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Gefährliches Talent: Kriminalroman

Gefährliches Talent: Kriminalroman

Titel: Gefährliches Talent: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron Elkins , Charlotte Elkins
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goldene Blätter von einem Rattanstuhl, klappte ihr Handy auf, fragte die Auskunft nach der Geschäftsnummer ihres Vaters und ließ sich direkt verbinden. Am besten brachte sie es sofort hinter sich, noch bevor sie ihr Aspirin nahm. Wenn sie sich Zeit ließ, drüber nachzudenken, würde es wahrscheinlich so enden wie am Abend zuvor: Sie würde es sich anders überlegen, das Handy zuklappen und es auf ein andermal verschieben.
    Das war vielleicht gar keine so schlechte Idee. Ihre Kehle war ganz trocken. Was würde es schon ausmachen …
    »Handelsgesellschaft Venezia. Was kann ich für Sie tun?« Die Worte kamen schwerfällig und langsam wie von einem Kind, das etwas mühsam auswendig Gelerntes aufsagt.
    Tiny.
    »Hallo Tiny, hier ist Alix.«
    Die Stimme wurde etwas lebendiger. »Alix? Ach, wirklich? He,
mia cucciolina
, wie geht’s dir denn?«
    Mia
c
ucciolina
. Mein Hündchen. So hatte er sie vor tausend Jahren genannt, als er noch Onkel Beniamino war und sie so gern auf seinem Schoß gesessen, sein breites, einfältiges, aber gutmütiges Gesicht angeschaut und dabei vor sich hingeplappert hatte. Aus heiterem Himmel rannen ihr Tränen übers Gesicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt und nur mit Mühe brachte sie ein paar Wörter raus.
    »Mir geht’s gut, Tiny. Und dir? Es ist so lange her.«
    »Ach, du kennst mich doch, mir geht’s immer gut.«
    Sie musste lachen. »Ich weiß. Tiny, ist mein Vater da? Kann ich mal mit ihm reden?«
    »Na klar. Ich stelle dich durch. Wenn ich nur wüsste, welche Taste …«
    »Ach, übrigens … Ich arbeite für eine Frau, die ein Bild von Georgia O’Keeffe kaufen will.«
    »Ja, habe ich gehört. Das freut mich für dich.« Keine Spur von Groll, obwohl sie wusste, dass es ihn gekränkt hatte, als sie bei dem Gespräch mit Geoff seine Hilfe abgelehnt hatte. Was für ein lieber, durch und durch anständiger Kerl … Wenn man darüber hinwegsah, dass er ein Meisterfälscher war. Oder früher mal gewesen war, wenn man ihm seine derzeitige Geschichte abkaufte.
    »Also ich habe da ein paar Fragen, zu denen mich deine Meinung interessieren würde. Kann ich dich deswegen in ein paar Tagen noch mal anrufen?«
    Er schnurrte regelrecht: »Ich tue doch alles für dich,
piccolina

    Piccolina
. Kleine. Tiny war auf der Jerome Avenue in der Bronx geboren und sprach normalerweise auch mit dem entsprechenden Akzent, aber er streute gern Wörter aus der Heimat seiner sizilianischen Vorfahren ein. Manchmal, wenn er ein paar Gläser Chianti intus hatte, hätte sie schwören können, dass er mit italienischem Akzent sprach.
    »Danke, Tiny.« Sie nahm sich vor, sich ein paar Fragen für ihn auszudenken.
    Dann kam ihr Vater an den Apparat. »Alix? Ich bin so froh, dass du anrufst. Ich habe mir solche Sorgen gemacht.« Sie konnte tatsächlich die Anspannung in seiner Stimme hören.
Ich bin auch froh, dass ich angerufen habe
, dachte sie, aber brachte es nicht über sich, es auszusprechen. »Bei mir rufen schon den ganzen Morgen Reporter an. In was bist du denn da nur hineingeschlittert? Alles in Ordnung bei dir?«
    »Ja, mir geht’s wunderbar, Geoff.«
    Dann musste sie ein paar Minuten lang Fragen beantworten, hauptsächlich um ihn zu beruhigen, denn er war fast so gut wie sie über die Ereignisse des Vortags informiert. Sie hätte ihm fast gesagt, dass sie das Bild für eine Fälschung hielt, aber dann überlegte sie es sich anders, denn sie wusste, er hätte sich nur allzu gern eingemischt – um ihr zu helfen –, aber das wäre ihr einfach noch zu viel gewesen.
    »Und was ist mit der Explosion in deiner … Wie heißt das noch? … In deiner Casita?«, fragte er. »Wollte man dich etwa auch …ich meine …?« Er machte sich tatsächlich Sorgen um sie. Es passierte nicht oft, dass Geoffrey die Worte fehlten.
    »Die Polizei glaubt anscheinend, dass es nur ein Unfall war, Dad. Eine defekte Leitung.«
    Dad?
Hatte sie ihn gerade
Dad
genannt? Wie war das denn nur passiert? Schon seit ihrem zwölften Lebensjahr nannte sie ihn Geoff. Sie hatte einfach irgendwann damit angefangen; als Akt der Selbstbehauptung, und er hatte keinen Einwand erhoben. Sie betete nur, dass es ihm nicht aufgefallen war.
    Anscheinend nicht. »Mir ist vollkommen egal, was die Polizei glaubt. Was glaubst
du
denn?«
    Da half nur eine Notlüge. »Ach, wahrscheinlich hat die Polizei recht … Geoff.« Sie hatte seinen Namen nur schnell eingeworfen, um das Wort Dad aus ihrer beider Erinnerung zu löschen. »Warum sollte

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