Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
Vom Netzwerk:
viel größere Stube dahinter und schob den Riegel zurück. Ventor stand vor der Tür, der dicke Viehhändler. Er betrachtete Baskon abschätzig.
    »Hab ich's mir doch gedacht, dass du dich verdrückst«, sagte er. »Aber glaub nicht, dass du so davonkommst.«
    »Was?«, fragte Baskon. Vage erinnerte er sich an den letzten Abend. Er hatte viel getrunken, und Ventor war auch dabei gewesen.
    »Deine Spielschulden«, stellte Ventor fest. »Du hast einiges beim Würfeln verloren und wolltest nur kurz nach Hause, um Geld zu holen. Natürlich bist du verschwunden.«
    »Würfeln ...«, sagte Baskon. Ja. Irgendwann hatten sie den Becher ausgepackt. Baskon wusste nicht mehr, wie er anschließend heimgekommen war, aber er erinnerte sich genau, dass er nur um kleine Beträge gespielt hatte. Wie auch anders - er hatte keinen grünen Kiesel im Säckel und musste beim Wirt schon seine Getränke auf die nächste Ernte anschreiben lassen. Er konnte gar nicht viel einsetzen!
    »Ich weiß nichts von Spielschulden«, meinte er.
    Ventor packte ihn am Kragen, und der grobe Kittel, den Baskon zur Nacht nicht abgelegt hatte, riss ein. »So willst du dich also rausreden«, knurrte der Viehhändler. »Aber es gibt genug Zeugen dafür, und wenn du deine Schulden nicht bezahlen kannst, dann kostet dich das Land.«
    Ventor war ein massiger Mensch, aber Baskon war größer und hatte einige Jahre als Kriegsknecht im königlichen Heer gedient. Er packte Ventor an der Hand und am Ellbogen und verdrehte ihm den Arm.
    Ventor schrie gellend auf und krümmte sich. Bei dem Lärm und der raschen Bewegung zuckte ein stechender Schmerz durch Baskons Kopf. Galle lief ihm in den Mund, und er fühlte sich schwach und schwindelig. Der Schnaps des vergangenen Abends zeigte seine Wirkung, und dann traf Ventors Faust Baskon im Gesicht, und er ging zu Boden. Er schmeckte Blut auf der Lippe.
    Er presste beide Hände an den Kopf, damit die pochenden Schmerzen ihn nicht auseinander rissen, und stöhnte. Gedämpft hörte er Ventors Stimme: »Du besoffenes Schwein. Ich hol mir mein Geld ein anderes Mal. Aber glaub nicht, dass du davonkommst. Es gibt Zeugen für deine Schulden!«
    Baskon sah und hörte nichts, aber irgendwie spürte er doch, dass der fette Ventor sich entfernte. Er blieb eine Weile stöhnend an der Wand sitzen. Zwischendurch würgte er, aber es kam kaum etwas heraus.
    Schließlich stand er auf und drehte auf wackligen Beinen eine Runde über den Hof, um wieder zu Kräften zu kommen. Der Ochse muhte im Stall, aber zum Glück war die letzte Kuh schon vor einigen Wochen gestorben. So gab es nichts, worum er sich gleich kümmern musste.
    Zum Glück. Pah! Dieser Hof hätte blühen müssen, und Knechte und Mägde sollten hier wohnen und arbeiten. Doch nein ...
    Baskon blickte über seinen Besitz. Der große Stall stand leer und war halb eingestürzt, ein alter Schuppen beherbergte die Tiere, die noch übrig waren. Das große Hofgebäude faulte vor sich hin, bis auf den einen Flügel, den er mühevoll instand hielt. Die Nebengebäude waren kaum noch zu unterscheiden von dem Gerümpel, das darin lagerte.
    Er schaute über seine kargen Felder, auf denen sich das Unkraut zwischen den Steinen und der guten Saat immer weiter ausbreitete. Die Ostweide glich einem struppigen Dornenhag. Diesen Hof in Ordnung zu halten war mehr, als ein Mann allein bewältigen konnte.
    Baskon überkam die Verzweiflung. Er hob den Blick und schaute über Felder und Wiesen und Nachbarhöfe hinweg, über den Wald in der Ferne und auf die Berge, die sich dahinter erhoben. Er hatte Gerüchte gehört, dass Leuchmadan in den Grauen Landen sich regte, und viele Bauern im Dorf hatten Angst, dass seine Horden über die Berge kommen und die Siedlungen an der Grenze plündern mochten. Aber seine Lage konnte dadurch kaum noch schlimmer werden.
    Erst hatte sein betrunkener Vater den Hof heruntergewirtschaftet. Und dann war der Alte gestorben - gerade als Baskon sich zum Dienst für den König an der Grenze verpflichtet hatte. Als er zurückkehrte, war von seinem Erbe kaum noch etwas da gewesen, außer den Schulden seiner Eltern. An der Gleichgültigkeit und Verachtung der Dorfbewohner hatte sich nichts geändert, und, wie Baskon gerade festgestellt hatte, wenn sein Vater ihn nicht mehr schlagen konnte, fand sich bereitwillig ein anderer.
    Nichts änderte sich. Gar nichts.
    Baskon spuckte aus, aber er bekam die Bitterkeit nicht aus dem Mund. Er vollendete seine Runde, stieg über die verwilderten

Weitere Kostenlose Bücher