Gefährten des Zwielichts
kämpfte er sich bis zu Grautaz' Schulter und von dort aus auf seinen Rücken empor.
Plötzlich hielt der Drache inne. Darnamur hätte fast den Halt verloren.
»Ich weiß, wo du bist«, zischte Grautaz. »Du klammerst dich an wie ein Ungeziefer im Pelz. Aber ich will mich schon lausen ...«
Und der Unkwitt hob eine Pranke und kratzte sich. Funken sprühten auf, wo die scharfen Klauen über die Schuppen fuhren. Geblendet fuhr Darnamur zurück, aber dann sah er, dass der schmale Rückenkamm ihm Schutz bot. Er kletterte an Grautaz' Rücken weiter nach oben.
Wenn die Klauen des Drachen ihm zu nahe kamen, duckte der Gnom sich hinter den Kamm und wechselte auf die andere Seite. Grautaz wusste anscheinend nicht genau, wo sein Gegner war, und seine Bewegungen waren ungezielt. Darnamur presste die Lippen aufeinander.
Dann bemerkte er, dass die Klauen lange Risse in den Schuppenpanzer schnitten. Sie schlugen tiefere Scharten, als jede menschliche Waffe oder auch das Felsgestein des Berges es vermocht hätten. Es waren immer noch keine ernsthaften Wunden, aber es waren Rinnen, in denen der Gnom hervorragend laufen konnte.
Er nutzte sie, und so erreichte er im Nu den Kopf des Untiers. Er hörte Grautaz schnauben. Der Kopf neigte sich zur Seite. Der Drache spürte ihn nun mit all seinen Sinnen. Darnamur hielt den Atem an. Hastig lief er hinter dem Hörnerkranz entlang, bis er eine Lücke fand. Ein wildes Grinsen lag auf seinem Gesicht. Dann kam er beim Ohr des Drachen an und rannte in den Gehörgang. »Grautaz«, rief er laut. »Rate mal wo ich bin!«
Der Kopf des Drachen schnellte empor, und Darnamur hatte das Gefühl, als würde sein Magen nach unten gezogen. Er bog um eine Windung und watete durch weiches Schmalz, kämpfte sich durch dichte feine Haare, die im Ohr des Drachen wucherten wie ein Kornfeld und die sich schüttelten und versuchten, den Gnom wieder nach draußen zu schieben.
»Und rate mal, wo ich hinwill!«, fuhr Darnamur übermütig fort.
Am Trommelfell des Drachen zog er das Knochenmesser. Er rammte es mit aller Kraft durch die zähe Haut. Der Drache fing an zu toben.
Wito stand, klein wie ein Käfer, vor einem Irrgarten und betrachtete die Ritzen, die sich vor ihm auftaten. Zum Glück hatte er als Gnom einen guten Orientierungssinn und verlor nicht die Richtung, so gewunden die Wege auch waren.
Nach einer Weile wurde es sehr eng, und er überlegte, ob er kehrt machen sollte. Aber er hatte das Gefühl, dass die Engstelle nur kurz war und dass es dahinter weiterging. Also legte er sich auf den Rücken, schaute zur Seite und zog sich voran.
Die Decke über ihm war nichts weiter als ein loser Kiesel, nur gehalten von anderen Steinen und zufällig aufeinanderstoßenden Kanten. Er konnte sich jederzeit lösen und Wito zerquetschen. Wito atmete so tief aus, als würde der Fels auf ihm lasten, und zwängte sich weiter.
Und dann hörte das Gewirr von Spalten plötzlich auf, und Wito stand an einem zerklüfteten Abgrund. Tief unter ihm lief ein Hang losen Gerölls langsam in eine große, dunkle Leere aus. Wito kletterte ins Freie. Er hängte sich mit den Fingern an die Kante, die Füße über dem Abgrund.
Dann machte er sich groß.
Wito der Gnom stand in dem nicht eingestürzten Teil des Gangs. Er klopfte sich den Staub von der Kleidung. Doch den Geruch nach Drache und Tod konnte er nicht abschütteln.
Das Ende des geheimen Zugangs zum Hort war nun nicht mehr weit. Es war schwer abzuschätzen, wie lang der eingestürzte Teil des Ganges war. Wito hatte den Weg in seiner kleinen Gestalt zurückgelegt, mit großen Umwegen und Sackgassen. Aber es konnten nicht mehr als zehn Ellen sein.
Jetzt lagen noch etwa hundert Schritt vor ihm, und dann erreichte er wieder die letzte Kammer, in der sie den Vorstoß in die Drachenhöhle geplant hatten. Wie gehofft lagen ihre Rucksäcke noch dort an der Wand. Sie hatten einen Großteil ihres Gepäcks zurückgelassen, und soweit er wusste, hatten nur Gulbert, Sukan und Werzaz die Drachenhöhle wieder verlassen. Diese drei hatten an ihren eigenen Sachen genug zu schleppen, so dass die Taschen der anderen zurückgeblieben waren.
Im Gepäck der Wichtel fand Wito eine weitere Öllampe. Na also, dachte er zufrieden. Diebe eben - auf deren Ausrüstung konnte man sich verlassen. Er zündete das Licht an.
Als er sich mit der Laterne in der Hand aufrichtete, zuckte er zusammen. Der flackernde Schein fiel auf eine Gestalt, die zusammengesunken an der Höhlenwand hockte. Werzaz.
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