Gefährten des Zwielichts
konnte.
Wito wusste, wie solche Wunden rochen. Diesmal aber mischte sich etwas anderes unter die Ausdünstungen. Wito brauchte einen Augenblick, bis er es einordnen konnte. Es war derselbe beißende Aschegeruch, der auch die verbrannte Lichtung im Wald erfüllt hatte, als er sich mit Darnamur an die Feinde angeschlichen hatte. Und es war derselbe Geruch, der in den Grauen Landen allgegenwärtig war.
Das Drachenfeuer verzehrte das Leben - und das war auch in seiner Heimat geschehen. Wenn das Drachenfeuer ein Fluch war, so standen die Grauen Lande unter demselben Fluch, seit Leuchmadans Kästchen ihre Lebenskraft genommen hatte.
Ich kämpfe für mein Volk und für alle Völker der Grauen Lande, hatte Wito gesagt. Und das stimmte. Das Drachenfeuer zeigte ihm, wie das Kästchen bisher missbraucht worden war, und er wollte es nicht einfach zurückbringen. Er wollte sein Land damit heilen.
»Du weißt, was du wissen musst«, flüsterte Daugrula ihm ins Ohr.
»Ich weiß überhaupt nichts«, murmelte Wito.
»Wir haben über viele Dinge gesprochen auf dieser Reise«, flüsterte Daugrula. Gedankenverloren kraulte sie Balgir, obwohl nichts weiter als eine Ledertasche neben ihr lag. »Nimm alles zusammen, was du erfahren hast. Und tu das Richtige. Aber hüte dich vor Gulbert. Glaube weder seinen Worten noch seinen Taten, denn mit allem, was er unternimmt, bereitet er stets seine nächste Hinterlist vor. Der alte Zauberer ist das Einzige, auf das ich nicht vorbereitet war und worauf ich niemanden vorbereiten konnte.«
»Soll das heißen, Ihr habt das von Anfang an geplant?«, fragte Wito. »Dass wir weitermachen, selbst wenn Ihr Euch opfern müsst?«
Daugrula schnaubte schwach. Es war fast wie ein Lachen. »Nein«, sagte sie. »Geplant hatte ich etwas anderes. Schon lange geplant ... Alles habe ich gegeben, um Geliunas Vertrauen zu erlangen. Und endlich zahlte es sich aus. Sie hat mich auf diese Mission geschickt. Hätte ich Leuchmadans Kästchen in die Hände bekommen, so wäre eine neue Herrin in die Grauen Lande zurückgekehrt. Eine neue Ordnung. Meine Ordnung.«
Wieder erschütterte ein Dröhnen den Berg. Wito zuckte zusammen. Kämpfte der Drache noch immer? Nein. Es war zwischendurch still gewesen, und erst jetzt setzte das Hämmern und Dröhnen wieder ein. War etwa das ganze Höhlenlabyrinth ins Rutschen geraten?
In dieser Dunkelheit, den Berg drohend über sich und von Feinden umgeben, wollte Wito Daugrula nicht gehen lassen. »Es ist nicht zu spät«, sagte er. »Ihr könnt Euch heilen und Eure Pläne verwirklichen. Mit Leuchmadans Kästchen könnt Ihr doch gewiss ...«
»Du hörst mir nicht zu«, sagte die Nachtalbe tadelnd. »Ich könnte einiges tun, aber das, was ich zutiefst wollte, könnte ich doch nicht erreichen. Also ... soll zumindest das Richtige geschehen. Ihr Gnome werdet dafür sorgen. Und so werde ich meinen Willen bekommen, noch vor Leuchmadan. Nicht mehr für mich, aber für alles, was ich wertschätze.«
»Ihr hofft auf die Gnome? Dann hat das Drachenfeuer diese Hoffnung schon zunichte gemacht«, stellte Wito fest. »Denn wenn Darnamur nicht doch aus der Höhle des Drachen entkommen ist, bin ich der Letzte Eurer Gnome. Und ich sitze hier fest.«
»Ach«, befand Daugrula. »Du findest schon ein Schlupfloch.«
Als Wito antworten wollte, legte sie ihren Finger auf seine Lippen, dann auf die ihren. Sie schloss die Augen, und ihr schwerer Atem verstummte wie abgeschnitten.
»Warum jetzt?«, fragte Wito. Aber Daugrula antwortete nicht mehr.
Nur der Drache dröhnte tief unter dem Berg.
Der massige Leib des Unkwitt teilte den Dunst, die rote Brust funkelte. Nach all dem Getöse vorher hätte Darnamur nicht gedacht, dass Grautaz sich so leise bewegen konnte.
Wenn der Drache ihn noch nicht bemerkt hatte, konnte jede rasche Bewegung ihn verraten. Darnamur kroch in den Schatten eines zertrümmerten Felsbrockens und machte sich klein. Dann lief er ein Stück im Zickzack über den Höhlenboden und suchte Deckung hinter einer Münze.
Die schattenhaften Umrisse des Drachen ragten über ihm auf wie eine Naturerscheinung. Aus Darnamurs Perspektive verschwammen die Grenzen des Raums, aber etwas so Gewaltiges wie den Unkwitt konnte man nicht aus den Augen verlieren.
Grautaz setzte bedächtig Tatze vor Tatze, so dass Darnamur immer noch keinen Laut vernahm. Zuvor hatte der Boden unter den Schritten des Drachen gebebt, jetzt bewegte er sich geschmeidig wie eine Katze. Er verharrte kurz dort, wo Darnamur
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