehrlich zu sein, ist sie mir auch irgendwie verdächtig vorgekommen. Sie hat uns unter anderem erzählt, dass sie dachte, Liz Coane hätte versucht,
sie
umzubringen.«
»Sie
umzubringen
? Das ist doch verrückt.«
»Na ja, nicht so ganz. Ihre Casita im Hotel ist gestern Nachmittag in die Luft geflogen. Die Explosion konnte man bis hierher hören. Es ist Propangas ausgetreten. Sie ist nur knapp davongekommen.«
»Im Ernst?«, sagte Ted nachdenklich. »Aber Sie glauben doch nicht wirklich …«
»Ich weiß nicht«, sagte Mendoza. »Normalerweise würde ich sagen, sie ist ein bisschen paranoid. Was durchaus verständlich wäre. Aber wo die Coane selbst ein paar Stunden später dran glauben musste … Also,
irgendwas
ist da im Busch.«
Ted lehnte sich zurück und überlegte einen Augenblick. »Eduardo«, sagte er, »Ihr Tötungsdelikt und mein Betrugsfall … Meinen Sie nicht, die könnten beide mit einem größeren Ding zusammenhängen? Vielleicht musste die Coane wegen ihrer Beteiligung an diesem Schwindel sterben?«
Mendoza lächelte. »Also bis vor einer halben Stunde, als Sie hier reinspaziert sind und mir von den Fälschungen erzählt haben, hätte ich an so was gar nicht gedacht. Jetzt halte ich es für möglich. Wir haben in Santa Fe selten mit Tötungsdelikten zu tun und es fliegen auch nicht ständig irgendwelche Bungalows in die Luft. Und jetzt beides an einem Tag und dieselben Leute sind drin verstrickt, also …«
Ted nickte. »Ja, das gibt zu denken. Und wer ist die Verbindung zwischen allem? Alix London.« Plötzlich kam ihm ein Gedanke und nach kurzem Zögern sagte er: »Was war das für ein Bild, das dieser Typ mitgehen lassen wollte?«
»Irgendein Bild eben. Was meinen Sie?«
»Wer hat es gemalt? Was stellt es dar?«
Mendoza schaute wieder in seiner Akte nach, fand aber nichts. Er ging zur Tür und öffnete sie, um mit einem der Detectives im Großraumbüro zu reden. »He, Jock, das Bild in dem Fall Coane, hat das einen Titel oder so?«
Ted hörte kurz Papier rascheln und dann rief jemand aus dem Großraumbüro: »Ja, auf der Rückseite ist ein Schild. Da steht:
Felsen auf der Ghost Ranch
, Georgia O’Keeffe, 1964.«
»Ich hab’s doch gewusst«, rief Ted. »Das Bild stand auf einer Staffelei in ihrem Büro, als ich nachmittags da war. Sie hat mir den Titel gesagt. Die LeMay sollte das Bild kaufen und die London ist die ›Expertin‹, die sie mitgebracht hat, um es zu begutachten.«
Mendoza nickte nachdenklich. »Interessant.«
»Wissen Sie«, sagte Ted, »ich würde es mir gern noch mal ansehen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Kein Problem.« Mendoza rief: »Jock, wo ist das Bild denn jetzt? Wir haben es doch mitgenommen, oder?«
»Natürlich, wo denkst du hin?«, sagte Jock eingeschnappt. »Es ist in der Asservatenkammer. Eine von den beiden Frauen kommt vorbei, um zu bestätigen, dass es das Bild ist, das der Typ klauen wollte.«
»Welche von den beiden?«, fragte Ted Mendoza. »LeMay oder London?« Ihm war bewusst, dass er sich in Mendozas Revier breitmachte, aber es sah langsam so aus, als würden sie sich das Revier teilen müssen. Trotzdem fühlt er sich verpflichtet, zu Mendozas Rücken zu sagen: »Falls es Ihnen nichts ausmacht, dass ich frage.«
Mendoza zuckte mit den Schultern und gab die Frage weiter an Jock. »Die Hübsche, London«, rief der Detective. »Sie müsste jeden Moment da sein. Hooper kümmert sich um sie.«
»Gut. Ach, und sag Hooper, dass sie nach einer Staffelei gefragt hat. Er soll die aus dem Konferenzraum nehmen.«
»Alles klar.«
»Und er soll mir nachher sagen, wie’s gelaufen ist.«
»In Ordnung.«
»Danke, Eduardo«, sagte Ted, als Mendoza die Tür schloss. Als der Lieutenant wieder am Schreibtisch saß, sagte Ted eindringlich: »Wissen Sie, ich hatte so ein Gefühl, dass sie bis über beide Ohren in der Sache drinsteckt. Hätten Sie was dagegen, wenn ich so ganz zufällig reinschaue, wenn sie da ist?«
Mendoza zögerte. »Äh, nehmen Sie es mir nicht übel, Ted, aber das mache ich doch lieber allein. Wissen
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