Gefaehrten der Finsternis
Wand, dass es nur so spritzte.
»So schlimm kann es in Dardamen doch gar nicht sein«, sagte Vandriyan. Eine völlig unpassende Bemerkung, und das wusste er auch, sobald er sie ausgesprochen hatte. Ihm fehlten einfach die Worte. Das passierte ihm immer, wenn er sich mit Lyannen unterhielt. Sonst passierte ihm das nie. Er, der vom ersten Augenblick an immer instinktiv gewusst hatte, was er in jeder Situation zu sagen und zu tun hatte, fand seinem Sohn gegenüber, der so anders, so unvorhersehbar war, nie die richtigen Worte.
Als Lyannen antwortete, sah er seinen Vater nicht an. Er lag wieder bis zum Kinn im Schaum und brachte in einer Art sadistischem Vergnügen mit einer Fingerspitze Seifenblasen zum Zerplatzen. »Nein, es ist nicht schlimm. Schließlich gibt es hier die Sonne, den Fluss und die Vögel, die singen, und was sonst noch alles. In dieser Gegend ist immer Frühling, selbst bei den Göttern herrscht wahrscheinlich kein besseres Klima. Nicht einmal allein bin ich, denn meine Freunde haben jetzt Heimaturlaub. Ach ja, das weißt du ja, du warst ja immer ihr General. Ich verbringe zauberhafte Nachmittage mit ihnen. Höre du ihnen mal zu, wie sie all die großartigen Dinge erzählen, die sie an der Front gesehen und erlebt haben, die Schlachten und all das. Ich kann ihnen höchstens erzählen, dass ich die Blümchen im Garten gegossen habe. Zugegeben, das ist nicht so aufregend wie den Angriff einer wütenden Goblinhorde abzuwehren, aber ich kann mich natürlich nicht beklagen. Nein, es ist nicht schlimm.« Er drehte sich unvermittelt zu Vandriyan um und der Hauptmann fühlte
sich von diesem Blick beinahe wie von einer Waffe getroffen. »Es ist einfach schrecklich. Gäbe es Eileen nicht, wäre ich schon von der Weißen Brücke gesprungen. Und ich meine damit nicht, um Tauchkunststücke mit meinen Freunden zu vollführen. Kannst du mir bitte den Schwamm wiederholen?«
Vandriyan stand wortlos auf und reichte Lyannen den Schwamm. Der dankte ihm leise und begann, sich mit beinahe brutaler Gewalt die Arme abzurubbeln. »Sagst du mir jetzt, dass ich unvernünftig bin?«
»Ich müsste es dir sagen.« Vandriyan setzte sich wieder und sein Gesicht wirkte müde. »Aber was würde es nützen? Die Wahrheit ist einfach: Du kannst Eileen nicht haben. Auf gar keinen Fall. Sie wird einen anderen heiraten, den ihr Vater für sie auswählen wird, und du wirst dann unglücklich sein. Ihr beide werdet es sein. Ist es das, was du willst? Ja, Lyannen, es ist unvernünftig, so zu reden wie du. Ich weiß, dass dich nicht Trotz antreibt. Ich weiß, dass du sie aufrichtig liebst. Aber du musst trotzdem verzichten. Manchmal muss man das tun.«
»Es scheint, als müsste ich das ständig«, sagte Lyannen leise. Der Schwamm trieb mitten im Schaum vor ihm auf der Wasseroberfläche. Er pustete ihn spielerisch fort und holte ihn dann wieder heran. »Auf den Krieg verzichten, auf den Stolz verzichten, auf die Würde verzichten. Vielleicht bezahle ich für die Anmaßung, als Halbsterblicher geboren worden zu sein, zu einer Zeit, wo es schon fast als Verbrechen gilt, das Blut der eigenen Kinder auf solche Weise zu beflecken. Aber ich werde nicht auf Eileen verzichten. Sie ist die Einzige, die mich versteht. Es interessiert sie nicht, ob ich ein Halbsterblicher bin. Sie liebt mich so, wie ich bin. Wenn sich alle an ihr ein Beispiel nehmen würde, wäre das hier eine bessere Welt.«
Vandriyan stand auf und einen Moment lang erhob er sich wie ein Turm hinter seinem Sohn. »Fünfzehn Jahre lang kämpfe ich nun in einem absurden Krieg, weit weg von Zuhause, und an jedem
Tag, der vergeht, sehe ich Männer, die grundlos sterben. Die Goblins, die uns angegriffen haben, haben kein Ziel. Sie wollen kein Land, sie wollen keine Stadt erobern. Sie wollen nicht einmal sich selbst beweisen, wie stark sie sind. Sie tun das alles nur aus blankem Hass. So ist das nun mal in der Welt, Lyannen. Du kannst nicht annehmen, dass du alle krummen Dinge geradebiegen kannst, nicht, solange Kriege aus blankem Hass geführt werden und Männer für nichts sterben. Die Welt, die du dir wünschst, gehört der Vergangenheit an. Ich habe sie gesehen und erlebt. Und ich kann dir versichern, dass sie nicht so schnell wiederkehren wird. Und du kannst nicht hoffen, dass du die Welt verändern kannst. Manchmal musst du zulassen, dass die Welt dich verändert.«
Vandriyan ging mit langen, entschlossenen Schritten zur Tür. Die Hand schon auf dem Türgriff, drehte er sich noch
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