Gefährliches Talent: Kriminalroman
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Und sein Bart? Sollte er den abrasieren oder nicht? Aber auf eine Frage würde er
nie
eine Antwort finden: Wie hatte er nur so dumm und geldgierig sein können, sich in einen solchen Schlamassel zu reiten?
Er griff nach der Halbliterflasche Wild Turkey neben sich auf dem Boden. Er hatte sie ungeöffnet aus dem Schrank genommen und jetzt war sie halb leer. Er musste würgen, als er den Whiskey hinunterschluckte. Teal trank sonst nie Alkohol. Ihm wurde nur schlecht und er konnte nicht mehr klar denken. Er braucht jemanden, und zwar dringend, der ihm sagte, was er tun sollte.
Er stolperte aus dem Atelier, fand ein Telefon und hackte mit tauben, hölzernen Fingern auf die Nummerntasten ein.
KAPITEL 9
Ted Ellesworth war schon lang genug dabei, um zu wissen, dass Polizisten gewöhnlich ihr Revier verteidigten, insbesondere wenn das FBI sich einmischte. Im Grunde war es auch verständlich, denn das FBI konnte schon ein bisschen anmaßend und aufdringlich sein. Aber falls Detective Lieutenant Eduardo Mendoza sich von Teds Anwesenheit in seinem Büro am nächsten Morgen gestört fühlte, ließ er sich nichts anmerken. Die Polizei von Santa Fe hatte an dem Morgen (auf Teds Bitte hin) einen Anruf aus Washington erhalten, in dem es darum ging, dass ein gewisser Special Agent Ellesworth in der Stadt war und dem für die Ermittlungen in dem Tötungsdelikt in der Galerie Blue Coyote zuständigen Beamten gern einen Höflichkeitsbesuch abstatten wollte. Mendoza, der wahrscheinlich ohnehin bis über beide Ohren in Arbeit steckte, hatte sich von acht bis neun, seine erste Stunde im Büro, für Ted freigemacht und ihn freundlich empfangen. Man bot Ted Kaffee an, den er gern nahm, und Donuts, die er ausschlug.
Ted erklärte, warum er in Santa Fe war, und beide versicherten sich aufs Freundlichste, dass sie einander nicht auf die Füße treten würden. Dann kamen sie schließlich zur Sache. Mendoza, ein Mann um die vierzig mit Pferdegesicht, langer Nase und eineralten Baseballmütze der University of New Mexico, zeigte sich sehr interessiert, als er erfuhr, dass das FBI mitten in einer Betrugsermittlung steckte, bei der Liz’ Galerie eine Rolle spielte. Tatsächlich stellte er Ted genauso viele Fragen wie der ihm und so war es schon fast halb neun, als sie auf den Mord zu sprechen kamen. Ted lieferte Mendoza bereitwillig Informationen und der zeigte sich ebenso kooperativ.
»Okay, die beiden haben uns um zwanzig Uhr sechs angerufen«, sagte Mendoza, »und ihrer Aussage nach sind sie nur drei oder vier Minuten vorher mit dem großen Kerl mit dem Bild zusammengestoßen – oder umgekehrt, sollte ich wohl hinzufügen. Sie glauben, er hat sich am Kopf verletzt, als er gestolpert ist. Das könnte uns bei der Suche dienlich sein. Wir haben die Notaufnahme des Krankenhauses angerufen, aber die einzige Verletzung am Kopf dort war ein Fliegenfischer, der mit seinem Angelhaken sein eigenes Ohr erwischt hatte.«
»Hier gibt’s Fliegenfischer?«
»Klar, jede Menge.«
»Konnten die Frauen eine Beschreibung abgeben?«
»Ja, für die Umstände sogar eine ganz gute. Beide waren sich einig, dass es ein großer, kräftiger Mann war: eins siebenundachtzig bis eins neunzig und mindestens neunzig Kilo. Muskulös, nicht fett. Weiß. Kurze rote Haare. Die London meinte, er hätte auch einen rötlichen Bart gehabt, aber die andere kann sich nicht mehr dran erinnern. Allerdings können beide sich dran erinnern, dass er nach Tabak stank. Die London ist ziemlich sicher, dass es Pfeifentabak war.«
Ted nickte. »Nicht schlecht, aber sind Sie auch sicher, dass die die Wahrheit sagen? Ich meine, könnten die es gewesen sein und den Mann einfach erfunden haben, um Sie auf eine falsche Fährte zu locken?«
»Unmöglich. Natürlich haben wir auch daran gedacht, aber es ergibt keinen Sinn. Aus verschiedenen Gründen. Aber ich habe jetzt keine Zeit, ins Detail zu gehen. Nein, ihre Geschichte ist glaubwürdig. Und die Leute von der Spurensicherung haben aufder Skulptur, gegen die er gelaufen sein soll, frisches Blut gefunden. Das passt also auch. So kommen wir hoffentlich auch an seine DNA, aber Sie wissen ja …« Er zuckte mit den Schultern.
»Klar«, sagte Ted. »Ohne eine übereinstimmende DNA-Probe nutzlos. Irgendwelche Fingerabdrücke?«
»Das Bild ist voll davon, aber die meisten sind von der London und ein paar von der Coane. Dann gibt’s noch ein paar andere, die interessant sein könnten. Auch ziemlich
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