Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gefährten des Zwielichts

Titel: Gefährten des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
Vom Netzwerk:
aus, bis sie im Geist Wurzeln schlugen und heranwuchsen, bis man tat, was die Nachtalbe wollte - ohne dass man sich wehren konnte, wie man sich gewehrt hätte, wenn Daugrula dasselbe als Befehl formuliert hätte.
    Wito gefiel das nicht. Er wurde benutzt, manipuliert, über den Tod seiner Anführerin hinaus. Und Daugrula hatte den Boden für ihre Samenkörner gewiss gut gewählt, so dass er genau das tun würde, was sie vorausgesehen hatte.
    Doch Daugrula war tot. Was für eine Rolle spielte es noch, was sie gewollt hatte? Wito beschloss, genau das zu tun, was er nach bestem Wissen für richtig hielt - ob Daugrula ihn nun darauf gebracht hatte oder nicht.
    Er blickte sich um. Chaspard beobachtete ihn aufmerksam.
    Wito tastete die Steinblöcke ab, die den Gang versperrten. Manchmal konnte er seine Finger durch Ritzen hindurchstecken. Er legte das Gesicht dicht an die Steine und versuchte, in den Spalten etwas zu erkennen.
    Die Decke war geborsten, und die Trümmer versperrten ihm den Weg, aber dazwischen erstreckte sich ein ganzer Irrgarten winziger Gänge und Stollen. Es war eine Binge in Insektengröße - nicht unähnlich den Gängen, durch die sie geirrt waren, bevor sie den Hort des Drachen gefunden hatten. Er wandte sich zu Chaspard: »Ich glaube, ich kann mich dort hindurchzwängen.«
    Der Wichtel starrte ihn an. »Und ich?«, fragte er schließlich.
    Wito trat zu der toten Nachtalbe. Er hob Balgir hoch, öffnete die Klappe und zog Daugrulas Gepäck aus dem Taschentier: zwei weitere Kleider, die sauber und neu aussahen, ein feines Seil von verblüffender Länge, Beutel mit Kräutern und eigenartigen Pulvern, einen Wasserschlauch, verpackte Vorräte. Endlich fand er, was er suchte: die Pergamentbögen und das Schreibzeug, auf dem sie gestern ihren Vorstoß geplant hatten.
    »Du hast doch gesagt, der Zauberer würde dich nicht im Stich lassen«, sagte er zu Chaspard. »Du wirst Gelegenheit bekommen, diese Freundschaft auf die Probe zu stellen ...«
 
    Darnamur spürte den Luftzug der niederfahrenden Pranke, und er rollte sich ein Stück weg und sprang wieder auf die Füße. Sofort machte er sich klein und lief weiter. Der Drache drehte sich schwerfällig herum und suchte nach seinem Gegner.
    Ringsum schlugen die Drachenklauen auf, der Schwanz schleifte über den Boden, und der schuppige Bauch hing über Darnamur wie ein blutendes Firmament. In der Ferne sah er den Hals des Unkwitt witternd hin und her schwenken.
    Darnamur lief im Zickzack, und fast war es, als drehten die beiden sich in einem bizarren Tanz um eine gemeinsame Achse. Dann traf ein Vorderfuß des Drachen dicht neben ihm auf, mehr zufällig, denn Grautaz selbst schaute in eine andere Richtung. Darnamur machte sich groß, legte beide Arme auf die Pranke und schrumpfte wieder zusammen.
    In seinem Kopf pochte es, und er fühlte sich schwindlig. Nie zuvor hatte er so oft und so schnell hintereinander die Größe gewechselt. Während sein Körper wieder zusammenschnurrte, hielt er sich mit den Händen oben auf dem Drachenfuß fest und ließ sich hochziehen. Klein wie ein Käfer saß er dann auf der Pranke, umgeben von Schuppen, hart wie Glas, auf denen er zappelnd nach Halt suchte.
    Grautaz fuhr herum. Sein Bein schoss in die Höhe. Der Kopf des Unkwitt kam heran und spähte zu der Stelle, wo das Bein eben noch gestanden hatte. Grautaz musste etwas gespürt haben, aber er hatte nicht gemerkt, wie der Gnom an ihm hochgeklettert war. Darnamur triumphierte.
    Da setzte der Drache die Pranke wieder auf, und Darnamur wurde durchgeschüttelt. Hilflos rutschte der Gnom ab. Dicht über der elfenbeinglänzenden Kralle, die glatt und steil bis zum Boden abfiel, fand er eine Vertiefung, in die er seine Finger graben konnte.
    Er atmete auf und blickte nach oben. Jetzt sah er weitere Risse im scheinbar so glatten, unzerstörbaren Schuppenpanzer. Der Kampf hatte Spuren hinterlassen. Der Leib des Drachen war von winzigen Schrunden und Kerben übersät, vom Kampf mit dem Wardu, aber wohl auch von der Wucht, mit der Grautaz sich gegen die Felswände geworfen hatte.
    Darnamur löste das Seil um seinen Leib und nutzte es als Steighilfe, indem er kleine Holzstückchen, die darin eingeknotet waren, zwischen den Schuppen verkeilte. Während der Unkwitt den Boden nach seinem Gegner absuchte, kletterte der Gnom weiter und weiter an ihm hinauf. Die Bewegungen des Drachen schleuderten ihn hin und her, oft rutschte er ab, aber Darnamur gab nicht auf. In einem endlos langen Aufstieg

Weitere Kostenlose Bücher