Gefährten des Zwielichts
die Lohe, die sie von allen Seiten umgab. Dann streckte sie entschlossen die Arme aus und umfasste selbst den Zauberstab. Die Nachtalbe konzentrierte sich. Sie verbannte das Feuer aus ihren Gedanken und ließ all ihre Kraft in die Hände fließen. Dort gab sie dem Stab von ihrer Essenz. Leben floss zurück in das ausgezehrte Holz und heilte es. Ausgedörrte Flocken fügten sich wieder in die natürliche Form, Weiß wurde zu hellem Braun, die aufgeplatzten Wunden im Holz vernarbten.
Und dann verstummte das Zischen um sie her. Ein Hitzewabern flimmerte über dem Boden, Stein kochte in roten blubbernden Tümpeln, und Daugrula und Gulbert standen auf der letzten kühlen Insel inmitten eines glühenden Infernos. Doch das Drachenfeuer war verebbt. Sie hatten es überstanden.
Daugrula spürte die Wärme durch ihre Stiefel.
Grautaz bäumte sich auf, die rote Unterseite seines Halses dräute wie Gestalt gewordene Wut über den Gegnern, die dem Feuer getrotzt hatten. Gulbert sackte in sich zusammen, er wirkte erschöpft.
»IHR!«, brüllte der Drache. Sein Leib spannte sich. Daugrula umklammerte den Stab fester.
Mit einem Satz sprang Grautaz auf sie zu und wollte sie unter seinem massigen Leib zermalmen. Die roten Schuppen am Bauch glänzten im Widerschein der glühenden Steine, und der Unkwitt kam über sie wie eine brechende Woge aus Magma.
Gulbert sprang zur Seite, aber Daugrula stieß das untere Stück des Stabes zwischen die Beine des Zauberers und brachte ihn zum Straucheln. Der alte Mann schaute fassungslos zu ihr auf. Daugrula lachte im Herzen über seine heuchlerische Empörung. Sie hatte gesehen, wie er den Elfenkönig verraten hatte, seinen eigenen Verbündeten. Das war kein Zufall gewesen! Hatte Gulbert wirklich geglaubt, sie würde zu ihm stehen, treu bis in den Tod?
Daugrula fasste nach, drehte den Stab und riss ihn Gulbert endgültig aus der Hand. Dann warf sie sich dem Drachen entgegen, rollte sich zur Seite und brachte sich vor dem zuckenden Schwanz des Untiers in Sicherheit.
Der Drache krachte auf den Boden, wo Nachtalbe und Zauberer eben noch gestanden hatten. Die Erschütterung ließ die Höhle erbeben. Tropfsteine prasselten von der Decke, wo sie unsichtbar im Dunkel gelauert hatten.
Daugrula wich aus, aber Grautaz ließ die Geschosse gleichgültig an seinem Rückenschild abprallen und wandte sich wieder um. Glühender Geifer troff ihm aus dem Maul. Die ganze Höhle war von beißendem Qualm erfüllt. Der giftige Dunst kroch über den Boden, schwebte über dem aufgerissenen Hort und ballte sich zu bizarren, wie lebendig wirkenden Formen. An den Rändern glühte er, und verborgen darunter brannte immer noch das Gold.
Daugrula suchte in dem Aufruhr nach dem Ausgang. Mit dem Stab wischte sie vor sich über den Boden und prüfte den Weg. Doch der Drache fand sie, und sie hörte seine dröhnenden Schritte, als er hinter ihr herkam.
»DU!«, donnerte er.
Daugrula fuhr herum. Sie streckte die Hand nach dem Drachen aus, versuchte, seinen lebenden Kern zu erfühlen und einen Zauber zu wirken. Doch ihren tastenden Sinnen war, als würden sie in einen Fels greifen. Grautaz spürte die Berührung und hielt inne. Er sah sie an, Daugrula schaute zu ihm auf, und ihre Blicke trafen sich.
»BRENNE!«, brüllte der Drache.
Daugrula beugte sich vor und umklammerte den Zauberstab. Er war aus lebendem Holz, und so sollte sie mühelos den letzten Zauber erwecken können, den Gulbert damit gewirkt hatte - den Schutz vor dem Drachenfeuer. Sie tastete danach, doch fand sie darin nur Gulberts Stimme.
»Närrin«, flüsterte der Zauberer in ihrem Kopf. »Die Macht ist in mir, nicht in meinem Stab!«
Und das Feuer hüllte Daugrula ein.
Darnamur huschte durch das Gewölbe, mal in natürlicher Gestalt, mal nur so groß wie ein Insekt. Er behielt den Wichtel Gredin im Auge, so wie Wito sich um Chaspard kümmern wollte.
Die Wichtel verstanden ihr Handwerk. Gredin ging in Deckung, wo Darnamur überhaupt keine gefunden hätte: schattige Winkel, flache Mulden im Boden, kleinste Rüstungsteile und Schilde - all das reichte Gredin, um unterzutauchen. Hätte der Wichtel sich vor ihm verstecken wollen und nicht vor dem Drachen, hätte Darnamur ihn gewiss aus den Augen verloren.
Am anderen Ende der riesigen Höhle plauderte Gulbert mit dem Untier und lockte es Schritt um Schritt vom Hort weg. Darnamur und Gredin schlugen einen großen Bogen um den Schatz und näherten sich von der anderen Seite. Da sahen sie, wie Perbias
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