Gefaehrliches Verlangen
gelb. »Es ist ja nicht so, als hätte ich dir eine Niere gestohlen—«
»Du hast meinen freien Willen gestohlen!« Mia bekam am Rande mit, dass sie schrie, aber das war ihr im Moment auch egal. Ihre Sicht war vor Wut verschwommen und sie merkte, wie sie durch die Intensität ihrer Gefühle zitterte. Der ganze Frust der letzten Wochen kochte auf und trat an die Oberfläche. »Du hast mir die Fähigkeit genommen, irgendwelche Entscheidungen in meinem Leben zu treffen. Ja, ich liebe dich, aber das gibt dir nicht das Recht, mich wie deinen Besitz zu behandeln. Verstehst du das, Korum? Verstehst du nicht, wie ich mich dadurch fühle, dass ich weiß, dass du so etwas mit mir machen kannst?«
Er starrte sie an und sie konnte sehen, wie sich die Muskeln in seinem angespannten Kiefer bewegten. »Ich habe das getan, was am besten für dich war. Ich habe dir Unsterblichkeit gegeben. War es nicht das, worüber du dir Sorgen gemacht hast? Unsere gemeinsame Zukunft?«
»Die Zukunft, in der ich für die nächsten Jahrhunderte wie ein Sklave behandelt werde? Die Zukunft, in der ich nichts zu sagen habe, was meinen Körper betrifft oder mein eigenes Leben? Diese Zukunft?«, fragte Mia bitter und zu wütend, um darüber nachzudenken was sie sagte.
Sie hörte ihn scharf einatmen. »Steig ins Auto, Mia«, befahl er und seine Stimme war leise und kalt. »Du handelst irrational.«
»Oder was?«, wollte sie trotzig wissen. »Zwingst du mich dann einzusteigen? Mit Gewalt vielleicht?«
»Wenn ich muss. Jetzt steig ein.«
Mia zitterte aus ohnmächtigem Zorn, stieg ein und sah ihm dabei zu, wie er die Beifahrertür schloss und auf die Fahrerseite ging.
»Wir fahren nach Hause«, sagte er und fuhr mit quietschenden Reifen vom Parkplatz. »Ich denke, dass ein Themenpark jetzt vielleicht nicht die beste Idee ist.«
* * *
Die Heimfahrt verging schweigend, Mia schaute aus dem Fenster und Korum konzentrierte sich aufs Fahren. Sie brauchten bei einer Geschwindigkeit von etwa 200 km/h etwas weniger als dreißig Minuten für den ganzen Weg zurück. Zum Glück wurden sie nicht von der Polizei angehalten. Mia hatte den starken Verdacht, dass jeder Polizist, der unglücklicherweise auf Korum stoßen würde, diese Begegnung nicht unbeschadet überstehen würde.
So sehr sie auch etwas Zeit für sich haben wollte, hatte die schweigsame Fahrt nach Hause fast den gleichen Effekt, da sie ihr Gelegenheit zum Nachdenken gab. Als sich ihre Gefühle etwas beruhigten, verstand sie auch nach und nach die ganzen Folgen dessen, was er ihr gerade gesagt hatte. Er hatte sie unsterblich gemacht — oder zumindest so unsterblich, wie ein biologisches Wesen eben werden konnte, korrigierte sie sich in Gedanken selbst. Sie könnte immer noch sterben, wenn ihr Körper unheilbar verletzt würde, genauso wie Korum — aber nicht durch Altern oder Krankheiten, wie der Rest der Menschheit.
Bedeutete das jetzt, dass sie für Tausende von Jahren leben würde? Sie konnte diese lange Zeitspanne gar nicht fassen. Sie war erst einundzwanzig, und sogar siebzig Jahre schienen weit entfernt zu sein. Tausend Jahre? Das war etwas, wie aus einem Märchen. Nicht älter werden, niemals krank sein ... Er hatte Recht; der Traum eines jeden Menschen hatte sich erfüllt. Ihr Traum hatte sich erfüllt.
Aber die Art und Weise, wie er es getan hatte ... Mia beobachtete ihre Handflächen, in denen sich immer noch die Überwachungsapparate befanden, die er ihr während des Bescheinens eingesetzt hatte. Warum überraschte es sie so, dass er noch etwas anderes mit ihr machen würde? Er betrachtete sie offensichtlich als seins — seinen Charl, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte. Er hatte ihr ein unglaubliches, unbezahlbares Geschenk gemacht, aber er hatte ihr auch die letzte Illusion über die wahre Natur ihrer Beziehung genommen. Er war weder ihr Freund, noch ihr Liebhaber; er war ihr Herr und Meister. Sie hatte nichts zu sagen, wenn es um Entscheidungen über ihren Körper ging, ihr eigenes Leben, und er sah auch offensichtlich nichts Falsches darin, das mit ihr zu machen, was er für richtig hielt.
Die letzten Wochen hatte sie in einer Traumwelt gelebt, es genossen, mit ihm zusammen zu sein, sich über diese phänomenale Chance gefreut, die sie dank ihm erhalten hatte und war glücklich darüber gewesen, wie gut er mit ihren Eltern zurechtkam ... Und diese ganze Zeit hatte sie nicht gewusst, dass er sie entscheidend verändert hatte, dass sie nicht mehr die
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